OGH 8ObA288/01p; 9ObA109/06d; 10Ob21/19i; 9ObA120/19s; 8Ob121/21h (RS0116695)

OGH8ObA288/01p; 9ObA109/06d; 10Ob21/19i; 9ObA120/19s; 8Ob121/21h29.11.2021

Rechtssatz

Der Konflikt zwischen widerstreitenden Persönlichkeitsrechten stellt sich aus der Warte der Grundrechte betrachtet regelmäßig auch als Grundrechtskonflikt mit Drittwirkungseffekten dar. In solchen Fällen geht die Rechtsprechung von einer grundrechtlich verankerten Pflicht zur umfassenden Interessenabwägung aus. Steht das in Art 5 StGG normierte Grundrecht der Unverletzlichkeit des Eigentums des Arbeitgebers den Persönlichkeitsrechten des Arbeitnehmers auf Achtung seines Privatbereichs und seiner Geheimsphäre gegenüber, so ist in die vorzunehmende Interessenabwägung der bestehende Arbeitsvertrag einzubeziehen, der einerseits Fürsorgepflichten des Arbeitgebers, andererseits aber auch Treuepflichten des Arbeitnehmers nach sich zieht. Kontrolle an sich verstößt gegen kein Persönlichkeitsgut des Arbeitnehmers. Es gehört vielmehr zum Wesen des Arbeitsverhältnisses, dass sich der Arbeitnehmer der Kontrolle durch den Arbeitgeber unterwirft. Während die Treuepflicht des Dienstnehmers diesen zum Einbekennen von Privatgesprächen verhält, verpflichtet die Grundrechtsbindung sowie die Fürsorgepflicht den Dienstgeber, Eingriffe in Persönlichkeitsrechte auf die schonendste noch zielführende Art vorzunehmen. Die Persönlichkeitsrechte wirken, wenngleich durch den Arbeitsvertrag abgeschwächt und modifiziert, auch im dienstlichen Bereich fort und schützen dort den Arbeitnehmer insbesondere vor Erniedrigung, Ungleichbehandlung und Willkür. Durch zu große, über das für die Erreichung des Kontrollzwecks erforderliche Ausmaß hinausgehende Kontrolldichte bei der Arbeit kann jedenfalls die Menschenwürde im Sinne des § 96 Abs 1 Z 3 ArbVG berührt werden.

Normen

ABGB §16
ABGB §879 Abs1 BI
ABGB §879 Abs1 BIIo
ArbVG §96 Abs1 Z3
DSG §1
MRK Art8 IV3a
StGG Art5
StGG Art10a
1.ZPMRK Art1 I1

8 ObA 288/01pOGH13.06.2002

Veröff: SZ 2002/83

9 ObA 109/06dOGH20.12.2006

Vgl auch; nur: Jeder Mensch hat auch während der Zeit, in der er zur Arbeitsleistung in einem Arbeitsverhältnis verpflichtet ist, ua das Recht auf Unversehrtheit der Intimsphäre, auf Freiheit von unbefugter Abbildung und auf Achtung seines Wertes als menschliches Wesen. Kontrolle an sich verstößt noch nicht gegen die Persönlichkeitsrechte des Arbeitnehmers. Es gehört vielmehr zum Wesen des Arbeitsverhältnisses, dass sich der Arbeitnehmer der Kontrolle des Arbeitgebers unterwirft. (T1); Veröff: SZ 2006/191

10 Ob 21/19iOGH15.10.2019

Vgl; nur: Der Konflikt zwischen widerstreitenden Persönlichkeitsrechten stellt sich aus der Warte der Grundrechte betrachtet regelmäßig auch als Grundrechtskonflikt mit Drittwirkungseffekten dar. In solchen Fällen geht die Rechtsprechung von einer grundrechtlich verankerten Pflicht zur umfassenden Interessenabwägung aus. (T2)

9 ObA 120/19sOGH22.01.2020

Anm: Veröff: SZ 2020/6

8 Ob 121/21hOGH29.11.2021

Vgl

Dokumentnummer

JJR_20020613_OGH0002_008OBA00288_01P0000_003