OGH 5Ob17/17m (RS0131472)

OGH5Ob17/17m4.5.2017

Rechtssatz

Das Gefährdungsabklärungsverfahren nach § 22 B‑KJHG bzw § 30 NÖ KJHG dient erst der Abklärung einer möglichen Gefährdung des Kindeswohls und setzt nach dem Gesetzeswortlaut einen konkreten Verdacht der Gefährdung des Kindeswohls nach einer glaubhaften Mitteilung eines Dritten oder einer gemäß § 37 B‑KJHG anzeigepflichtigen Stelle voraus. Eine gewisse Mitwirkungspflicht der Obsorgeberechtigten am Gefährdungsabklärungsverfahren ergibt sich zwar aus § 22 Abs 3 B‑KJHG. Erst eine beharrliche Verweigerung notwendiger Abklärungsschritte durch Obsorgeberechtigte könnte aber zur Grundlage pflegschaftsgerichtlicher Verfügungen nach § 181 Abs 1 ABGB gemacht werden.

Normen

ABGB §181
ABGB §211
AußStrG §107 Abs3
B-JHG §22
B-KJHG §37
WrKJHG 2013 §24

5 Ob 17/17mOGH04.05.2017
1 Ob 179/17fOGH15.12.2017

Beisatz: Weder das Bundes-Kinder- und Jugendhilfegesetz 2013 noch das Wiener Kinder- und Jugendhilfegesetz 2013 enthält ausdrückliche Bestimmungen zur Einschaltung des Gerichts für den Fall, dass die Erziehungsberechtigten an der Einschätzung des Gefährdungsrisikos nicht mitwirken. Damit ergibt sich keine unmittelbare Grundlage für ein Tätigwerden des Pflegschaftsgerichts im Gefährdungsabklärungsverfahren selbst. Dieses ist vielmehr unmissverständlich dem Kinder- und Jugendhilfeträger zugewiesen (vgl § 3 Z 4 und § 10 Abs 1 B‑KJHG). Einer Auslagerung des Gefährdungsabklärungsverfahrens an das Pflegschaftsgericht fehlt es an jeder Rechtsgrundlage (so schon 5 Ob 17/17m). (T1)<br/>Beisatz: Hier: Soll die Durchführung eines Hausbesuchs im Haushalt eines Elternteils nur zur Abklärung einer solchen Gefährdung erforderlich sein, kommt mangels Gefährdung des Kindeswohls und einer dadurch bedingten Notwendigkeit der Änderung eines bestehenden Zustands eine Verfügung nach § 181 Abs 1 ABGB nicht in Betracht. (T2)

Dokumentnummer

JJR_20170504_OGH0002_0050OB00017_17M0000_001

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