OGH 7Bkd9/99; 16Bkd14/00; 11Bkd2/02; 9Bkd4/02; 14Bkd7/03; 11Bkd12/03; 7Bkd5/03; 8Bkd1/06; 16Bkd2/07; 10Bkd3/07; 11Bkd3/08; 11Bkd2/08; 9Bkd1/09; 2Bkd1/10; 16Bkd2/11; 16Bkd4/11; 15Bkd9/12; 23Ds1/21f; 21Ds5/22f; 21Ds16/22y (RS0113207)

OGH7Bkd9/99; 16Bkd14/00; 11Bkd2/02; 9Bkd4/02; 14Bkd7/03; 11Bkd12/03; 7Bkd5/03; 8Bkd1/06; 16Bkd2/07; 10Bkd3/07; 11Bkd3/08; 11Bkd2/08; 9Bkd1/09; 2Bkd1/10; 16Bkd2/11; 16Bkd4/11; 15Bkd9/12; 23Ds1/21f; 21Ds5/22f; 21Ds16/22y24.4.2023

Rechtssatz

Doppelvertretung - Rechtsanwaltspartnerschaften. Wird eine Kanzleigemeinschaft in Form einer Gesellschaft bürgerlichen Rechts betrieben, so sind unzulässige Doppelvertretungen eines der Partner einem anderen nicht schon allein auf Grund dieses Gesellschaftsverhältnisses, sondern nur dann disziplinarrechtlich vorzuwerfen, wenn entweder die Kanzleiorganisation überhaupt keine Vorkehrungen zu deren Vermeidung vorsieht, oder es von einem der Partner schuldhaft unterlassen wird, sich anlässlich der Übernahme eines Mandats an Hand entsprechender Evidenzen darüber zu informieren, ob nicht das zu übernehmende Mandat mit einem bereits bestehenden Auftrag kollidiert, oder er sonst davon Kenntnis erlangt, ohne die zur Hintanhaltung einer solchen Kollision erforderlichen Veranlassungen zu treffen. Ohne einen solchen Anlass ist ein Rechtsanwalt nicht verpflichtet, der Vertretungstätigkeit seines Kanzleikollegen in Hinsicht auf eine mögliche Doppelvertretung Augenmerk zu schenken.

Normen

DSt 1990 §1 Abs1 B
RAO §1a
RAO §10 Abs1

7 Bkd 9/99OGH21.02.2000
16 Bkd 14/00OGH20.11.2000

Vgl aber; Beisatz: Aus den Wesenmerkmalen einer zur Ausübung der Rechtsanwaltschaft gegründeten Gesellschaft bürgerlichen Rechtes ergibt sich, dass die Standesvorschriften nicht nur auf jedes einzelne Mitglied allein, sondern auch auf die Gesamtheit der Mitglieder der Kanzleigemeinschaft anzuwenden sind, soweit nicht konkrete Gründe dagegen sprechen. Standesrechtlich kommt es nicht darauf an, welcher als Gesellschaftsmitglied tätige Rechtsanwalt einen bestimmten Klienten beraten oder vertreten hat; auch andere Mitglieder der Gemeinschaft sind standesrechtlich gehindert, gegen diesen Klienten einen Dritten zu beraten oder gar zu vertreten, wenn die Rechtssache "eine damit zusammenhängende Sache" im Sinne des § 10 RAO ist. (T1); Beisatz: Hier: Frontwechsel. (T2)

11 Bkd 2/02OGH28.10.2002

Auch; Beisatz: Der Vorwurf einer Doppelvertretung eines der Kanzleipartner kommt dem anderen nicht schon auf Grund des Gesellschaftsverhältnisses zur Last, sondern nur dort, wo auf Grund vorhandener oder erkennbarer Kollisionsgefahr nicht die erforderlichen Veranlassungen getroffen wurden, um eine solche hintanzuhalten. (T3)

9 Bkd 4/02OGH04.11.2002

Auch; Beisatz: Es kommt nicht darauf an, welcher als Gesellschaftsmitglied tätige Rechtsanwalt einen bestimmten Klienten beraten oder vertreten hat. Auch andere Mitglieder der Gemeinschaft sind standesrechtlich gehindert, gegen diesen Klienten einen Dritten zu vertreten und wirkt die Treuepflicht auch noch über die Beendigung des Mandatsverhältnisses hinaus. (T4)

14 Bkd 7/03OGH24.11.2003

Vgl; Beisatz: Bezugspunkt der Doppelvertretung gemäß § 10 RAO (in derselben Rechtssache) ist die Kanzleigemeinschaft, nicht der einzelne Anwalt. (T5)

11 Bkd 12/03OGH26.01.2004

Vgl auch; Beis ähnlich wie T3

7 Bkd 5/03OGH03.05.2004

Vgl aber; Beisatz: Eine unzulässige Doppelvertretung und damit ein Disziplinarvergehen der Berufspflichtenverletzung und der Beeinträchtigung von Ehre und Ansehen des Standes muss bereits dann als gegeben angesehen werden, wenn der Parteienvertreter nach außen hin in abwechselnder Vertretung der an einem Rechtsstreit beteiligten Streitparteien widerstreitender Interessenslage beteiligt gewesen war. (T6)

8 Bkd 1/06OGH25.09.2006

Vgl auch; Beisatz: Die Angehörigen der Rechtsanwaltspartnerschaft haben durch entsprechende Vorkehrungen in der Kanzleiorganisation dafür zu sorgen, dass der Gefahr der Vornahme von Vertretungshandlungen, die sich als unzulässige Doppelvertretung darstellen, vorgebeugt wird. (T7); Beisatz: Bewirkt eine Fusion eine Gesamtrechtsnachfolge, spielt die firmenrechtliche Änderung für den Vorwurf der Doppelvertretung kein Rolle. (T8)

16 Bkd 2/07OGH08.10.2007

Vgl; Beis wie T1; Beis wie T5; Beisatz: Im Allgemeinen kann nur derjenige Anwalt Zurechnungsobjekt der Doppelvertretung sein, der die zeitlich spätere Vertretungshandlung gesetzt hat. Dies gilt aber nicht für einen anderen Kanzleipartner, der von der Doppelvertretung Kenntnis erhält und es unterlässt, die zur Vermeidung einer solchen Kollision erforderlichen Veranlassungen zu treffen. (T9)

10 Bkd 3/07OGH31.03.2008

Vgl auch; Beisatz: Diese am Beispiel von Anwaltsgesellschaften nach bürgerlichem Recht entwickelten Grundsätze müssen gleichwohl auch für eine Rechtsanwalts-GmbH gelten, die ja in dieser Eigenschaft mit dem Mandat betraut wird. (T10)

11 Bkd 3/08OGH09.02.2009

Vgl; Beis wie T5; Beisatz: In einer Anwaltskanzlei sind grundsätzlich Kontrollmechanismen zu schaffen, die nicht nur eine verlässliche Kontrolle einzuhaltender Fristen, sondern auch der sonstigen Berufspflichten ermöglichen. (T11)

11 Bkd 2/08OGH09.02.2009

Vgl; Beis wie T5; Beisatz: In einer Anwaltskanzlei sind grundsätzlich Kontrollmechanismen zu schaffen, die nicht nur eine verlässliche Kontrolle einzuhaltender Fristen, sondern auch der sonstigen Berufspflichten ermöglichen. Bei einem einmal eingeführten und funktionierenden Organisationssystem sind zudem laufende Kontrollen zur Haftungsvermeidung notwendig. Grundsätzlich aber ist zumindest im Lichte des Zivilrechts den Haftungsverpflichtungen Genüge getan, wenn eine funktionierende Organisationsstruktur mit einschlägigen Kontrollmechanismen die Enthaltung der anwaltlichen Berufspflichten gewährleistet. (T12)

9 Bkd 1/09OGH10.05.2010

Vgl

2 Bkd 1/10OGH28.06.2010

Vgl auch; Beis wie T4

16 Bkd 2/11OGH06.02.2012

Auch; Beisatz: Die nach der bisherigen Standesjudikatur geforderte „Unverzüglichkeit“ der Beendigung des Mandatsverhältnisses im Kollisionsfall ist nicht fristenmäßig festgelegt; sie kann auch nicht verallgemeinernd bestimmt werden. (T13)

16 Bkd 4/11OGH21.05.2012

Vgl auch; Beis wie T4

15 Bkd 9/12OGH23.04.2013

Auch; Beis wie T10

23 Ds 1/21fOGH11.05.2022

Vgl; Beis nur wie T5

21 Ds 5/22fOGH14.03.2023

vgl; Beisatz wie T5

21 Ds 16/22yOGH24.04.2023

vgl; Beisatz wie T10

Dokumentnummer

JJR_20000221_OGH0002_007BKD00009_9900000_002