OGH 14Os123/08g (RS0124396)

OGH14Os123/08g18.10.2023

Rechtssatz

Der Rücktritt der Staatsanwaltschaft von der Anklage vor der Hauptverhandlung gemäß §§ 227 Abs 1, 447 StPO aF bewirkte in den Fällen, in denen - wie hier - kein Privatbeteiligtenanschluss vorlag, eo ipso die Beendigung des Verfahrens und entfaltete daher schon als solcher Sperrwirkung. Die Einstellungsverfügung des Richters (§ 227 Abs 1, 447 StPO aF) war bloß deklarativer Natur. Jede weitere Verfolgungshandlung in der gleichen Sache ohne vorherige formelle Wiederaufnahme nach § 352 StPO verstößt demzufolge gegen den Anklagegrundsatz (§ 4 StPO) sowie gegen das - verfassungsrechtlich in Art 4 des 7.ZPMRK verankerte - Verbot wiederholter Strafverfolgung des § 17 StPO.

Normen

StPO §4
StPO §17
StPO §227 Abs1
StPO §447

14 Os 123/08gOGH04.11.2008
12 Os 104/14gOGH25.09.2014

Auch; Beisatz: Tritt die Staatsanwaltschaft von der Anklage vor der Hauptverhandlung gemäß § 227 Abs 1 StPO zurück, so bewirkt dies ‑ in den Fällen, in denen bis dahin kein Privatbeteiligtenanschluss vorliegt ‑ eo ipso die Beendigung des Verfahrens und entfaltet daher unabhängig von der bloß deklarativen Einstellung des Verfahrens durch das Gericht schon als solches Sperrwirkung. Dies gilt in Jugendstrafsachen auch im Fall eines Privatbeteiligtenanschlusses, weil gemäß § 44 Abs 2 JGG Privatbeteiligten die Rechte gemäß § 72 StPO nicht zustehen. (T1)

11 Os 132/14tOGH09.12.2014

Auch; Beisatz: Im Sinne des Prinzips „ne bis in idem“ hat eine solcherart rechtswirksame Beendigung eines Strafverfahrens zur Folge, dass eine (neue oder weitere) Verfolgung desselben Beschuldigten ohne vorherige formelle Wiederaufnahme gemäß § 352 StPO wegen derselben Tat nicht mehr zulässig ist. (T2)

11 Os 2/15aOGH11.08.2015

Auch

13 Ns 80/23bOGH18.10.2023

vgl; Beisatz: Hier: Rücktrittserklärung des Privatanklägers vor der Hauptverhandlung. (T3)

Dokumentnummer

JJR_20081104_OGH0002_0140OS00123_08G0000_001