OGH 6Ob187/99i (RS0113653)

OGH6Ob187/99i13.4.2000

Rechtssatz

Sittenwidrig im Sinn des § 879 Abs 1 ABGB ist ein Geschäft, wenn es, ohne gegen ein positives inländisches Gesetz zu verstoßen, offenbar rechtswidrig ist, wobei es auf den Gesamteindruck der Vereinbarung ankommt. Im Sinne eines beweglichen Systems sind alle Umstände zu berücksichtigen und durch deren Gewichtung zu prüfen, ob eine grobe Verletzung rechtlich geschützter Interessen oder bei Interessenkollision ein grobes Missverhältnis zwischen den durch die Handlung verletzten und den durch sie geförderten Interessen vorliegt. Großer wirtschaftlicher Druck oder die Existenzgefährdung einer Partei können einen relevanten Umstand bilden, doch ist damit eine Sittenwidrigkeit noch nicht begründet. Die allfällige Kenntnis der Klägerin von den prekären finanziellen Verhältnissen der Beklagten begründet daher nicht die Sittenwidrigkeit des Vertragsabschlusses. Vielmehr stand die Beklagte beim Vertragsabschluss unter keinerlei Druck, sie strebte diesen sogar seit längerem an.

Normen

ABGB §879 BI

6 Ob 187/99iOGH13.04.2000
3 Ob 13/99dOGH20.09.2000

Beisatz: Unerlaubt im Sinne von sittenwidrig können wegen missbilligter Kommerzialisierung Rechtsgeschäfte unter anderem dann sein, wenn die vereinbarte Leistung mit einem Entgeltversprechen verknüpft ist. (T1)

9 ObA 100/06fOGH18.10.2006

Vgl auch

1 Ob 145/08tOGH28.01.2009

nur: Im Sinne eines beweglichen Systems sind alle Umstände zu berücksichtigen und deren Gewichtung zu prüfen. (T2)

3 Ob 99/12yOGH11.07.2012

Vgl; Beisatz: Ob ein Geschäft sittenwidrig ist, ist unter Berücksichtigung aller Umstände, unter denen das Rechtsgeschäft geschlossen wurde, anhand der von der Gesamtrechtsordnung geschützten Interessen zu beurteilen, wobei es auf Inhalt, Zweck und Beweggrund des Geschäfts, also auf den Gesamtcharakter der Vereinbarung ankommt. (T3)

8 Ob 112/13yOGH29.11.2013

Auch; Veröff: SZ 2013/118

4 Ob 189/13tOGH17.12.2013

Beis wie T3

2 Ob 71/16dOGH28.03.2017

Auch; Beis wie T3; Veröff: SZ 2017/38

6 Ob 134/17zOGH21.12.2017

Auch; nur: Sittenwidrig im Sinn des § 879 Abs 1 ABGB ist ein Geschäft, wenn es, ohne gegen ein positives inländisches Gesetz zu verstoßen, offenbar rechtswidrig ist, wobei es auf den Gesamteindruck der Vereinbarung ankommt. Im Sinne eines beweglichen Systems sind alle Umstände zu berücksichtigen und durch deren Gewichtung zu prüfen, ob eine grobe Verletzung rechtlich geschützter Interessen oder bei Interessenkollision ein grobes Missverhältnis zwischen den durch die Handlung verletzten und den durch sie geförderten Interessen vorliegt. (T4)<br/>Beis wie T3

10 Ob 15/18fOGH14.03.2018

Auch; ähnlich nur T4; Beisatz: Hier: Keine Sittenwidrigkeit einer Vereinbarung, wonach pro Zufahrt zu einer Taxizone ein „Infrastrukturbeitrag“ zu entrichten ist. (T5)

6 Ob 55/18hOGH24.01.2019

Auch; Beis wie T3; Veröff: SZ 2019/5

10 Ob 4/21tOGH30.03.2021

Vgl; nur T4

Dokumentnummer

JJR_20000413_OGH0002_0060OB00187_99I0000_004