OGH 2Ob112/12b (RS0128994)

OGH2Ob112/12b17.6.2013

Rechtssatz

Es ist (Anm: nach SchiedsRÄG 2006) daran festzuhalten, dass nachträglich bekannt gewordene Ablehnungsgründe im Aufhebungsverfahren grundsätzlich nicht mehr geltend gemacht werden können, dass aber in krassen Fällen Ausnahmen möglich sind. Die gebotene Abwägung ist in einem auf § 611 Abs 2 Z 4 ZPO gestützten Aufhebungsverfahren durchzuführen. Die Frage, in welchen schwerwiegenden Fällen das Bedürfnis nach Aufhebung des Schiedsspruchs überwiegt, ist nach den Umständen des Einzelfalls zu lösen. Bei einem Ablehnungsgrund, der einem Ausschließungsgrund iSd § 20 JN nahekommt, wird sie regelmäßig zu bejahen sein.  In besonders schwerwiegenden Fällen von Befangenheit kann die Aufhebungsklage auch auf § 611 Abs 2 Z 5 ZPO gestützt werden.

Normen

ZPO §588
ZPO §611 Abs2 Z4
ZPO §611 Abs2 Z5
JN §19
JN §20

2 Ob 112/12bOGH17.06.2013

Beisatz: Hier: Das wirtschaftliche Interesse eines Mitglieds des Aufsichtsrats im Konzernverbund ist zwar geeignet, bei einem vernünftigen Dritten „berechtigte Zweifel“ an der Unparteilichkeit des Schiedsrichters in einem Schiedsverfahren, an dem eine Untergesellschaft als Partei beteiligt ist, zu wecken. Die gebotene Abwägung zwischen den kollidierenden Prinzipien fällt aber zu Gunsten der Bewahrung von Rechtsfrieden und Rechtssicherheit aus; es liegt auch kein Verstoß gegen den verfahrensrechtlichen ordre public vor. (T1)<br/>Veröff: SZ 2013/57

2 Ob 155/13bOGH27.11.2013

Vgl; Beisatz: Hier: Verfahrensteilnahme eines Richters, welcher in der Vergangenheit Ansprüche aus ähnlichen Geschäften gegen eine der Verfahrensparteien erwog und von einer Geltendmachung in der Folge Abstand nahm, wertungsmäßig nicht mit den in § 20 JN taxativ aufgezählten Ausschließungsgründen vergleichbar. (T2)

18 ONc 3/14gOGH13.08.2014

Vgl auch; Beisatz: Zwar ist mit dem SchiedsRÄG 2006 der in § 588 ZPO aF enthaltene Verweis auf §§ 19 und 20 JN entfallen, doch ist damit keine wesentliche Änderung der Rechtslage herbeigeführt worden. Diese Bestimmungen sind weiterhin von Relevanz, allerdings unter Beachtung des für Schiedsverfahren eigenen Prüfungsmaßstabs. (T3)<br/>

18 OCg 5/19pOGH01.10.2019

Gegenteilig; Beisatz: Nachträglich bekannt gewordene Ablehnungsgründe können mit Aufhebungsklage geltend gemacht werden, wenn dies im Schiedsverfahren nicht mehr möglich war. Dazu ist bereits in der Klage ein Vorbringen zu erstatten. (T4)<br/>Veröff: SZ 2019/93

Dokumentnummer

JJR_20130617_OGH0002_0020OB00112_12B0000_001

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