OGH 15Os85/07z (RS0122921)

OGH15Os85/07z18.11.2022

Rechtssatz

Der im Zivilverfahren Beklagte wie auch der im Strafverfahren Angeklagte handelt zwar - sofern er nicht bewusst wahrheitswidrig vorgeht - grundsätzlich, aber nicht unter allen Umständen in Ausübung eines Rechts iSd § 114 StGB, wenn er zur Abwehr gegen ihn erhobener zivilrechtlicher Forderungen oder strafrechtlich relevanter Vorwürfe im entsprechenden Verfahren schriftlich oder mündlich zur Sache Stellung bezieht. Darunter fällt bei grundrechtsbewusstem Verständnis jedes Vorbringen, das - ohne Anlegen eines strengen Maßstabes - aus der Sicht eines verständigen Beobachters in der Rolle der Prozesspartei der Aufklärung der Sache (vgl § 232 Abs 2 StPO) dienlich und zur Durchsetzung des eigenen Rechtsstandpunktes zweckmäßig sein kann, sofern es nicht bewusst wahrheitswidrig erstattet wird.

Freiheit der Meinungsäußerung; Grundsätze des „fair trial“

 

Normen

StGB §114 Abs1
MRK Art6 I
MRK Art10 II1

15 Os 85/07zOGH06.09.2007
25 Os 7/15iOGH05.09.2016

Vgl auch; Beisatz: Hier: Kläger im Zivilverfahren, Offenbarung einer Disziplinarangelegenheit. (T1)

15 Os 28/18hOGH14.03.2018

Auch

25 Ds 1/21wOGH18.10.2021

Vgl; Beisatz: Hier: Beklagter im Zivilverfahren; den Tatsachen entsprechendes Vorbringen, dass gegen einen Zeugen (einen Rechtsanwalt) ein Ermittlungsverfahren wegen des Verdacht des Betrugs nach § 146 StGB anhängig ist, um dessen Glaubwürdigkeit zu erschüttern. (T2)

6 Ob 9/22zOGH02.02.2022

Beisatz: In diesem Rahmen ist es auch legitim, über ein Bestreiten der gegen den Äußernden im Zivil‑ oder Strafverfahren erhobenen Vorwürfe hinausgehende ehrenrührige Anschuldigungen gegen den Prozessgegner oder einen Zeugen zu erheben, die dessen Glaubwürdigkeit erschüttern sollen. (T3)

6 Ob 227/21gOGH18.11.2022

Beis wie T3

Dokumentnummer

JJR_20070906_OGH0002_0150OS00085_07Z0000_001

Lizenziert vom RIS (ris.bka.gv.at - CC BY 4.0 DEED)

Stichworte