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BGBl II 172/2025

BUNDESGESETZBLATT

FÜR DIE REPUBLIK ÖSTERREICH

172. Verordnung: VfGH-Grundausbildungsverordnung

172. Verordnung des Präsidenten des Verfassungsgerichtshofes über die Grundausbildung der Bediensteten des Verfassungsgerichtshofes (VfGH-Grundausbildungsverordnung)

Auf Grund der §§ 25 bis 31 des Beamten-Dienstrechtsgesetzes 1979 (BDG 1979), BGBl. Nr. 333/1979, in der Fassung des Bundesgesetzes BGBl. I Nr. 143/2024 und des § 67 des Vertragsbedienstetengesetzes 1948 (VBG), BGBl. Nr. 86/1948, in der Fassung des Bundesgesetzes BGBl. Nr. 155/2024 wird verordnet:

Anwendungsbereich

§ 1. (1) Diese Verordnung regelt die Grundausbildung der Bediensteten des Verfassungsgerichtshofes, die auf Grund gesetzlicher Bestimmungen oder dienstvertraglicher Vereinbarungen verpflichtet sind, eine Grundausbildung zu absolvieren, oder für die gemäß dem Beamten-Dienstrechtsgesetz 1979 der erfolgreiche Abschluss einer Grundausbildung als Ernennungs- oder Definitivstellungserfordernis vorgesehen ist.

(2) Bei allen personenbezogenen Bezeichnungen gilt die gewählte Form für alle Geschlechter.

Ziele der Grundausbildung

§ 2. Mit der Grundausbildung sollen den Bediensteten Grund- und Übersichtskenntnisse sowie soziale und technische Fähigkeiten und Fertigkeiten vermittelt werden, die für den vorgesehenen Aufgabenbereich erforderlich und geeignet sind, die Qualität der Aufgabenerfüllung zu steigern.

Organisation der Grundausbildung

§ 3. Die Personalabteilung des Verfassungsgerichtshofes hat die Ausbildung zu organisieren, die dienstrechtlich erforderlichen Maßnahmen dem Präsidenten des Verfassungsgerichtshofes vorzuschlagen und die Bediensteten in Fragen der Grundausbildung zu beraten.

Aufbau der Grundausbildung

§ 4. (1) Die Grundausbildung besteht

  1. 1. aus einer theoretischen Ausbildung sowie
  2. 2. aus einer praktischen Verwendung.

(2) Für die Bediensteten der folgenden Entlohnungs-/Verwendungsgruppen werden jeweils einheitliche Ausbildungsmodule festgelegt:

  1. 1. Entlohnungs-/Verwendungsgruppe v1/A 1;
  2. 2. Entlohnungs-/Verwendungsgruppe v2/A 2;
  3. 3. Entlohnungs-/Verwendungsgruppe v3/A 3;
  4. 4. Entlohnungs-/Verwendungsgruppe v4/A 4 und A 5.

Theoretische Ausbildung

§ 5. (1) Die theoretische Ausbildung umfasst folgende Fachbereiche:

  1. 1. Recht;
  2. 2. Organisation, Arbeitsbehelfe.

(2) Die Ausbildung in den einzelnen Fächern ist in Form von Ausbildungsmodulen durchzuführen, die vom Verfassungsgerichtshof angeboten oder von anderen Bundesdienststellen oder von Einrichtungen außerhalb des Bundes organisiert werden.

(3) Die Ausbildungsmodule sollen alle zeitgemäßen und zweckmäßigen Formen der Vermittlung von Wissen zur Steigerung der Qualifikation nutzen. Sie werden zum Beispiel als Seminar, Einzelunterricht, Lehrgang, elektronischer Fernunterricht (E-Learning), Projektarbeit, Hausarbeit, Selbststudium oder aus einer Kombination dieser Ausbildungsformen gestaltet.

(4) Als Vortragende in den vom Verfassungsgerichtshof angebotenen Ausbildungsmodulen sind grundsätzlich Mitglieder, Ersatzmitglieder, qualifizierte Bedienstete oder ehemalige qualifizierte Mitarbeiter des Verfassungsgerichtshofes heranzuziehen. Sie werden vom Präsidenten des Verfassungsgerichtshofes bestellt.

(5) Die theoretische Ausbildung ist je nach den Anforderungen auf dem Arbeitsplatz des Auszubildenden für Arbeitsplätze nachstehender Entlohnungs-/Verwendungsgruppen in folgendem Ausmaß zu absolvieren:

  1. 1. v1/A 1 : mindestens 236 Stunden;
  2. 2. v2/A 2 : mindestens 182 Stunden;
  3. 3. v3/A 3 : mindestens 148 Stunden;
  4. 4. v4/A 4 und A 5: mindestens 108 Stunden.

Für alle Entlohnungs-/Verwendungsgruppen beträgt das maximale Ausbildungsausmaß 320 Stunden.

(6) Die Inhalte und die Anzahl der Mindeststunden der theoretischen Ausbildung in den jeweiligen Fächern sind in der Anlage geregelt. Diese angeführten Mindeststunden umfassen auch Zeiten des Selbststudiums sowie der Prüfungsvorbereitung.

(7) Kann eine Tätigkeit im Einzelfall nicht sachgerecht den festgelegten Fächern zugeordnet werden, so hat der Präsident des Verfassungsgerichtshofes eine auf den konkreten Verwendungszweck abgestimmte individuelle theoretische Ausbildung festzulegen.

(8) Die einzelnen Ausbildungsmodule werden von der Personalabteilung laufend auf ihre Sinnhaftigkeit, Zweckmäßigkeit und Effizienz hin überprüft. Die Ergebnisse dieser Überprüfung sind bei späteren Zuweisungen zur Grundausbildung zu berücksichtigen.

Praktische Verwendung

§ 6. (1) Die Dauer der praktischen Verwendung beträgt in den Entlohnungs-/Verwendungsgruppen v1/A 1 und v2/A 2 mindestens neun Monate und in den Entlohnungs-/Verwendungsgruppen v3/A 3 und v4/A 4 und A 5 mindestens vier Monate. Eine allfällige Rotationsausbildung sowie deren Dauer sind im Ausbildungsplan (§ 7) festzulegen.

(2) Im Rahmen der praktischen Verwendung erfolgt eine aufgabenbezogene Fachausbildung. Die Bediensteten der Entlohnungs-/Verwendungsgruppen v1/A 1 und v2/A 2 haben überdies eine Hausarbeit zu verfassen, deren Thema vom Präsidenten des Verfassungsgerichtshofes auf Anregung des Bediensteten unter Berücksichtigung der Aufgaben des Verfassungsgerichtshofes festgelegt wird. Die Hausarbeit ist dem Prüfungssenat der Dienstprüfungskommission vorzulegen und wird im Rahmen des abschließenden Fachgesprächs beurteilt.

(3) Die Bediensteten der Entlohnungs-/Verwendungsgruppen v1/A 1 sollen nach Möglichkeit bei einer Einrichtung der allgemeinen staatlichen Verwaltung oder bei einem ausgegliederten Rechtsträger Dienst versehen. Eine Vereinbarung zwischen dem Verfassungsgerichtshof und der in Frage kommenden Einrichtung wird im Einzelfall getroffen werden.

(4) Die Tätigkeit während der praktischen Verwendung ist verpflichtend und gilt als Dienst.

(5) Die Anerkennung anderweitiger Ausbildungen oder sonstiger Qualifizierungsmaßnahmen, Berufserfahrungen und selbständiger Arbeiten erfolgt nach den Grundsätzen des § 30 BDG 1979.

Ausbildungsplan

§ 7. (1) Der Präsident des Verfassungsgerichtshofes hat für jeden auszubildenden Bediensteten unter Einbeziehung des Fachvorgesetzten einen Ausbildungsplan für die Grundausbildung zu erstellen. Auf die persönlichen Verhältnisse des Bediensteten ist dabei Bedacht zu nehmen.

(2) In den Ausbildungsplan sind aufzunehmen:

  1. 1. die einzelnen Module, die zu absolvieren sind, und deren Dauer;
  2. 2. allfällige Anerkennungen (§ 6 Abs. 5);
  3. 3. der Arbeitsplatz bzw. ein allfälliger Rotationsarbeitsplatz einschließlich des Beginn- und des Endzeitpunkts;
  4. 4. das Thema der Hausarbeit.

(3) Die Teilnahme an Lehrveranstaltungen im Rahmen der Grundausbildung gilt als Dienst.

Dienstprüfung

§ 8. (1) Über die in der Grundausbildung erworbenen Kenntnisse und Fähigkeiten ist eine Dienstprüfung abzulegen. Die Dienstprüfung besteht aus Teilprüfungen über den Inhalt eines jeden Ausbildungsmoduls sowie aus einem abschließenden Fachgespräch vor dem Prüfungssenat der Dienstprüfungskommission. Das Fachgespräch ist in den Grenzen bestimmter, dem Kandidaten mindestens vier Wochen vor dem Gesprächstermin bekannt zu gebender Themenbereiche durchzuführen.

(2) Die Teilprüfungen finden als schriftliche oder mündliche Prüfung statt und sind vor einem Einzelprüfer abzulegen. Teilprüfungen können zusammengefasst sowie in digitaler Form abgehalten werden.

(3) Die Einzelprüfer werden vom Vorsitzenden der Dienstprüfungskommission aus dem Kreis ihrer Mitglieder bestimmt.

(4) Über den Verlauf der Teilprüfung ist ein vom Prüfer zu unterfertigendes Protokoll zu erstellen, das zu übermitteln ist. Im Prüfungsprotokoll sind die gestellten Fragen und Aufgaben festzuhalten und anzugeben, ob die Teilprüfung als „bestanden“, „mit Auszeichnung bestanden“ oder „nicht bestanden“ zu qualifizieren ist.

(5) Eine Teilprüfung kann entfallen, wenn der Ausbildungserfolg eines Moduls auch ohne Ablegung einer Prüfung nachgewiesen wird. Hiezu bedarf es eines Beschlusses des Prüfungssenats.

(6) Die Anrechnung des erfolgreichen Besuchs von im Ausbildungsplan vorgeschriebenen Ausbildungsmodulen, die von anderen Bundesdienststellen oder von Einrichtungen außerhalb des Bundes organisiert werden, obliegt in sinngemäßer Anwendung des § 30 BDG 1979 dem Prüfungssenat.

(7) Die Zuweisung zur Dienstprüfung erfolgt von Amts wegen durch die Personalabteilung.

(8) Die Dienstprüfung gilt als erfolgreich abgelegt, wenn alle vorgeschriebenen Teilprüfungen bestanden wurden und das abschließende Fachgespräch vor dem Prüfungssenat erfolgreich absolviert wurde.

(9) Der Vorsitzende des Prüfungssenats hat über die bestandene Dienstprüfung ein Prüfungszeugnis auszustellen. Im Prüfungszeugnis sind der Entfall einer Teilprüfung (Abs. 5), die Anrechnung des erfolgreichen Besuchs eines außerhalb des Verfassungsgerichtshofes organisierten Ausbildungsmoduls (Abs. 6) samt Prüfungserfolg sowie die Anerkennung anderweitiger Ausbildungen, sonstiger Qualifizierungsmaßnahmen, Berufserfahrungen und selbständiger Arbeiten (§ 6 Abs. 5) anzuführen. Wurde ein Ausbildungsmodul mit ausgezeichnetem Erfolg abgeschlossen, ist dies im Prüfungszeugnis zu vermerken.

(10) Bei Nichtbestehen einer Teilprüfung kann diese zweimal wiederholt werden. Die Reprobationsfrist beträgt jeweils mindestens fünf Wochen. Die zweite Wiederholungsprüfung ist vor dem Prüfungssenat abzulegen. Der Einzelprüfer darf dem Prüfungssenat nicht angehören. Die Voraussetzungen für die zweite Wiederholungsprüfung gelten sinngemäß auch für das abschließende Fachgespräch vor dem Prüfungssenat.

(11) Nach erfolgreicher Ablegung der Dienstprüfung ist die Grundausbildung abgeschlossen.

Dienstprüfungskommission

§ 9. (1) Beim Verfassungsgerichtshof ist eine Dienstprüfungskommission einzurichten, deren Mitglieder als Einzelprüfer gemäß § 8 Abs. 2 oder als Mitglieder eines Prüfungssenats gemäß § 8 Abs. 8 und 10 tätig werden.

(2) Vorsitzender der Dienstprüfungskommission ist der Präsident des Verfassungsgerichtshofes. Der Vorsitzende bestellt die Mitglieder der Dienstprüfungskommission und deren Stellvertreter aus dem Kreis der Mitglieder des Verfassungsgerichtshofes sowie der Bediensteten, die über eine mehrjährige Berufserfahrung im Verfassungsgerichtshof verfügen.

(3) Die Mitglieder der Dienstprüfungskommission und deren Stellvertreter werden für die Dauer von fünf Jahren bestellt.

(4) Die Zugehörigkeit zur Dienstprüfungskommission endet mit der Beendigung der Amtstätigkeit oder mit dem Ausscheiden aus dem Personalstand des Verfassungsgerichtshofes. Sie ruht ab dem Tag der Einleitung des Disziplinarverfahrens bis zu dessen rechtskräftigem Abschluss, während der Zeit der (vorläufigen) Suspendierung vom Dienst und bei Außerdienststellung.

(5) Scheidet ein Mitglied der Dienstprüfungskommission aus dem Amt, bestellt der Präsident des Verfassungsgerichtshofes für den Rest der Funktionsperiode nach Abs. 3 ein neues Mitglied.

(6) Der Prüfungssenat besteht aus dem Vorsitzenden der Dienstprüfungskommission und zwei Mitgliedern. Die Zusammensetzung des Prüfungssenats bestimmt der Vorsitzende; sie ist dem Kandidaten mindestens vier Wochen vor dem Prüfungstermin bekannt zu geben.

(7) Die Mitglieder der Dienstprüfungskommission sind in Ausübung dieses Amtes selbständig und unabhängig.

Inkrafttreten und Übergangsbestimmungen

§ 10. (1) Diese Verordnung tritt mit 1. Jänner 2026 in Kraft. Die VfGH-Grundausbildungsverordnung, BGBl. II Nr. 626/2003, tritt gleichzeitig außer Kraft.

(2) Bedienstete, für die zum Zeitpunkt des Inkrafttretens dieser Verordnung bereits ein Ausbildungsplan erstellt wurde, können ihre Grundausbildung auch weiterhin nach den Bestimmungen der VfGH-Grundausbildungsverordnung, BGBl. II Nr. 626/2003, absolvieren, wenn sie eine diesbezügliche nicht widerrufbare Erklärung innerhalb von drei Monaten nach Inkrafttreten dieser Verordnung abgeben.

(3) Die Funktionsdauer und die Zusammensetzung der zum Zeitpunkt des Inkrafttretens dieser Verordnung bestehenden Dienstprüfungskommission und der Prüfungssenate bleiben unberührt.

Anlage

Inhalte und Mindeststunden der theoretischen Ausbildung gemäß § 5 Abs. 6

I. Entlohnungs-/Verwendungsgruppe v1/A 1

Fach

Mindeststunden

VerfassungsrechtlicheGrundlagen

20

Legistik und Rechtserzeugungsprozesse

16

Grund- und Freiheitsrechte

30

Verwaltungsrechtliche Schwerpunkte

Verwaltungsverfahren, Verwaltungsstrafverfahren, Verwaltungsgerichtsbarkeit, Verhandlungsführung und Vernehmungstechnik.

30

Ausgewählte Gebiete des Besonderen Verwaltungsrechts

2 Pflichtfächer, 4 Wahlfächer: Asyl- und Fremdenrecht, Personenstands- und Staatsbürgerschaftsrecht, Wahlrecht, Datenschutzrecht, Informationsfreiheit, Sozialrecht (Sozialhilfe, Sozialversicherung), Abgabenrecht, Verkehrsrecht, Bau- und Raumplanungsrecht, Vereins- und Versammlungsrecht, Sicherheitspolizeirecht, Selbstverwaltung.

16

Verfahren vor dem Verfassungsgerichtshof

40

Soziale Kompetenz, Gleichstellung und Diversität

20

Elektronische Datenverarbeitung

insb. online-Abfragen, RDB, RIS, EUR-Lex, Parlament; Gerichtskanzlei, Bibliothek.

16

Europäische Union

20

Haushaltsrecht des Bundes

16

Dienst- und Besoldungsrecht

12

Summe

236

  

II. Entlohnungs-/Verwendungsgruppe v2/A 2

Fach

Mindeststunden

Verfassungsrechtliche Grundlagen

26

Grundlagen des Verwaltungsrechts, Verwaltungsorganisation und Verwaltungshandeln

30

Verfahren vor dem Verfassungsgerichtshof

26

Soziale Kompetenz, Gleichstellung und Diversität

20

Elektronische Datenverarbeitung

insb. online-Abfragen, RDB, RIS, EUR-Lex, Parlament; Gerichtskanzlei, Bibliothek.

32

Europäische Union

16

Haushaltsrecht des Bundes

16

Dienst- und Besoldungsrecht

16

Summe

182

  

III. Entlohnungs-/Verwendungsgruppe v3/A 3

Fach

Mindeststunden

Verfassungs- und Verwaltungsrecht

Grundlagen, Überblickswissen.

30

Verfahren vor dem Verfassungsgerichtshof

34

Soziale Kompetenz, Gleichstellung und Diversität

20

Elektronische Datenverarbeitung

insb. online-Abfragen, RDB, RIS, EUR-Lex, Parlament; Gerichtskanzlei, Bibliothek.

40

Haushaltsrecht des Bundes

12

Dienst- und Besoldungsrecht

12

Summe

148

  

IV. Entlohnungs-/Verwendungsgruppe v4/A 4 und A 5

Fach

Mindeststunden

Verfassungs- und Verwaltungsrecht

Grundlagen, Überblickswissen.

16

Verfahren vor dem Verfassungsgerichtshof

20

Soziale Kompetenz, Gleichstellung und Diversität

16

Elektronische Datenverarbeitung

insb. Gerichtskanzlei.

32

Haushaltsrecht des Bundes

12

Dienst- und Besoldungsrecht

12

Summe

108

  

Grabenwarter

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