OGH 9Bkd3/94 (RS0072493)

OGH9Bkd3/948.5.1995

Rechtssatz

Das Gebot der Vermeidung persönlicher Angriffe dient nicht nur dem Schutz der Gegenvertreter. Ein von persönlichen Querelen geprägter Vertretungsstil führt häufig zu gegenseitiger Übersteigerung. Das Abgleiten von der sachlichen Argumentation in die reine Polemik trägt zur Rechtsfindung und Wahrheitsfindung nichts bei. Derartige Ausfälle in Schriftsätzen oder in der Verhandlung haben häufig eine Verlängerung und Verzögerung des Verfahrens zur Folge. Die Nachteile eines solchen Verhaltens treffen in erster Linie die Parteien, auf deren Rücken Parteienvertreter persönliche Streitigkeiten austragen. Die Standespflicht des § 18 RL-BA ist auch aus diesem Grund streng auszulegen.

Normen

RL-BA 1977 §18

9 Bkd 3/94OGH08.05.1995
9 Bkd 3/02OGH09.12.2002

nur: Das Abgleiten von der sachlichen Argumentation in die reine Polemik trägt zur Rechtsfindung und Wahrheitsfindung nichts bei. (T1)

16 Bkd 6/03OGH13.10.2003

nur: Ein von persönlichen Querelen geprägter Vertretungsstil führt häufig zu gegenseitiger Übersteigerung. Das Abgleiten von der sachlichen Argumentation trägt zur Rechtsfindung und Wahrheitsfindung nichts bei. Die Standespflicht des § 18 RL-BA ist auch aus diesem Grund streng auszulegen. (T2)

13 Bkd 7/08OGH13.10.2008

Auch; nur T2; Beisatz: Hier: Verstoß gegen § 18 RL-BA angenommen, weil der Disziplinarbeschuldigte in einem Schriftsatz dem gegnerischen Anwalt implizit unterstellt hatte, dieser hätte seine Vertagungsbitte lediglich in Verschleppungsabsicht eingebracht und den als Vertagungsgrund angeführten Auslandsaufenthalt nur „erfunden". (T3); Bem: Mit Auseinandersetzung mit dem Spannungsverhältnis zwischen § 18 RL-BA, § 9 RAO und Art 10 EMRK. (T4)

13 Bkd 7/08OGH29.11.2010

Vgl; Beisatz: Der Verfassungsgerichtshof hat zwischenzeitig ‑ für die Oberste Berufungs‑ und Disziplinarkommission bindend ‑ erkannt, dass der Disziplinarbeschuldigte durch das Erkenntnis vom 13. 10. 2008 (13 Bkd 7/08) in seinem verfassungsgesetzlich gewährleisteten Recht auf Freiheit der Meinungsäußerung verletzt worden ist. Er hob den Bescheid auf. Zur Begründung führte das Höchstgericht an, dass das verfassungsgesetzlich gewährleistete Recht auf Freiheit der Meinungsäußerung besondere Zurückhaltung bei der Beurteilung einer Äußerung als strafbares Disziplinarvergehen fordere. Vor dem Hintergrund der Schranken des Art 10 MRK hätte die belangte Behörde die Äußerung des Beschwerdeführers dahin verstehen müssen, dass sie ‑ wenn auch mit einem möglichen Wortüberschwang ‑ nur den Unmut über die lange Verfahrensdauer und die Verfahrensverzögerungen durch das Gericht und die Gegenpartei zum Ausdruck gebracht habe. Der Verfassungsgerichtshof betonte, dass eine demokratische Gesellschaft die in Rede stehende Aussage hinnehmen kann, ohne dass die öffentliche Ordnung, der Schutz des guten Rufes oder das Ansehen und die Überparteilichkeit der Rechtsprechung Schaden erleiden. Eine verfassungskonforme Auslegung der angewendeten Rechtsvorschrift führt daher zu dem Ergebnis, dass das Disziplinarvergehen der Berufspflichtenverletzung und ein die Ehre und das Ansehen des Standes beeinträchtigendes Verhalten nicht vorliegen. Im Disziplinarverfahren hatte daher ein Freispruch zu ergehen. (T5)

7 Bkd 1/11OGH21.11.2011
9 Bkd 7/12OGH25.02.2013

Dokumentnummer

JJR_19950508_OGH0002_009BKD00003_9400000_001

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