OGH 15Os117/04 (RS0119490)

OGH15Os117/0410.9.2014

Rechtssatz

Die (grundrechtlich geforderte) im österreichischen Strafverfahrensrecht durch den Begriff der Verhältnismäßigkeit bestimmte Angemessenheit der Dauer einer Untersuchungshaft entzieht sich einer schematischen Beurteilung. Bei einer grundsätzlich erst in der Zukunft durch die Strafbemessung feststehenden absoluten Strafdauer ist es schon begrifflich ausgeschlossen, bereits davor einen Bruchteil dieser Größe als angemessene Dauer einer Untersuchungshaft zu bestimmen. Werden in die Untersuchungshaft Ziele und Zwecke einer auf dem rechtskräftigen Schuldspruch basierenden Strafhaft projiziert, käme es zu vorhersehbaren Friktionen mit dem Grundsatz der Unschuldsvermutung des Art 6 Abs 2 MRK. Aus dem Anspruch auf Aburteilung innerhalb angemessener Frist oder auf Haftentlassung lässt sich keine nach Wochen, Monaten oder Jahren zu bemessende absolute Begrenzung ableiten. Vielmehr hängt die Beurteilung der Angemessenheit ihrer Dauer jeweils von den besonderen Umständen des Einzelfalls ab.

Normen

MRK Art5 Abs3 IIId4
MRK Art5 Abs3 IV3
MRK Art6 Abs2 III
PersFrSchG Art1 Abs3
StPO §180 Abs1

15 Os 117/04OGH07.10.2004
12 Os 148/07tOGH29.11.2007

Auch; nur: Die (grundrechtlich geforderte) im österreichischen Strafverfahrensrecht durch den Begriff der Verhältnismäßigkeit bestimmte Angemessenheit der Dauer einer Untersuchungshaft entzieht sich einer schematischen Beurteilung. (T1); Beisatz: Die Beurteilung der Angemessenheit ihrer Dauer hängt jeweils von den besonderen Umständen des Einzelfalls ab. Die Schwere der angelasteten Tat, die im vom Erstgericht gefundenen und trotz fehlender Rechtskraft Indizwirkung entfaltenden Strafmaß einen messbaren Ausdruck findet, sowie das Gewicht des angenommenen Haftgrundes sind dabei von essentieller Bedeutung. (T2)

15 Os 112/14fOGH10.09.2014

Auch

Dokumentnummer

JJR_20041007_OGH0002_0150OS00117_0400000_001

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