OGH 3Ob75/02d (RS0117512)

OGH3Ob75/02d25.9.2018

Rechtssatz

Mit der mit dem KindRÄG 2001 in § 149 Abs 1 ABGB eingefügten Einschränkung "sofern das Wohl des Kindes nicht anderes erfordert", sollte die Flexibilität der Vermögensverwendung zum Zweck der Befriedigung aktueller Bedürfnisse gesteigert werden. Dabei ist die Schwelle, ab der Kapital angegriffen werden darf, generell nicht allzu hoch anzusetzen; bei besachwalterten Personen (§ 149 Abs 1 ABGB iVm § 282 Abs 1 ABGB) wird sie noch niedriger liegen. Vor allem bei älteren (absehbar irrevisibel besachwalterten) Menschen kann auch ein vorsichtiger Verbrauch des Vermögens zum Zweck der Bedürfnisbefriedigung dem Wohl des Betroffenen besser dienen als eine weitere Vermehrung.

Normen

ABGB §149 Abs1
ABGB idF KindRÄG 2001 §230
ABGB idF KindRÄG 2001 §282 Abs1 A
ABGB idF BGBl. I Nr. 15/2013 §164 Abs1

3 Ob 75/02dOGH26.02.2003
7 Ob 86/04dOGH26.05.2004

Vgl auch; nur: Mit der mit dem KindRÄG 2001 in § 149 Abs 1 ABGB eingefügten Einschränkung "sofern das Wohl des Kindes nicht anderes erfordert", sollte die Flexibilität der Vermögensverwendung zum Zweck der Befriedigung aktueller Bedürfnisse gesteigert werden. Dabei ist die Schwelle, ab der Kapital angegriffen werden darf, generell nicht allzu hoch anzusetzen. (T1); Beisatz: Nach den Vorschriften über die Anlegung von Mündelgeld ist Geld sicher und möglichst fruchtbringend anzulegen, wobei auch nach der Neufassung des § 149 ABGB durch das KindRÄG 2001 die Vermögensmehrung Zweck der Verwaltung ist, sofern das Wohl des Kindes nicht anderes erfordert. (T2)

6 Ob 160/05fOGH25.08.2005

Vgl auch; Beisatz: Das Pflegschaftsgericht ist zu einer sorgfältigen Prüfung des Sachverhalts verpflichtet, wenn abschätzbar ist, dass wegen der steigenden Ansprüche der Sachwalterin auf Entschädigung und Belohnung das Kapital in naher Zukunft aufgebraucht sein wird, sodass sich die Frage nach der weiteren Versorgung der Betroffenen stellt, wenn etwa die Sachwalterin trotz ihrer Verwandtschaft zur Betroffenen die persönliche Betreuung einstellt. (T3)

2 Ob 128/10bOGH11.11.2010

nur T1; Beisatz: Der Vorbehalt des Kindeswohls hinsichtlich der in § 149 Abs 1 zweiter Satz erster Halbsatz ABGB normierten Erhaltungs‑ und Vermehrungspflicht ermöglicht es, besondere, aktuelle und legitime Bedürfnisse des Kindes aus dessen eigenem Vermögen erfüllen zu können. (T4); Beisatz: Auch die Freigabe von Teilen des Wertpapiervermögens eines Minderjährigen zur Deckung von anfallenden Ausbildungskosten kommt in Betracht, wenn die Abwägung zwischen den Interessen des Minderjährigen an der Investition in die schulische Ausbildung und an der Erhaltung des ungeschmälerten Vermögens mit dem Vorteil dessen späteren Verfügbarkeit zu Gunsten der Investition in die Ausbildung ausfällt. (T5); Veröff: SZ 2010/143

3 Ob 99/14aOGH25.06.2014

Auch; Beisatz: Das „Wohl“ eines Pflegebefohlenen ist nicht allein von einem materiellen Gesichtspunkt aus zu beurteilen, sondern muss die Interessen und Wünsche des Pflegebefohlenen, aber auch seine Befindlichkeit und seine konkreten Lebensumstände berücksichtigen. (T6)

2 Ob 136/18sOGH25.09.2018

Vgl auch; Beis wie T5 nur: Die Heranziehung von Teilen des Vermögens eines Minderjährigen zur Deckung von anfallenden Ausbildungskosten kommt in Betracht. (T7); Veröff: SZ 2018/73

Dokumentnummer

JJR_20030226_OGH0002_0030OB00075_02D0000_001