OGH 8Ob125/11g (RS0127583)

OGH8Ob125/11g31.1.2023

Rechtssatz

Zur Vermeidung eines Eingriffs in die Privatsphäre anderer Hausbewohner durch einen nicht hinzunehmenden Überwachungsdruck darf bei diesen nicht der Eindruck entstehen, dass sie von einer systematischen, identifizierenden Überwachungsmaßnahme eines Mieters betroffen sind und sich etwa im Überwachungsbereich einer Videokamera befinden. Eine solche Überwachungsmaßnahme darf sich nach Maßgabe des Eindrucks für einen unbeteiligten Betrachter grundsätzlich nur auf den eigenen gemieteten (Wohn‑)Bereich des Mieters beziehen.

Normen

ABGB §1098a
ABGB §1098c
MRG §8

8 Ob 125/11gOGH20.01.2012

Veröff: SZ 2012/10

5 Ob 69/13bOGH17.12.2013

Vgl auch; Beisatz: Dabei geht es maßgeblich nicht darum, ob eine solche Überwachung auch aufgezeichnet wird, weil es bereits eine schwerwiegende Beeinträchtigung der Privatsphäre (Geheimsphäre) darstellt, wenn sich ein Betroffener durch die Art der Anbringung und den äußeren Anschein einem ständigen Überwachungsdruck ausgesetzt fühlt. (T1)

8 Ob 47/14sOGH26.06.2014

Auch; Beisatz: Im Zusammenhang mit Videokameras bzw (nicht als solche erkennbaren) Videokameraattrappen ist entscheidend, dass Hausbewohner durch vermeintliche Überwachungsmaßnahmen nicht gestört oder belästigt werden. In dieser Hinsicht müssen deren Persönlichkeitsrechte beachtet und Beeinträchtigungen der Privatsphäre verhindert werden. Auch der durch eine Videokameraattrappe geschaffene Überwachungsdruck auf einen Hausbewohner ist als Eingriff in die Privatsphäre zu beurteilen. Muss sich ein anderer Hausbewohner immer kontrolliert fühlen, wenn er das Haus betritt oder verlässt oder sich in seinem Garten aufhält, so bewirken Überwachungsmaßnahmen, selbst wenn das Gerät nur eine Attrappe einer Videokamera sein sollte, eine Beeinträchtigung der Privatsphäre. Für Nachbarn bzw andere Mieter darf daher nicht der Eindruck des Überwachtwerdens im Sinn systematischer, identifizierender Überwachungsmaßnahmen entstehen. Den anderen Mietern ist ein berechtigtes Interesse daran zuzubilligen, dass das Betreten oder Verlassen ihrer Wohnung durch sie selbst, ihre Mitbewohner oder Gäste nicht überwacht bzw aufgezeichnet wird. Können diese Personen etwa durch den Standort oder die Ausrichtung einer Videokamera oder einer (nicht als solche erkennbaren) Videokameraattrappe die berechtigte Befürchtung haben, dass sie sich im Überwachungsbereich befinden und von den Aufnahmen bzw Aufzeichnungen erfasst sind, so ist ein Eingriff in die Privatsphäre grundsätzlich zu bejahen. In diesem Fall hat eine Interessenabwägung stattzufinden. (T2)

10 Ob 57/14aOGH21.10.2014

Auch; Beis wie T1; Beis wie T2

6 Ob 231/16pOGH29.03.2017

Vgl; Beisatz wie T2 nur: Können diese Personen etwa durch den Standort oder die Ausrichtung einer Videokamera oder einer (nicht als solche erkennbaren) Videokameraattrappe die berechtigte Befürchtung haben, dass sie sich im Überwachungsbereich befinden und von den Aufnahmen bzw Aufzeichnungen erfasst sind, so ist ein Eingriff in die Privatsphäre grundsätzlich zu bejahen. (T3)<br/>Beisatz: Grundvoraussetzung eines Unterlassungsanspruchs ist, dass sich für einen „unbefangenen, objektiven Betrachter“ aufgrund der Kamera-(attrappe) überhaupt der Eindruck einer Überwachung ergeben kann, dass also die Kamera-(attrappe) überhaupt dessen geschützten Bereich „sieht bzw sehen könnte“ (hier: Behauptung des Beklagten, aufgrund des zwischen seiner Kamera und den klägerischen Grundstücken liegenden Waldes bestehe gar keine „Sichtverbindung“). (T4)

3 Ob 195/17yOGH21.03.2018

Auch; Beis wie T1

6 Ob 16/18yOGH24.05.2018

Vgl; Beisatz: Die Überwachung oder die Schaffung des Eindrucks der Überwachung des eigenen (mit Nutzungsrechten anderer nicht belasteten) Grundstücks wird grundsätzlich als zulässig angesehen. (T5)

5 Ob 95/20mOGH22.10.2020

Vgl; Beis wie T1; Beis wie T5

5 Ob 196/22tOGH31.01.2023

Beis wie T1

Dokumentnummer

JJR_20120120_OGH0002_0080OB00125_11G0000_001