OGH Ds4/02 (RS0117052)

OGHDs4/024.7.2019

Rechtssatz

Um Verfahrensverzögerungen das Gewicht eines Dienstvergehens zu verleihen, ist Vorsatz oder auffallende Sorglosigkeit erforderlich. Akte der Rechtssprechung begründen nur dann eine Amtspflichtverletzung iSd § 101 Abs 1 Satz 1 RDG, wenn sie eine bewusste oder wiederholt grob fahrlässige Missachtung des Gesetzes erkennen lassen. Wenn im Rahmen der Disziplinaruntersuchung objektiv massive Verfahrensverstöße hervorgekommen sind, kann die allenfalls nicht ausreichende Beweisbarkeit in subjektiver Richtung nicht zur sofortigen Einstellung führen. Eine volle, alle Zweifelsfragen lösende Beweiswürdigung steht dem Disziplinargericht nämlich nur nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung zu. Schon gar nicht geht es an, den Verdacht einer nach Art und Schwere als Dienstvergehen zu beurteilenden Amtspflichtverletzung durch eine vorgreifende Würdigung von Strafzumessungsgründen ausräumen zu wollen, die die subjektive Vorwerfbarkeit der inkriminierten Pflichtverletzung betreffen. Die Einstellung eines Disziplinarverfahrens wegen zu geringen Verschuldens ist demnach nur möglich, wenn sich überhaupt keine plausiblen Anhaltspunkte für das in der Sache erforderliche Verschulden ergeben haben.

Normen

RDG §57 Abs1
RDG §101 Abs1
RDG §101 Abs2
RDG §123
RDG §130

Ds 4/02OGH12.11.2002
Ds 8/03OGH05.02.2004

nur: Um Verfahrensverzögerungen das Gewicht eines Dienstvergehens zu verleihen, ist Vorsatz oder auffallende Sorglosigkeit erforderlich. Akte der Rechtssprechung begründen nur dann eine Amtspflichtverletzung iSd § 101 Abs 1 Satz 1 RDG, wenn sie eine bewusste oder wiederholt grob fahrlässige Missachtung des Gesetzes erkennen lassen. (T1)

Ds 11/03OGH05.02.2004

nur: Um Verfahrensverzögerungen das Gewicht eines Dienstvergehens zu verleihen, ist Vorsatz oder auffallende Sorglosigkeit erforderlich. (T2)

Ds 3/05OGH29.06.2005

nur T2

Ds 5/07OGH22.10.2007

Vgl; nur T2; Beisatz: Wer als Richter vorsätzlich Verfahren verzögert, handelt auch dann seiner aus §57 Abs1 zweiter Satz (letzter Fall) RDG erhellenden Verpflichtung zu (objektiv) raschestmöglicher Erledigung zuwider, wenn er in seiner Leistungsfähigkeit eingeschränkt ist, es aber unterlässt, geeignete Maßnahmen zur Wiederherstellung seiner vollen Leistungsfähigkeit (sei es organisatorischer, sei es medizinisch-therapeutischer Art) zu ergreifen oder bei Unfähigkeit zur Pflichterfüllung als Richter gebotene Schritte zu setzen (vgl §§ 83 Abs 2 zweiter Fall, 91 Abs 1 RDG). (T3)<br/>Beisatz: Selbst der völlige Ausschluss von „Dispositions- und Diskretionsfähigkeit" (vgl § 11 StGB) steht der rechtlichen Annahme einer (hier:) vorsätzlichen Pflichtverletzung nicht im Wege. Denn der Wille (vgl § 5 Abs1 StGB), pflichtwidrig zu handeln, ist von der Verantwortlichkeit für die Willensbildung strikt zu unterscheiden (vgl nur RIS-Justiz RS0115231). Die vom Erstgericht aufgrund einer sogenannten Erschöpfungsdepression in rechtlicher Hinsicht unterstellte Einschränkung der Fähigkeit, dieser - demnach vorhandenen - Einsicht gemäß die ihm übertragenen Verfahren zügig voranzutreiben, hätte auch den anderen Teil des biologischen Schuldelements in Betreff der zur Beurteilung stehenden Pflichtverletzung nicht zu beseitigen vermocht. (T4)

2 Ds 2/19wOGH04.07.2019

nur T2; Beis wie T3

Dokumentnummer

JJR_20021112_OGH0002_0000DS00004_0200000_001