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BGBl I 96/2024

BUNDESGESETZBLATT

FÜR DIE REPUBLIK ÖSTERREICH

96. Bundesgesetz: Änderung der Strafprozeßordnung 1975
96. (NR: GP XXVII RV 2557 AB 2619 S. 274 . BR: AB 11570 S. 970 .)

96. Bundesgesetz, mit dem die Strafprozeßordnung 1975 geändert wird

Der Nationalrat hat beschlossen:

Die Strafprozeßordnung 1975, BGBl. Nr. 631/1975, zuletzt geändert durch das Bundesgesetz BGBl. I Nr. 34/2024, wird wie folgt geändert:

1 .Im Inhaltsverzeichnis wird nach dem Eintrag zu § 196 folgender Eintrag eingefügt:

„§ 196a Beitrag zu den Kosten der Verteidigung im Ermittlungsverfahren“

2. In § 31 Abs. 1 wird der Punkt am Ende der Z 6 durch einen Beistrich ersetzt und folgende Z 7 angefügt:

  1. „7. die Bestimmung des Beitrages zu den Kosten der Verteidigung im Ermittlungsverfahren (§ 196a).“

3. In § 33 Abs. 2 wird nach der Wortfolge „Pauschalkostenbetrag gemäß § 196 Abs. 2,“ die Wortfolge „über den Betrag zu den Kosten der Verteidigung im Ermittlungsverfahren gemäß § 196a,“ eingefügt.

4. Nach § 196 wird folgender § 196a samt Überschrift eingefügt:

„Beitrag zu den Kosten der Verteidigung im Ermittlungsverfahren

§ 196a. (1) Wird ein Ermittlungsverfahren gemäß § 108 oder § 190 eingestellt, so hat der Bund dem Beschuldigten auf Antrag einen Beitrag zu den Kosten der Verteidigung zu leisten. Der Beitrag umfasst die nötig gewesenen und vom Beschuldigten bestrittenen baren Auslagen und außer im Fall des § 61 Abs. 2 auch einen Beitrag zu den Kosten des Verteidigers, dessen sich der Beschuldigte bedient. Der Beitrag ist unter Bedachtnahme auf den Umfang der Ermittlungen, die Komplexität der zu lösenden Tat- und Rechtsfragen und das Ausmaß des notwendigen oder zweckmäßigen Einsatzes des Verteidigers festzusetzen. Er darf den Betrag von 6 000 Euro nicht übersteigen.

(2) Das Höchstmaß des Beitrags kann bei Verfahren, die durch außergewöhnlichen Umfang oder besondere Komplexität gekennzeichnet sind, sowie im Falle der Überschreitung der Höchstdauer des Ermittlungsverfahrens (§ 108a Abs. 1) um die Hälfte überschritten und im Falle extremen Umfangs des Verfahrens auf das Doppelte erhöht werden.

(3) Der Ersatzanspruch ist ausgeschlossen, soweit der Beschuldigte den das Verfahren begründenden Verdacht vorsätzlich herbeigeführt hat oder das Verfahren lediglich deshalb beendet worden ist, weil er die Tat im Zustand der Zurechnungsunfähigkeit begangen hat oder weil die Ermächtigung zur Strafverfolgung zurückgenommen worden ist. Der Ersatzanspruch steht auch dann nicht zu, wenn die Strafbarkeit aus Gründen entfällt, die erst nach Beginn des Strafverfahrens eingetreten sind.

(4) Der Antrag ist bei sonstigem Ausschluss innerhalb von drei Jahren nach der Verständigung von der Einstellung des Ermittlungsverfahrens (§ 194) bei der Staatsanwaltschaft einzubringen. Die Staatsanwaltschaft hat den Antrag mit einer allfälligen Stellungnahme an das Gericht weiterzuleiten. Unzulässige oder verspätete Anträge hat das Gericht zurückzuweisen, im Übrigen jedoch in der Sache zu entscheiden.

(5) Einer rechtzeitig eingebrachten Beschwerde gegen einen Beschluss, mit dem über den Antrag entschieden worden ist, kommt aufschiebende Wirkung zu.

(6) Weitergehende Rechte des Beschuldigten nach diesem Bundesgesetz, dem Amtshaftungsgesetz, BGBl. Nr. 20/1949, und dem Strafrechtlichen Entschädigungsgesetz 2005, BGBl. I Nr. 125/2004, bleiben unberührt.“

5. § 393a wird durch folgenden § 393a samt Überschrift ersetzt:

„Beitrag zu den Kosten der Verteidigung

§ 393a. (1) Wird ein nicht lediglich auf Grund einer Privatanklage oder der Anklage eines Privatbeteiligten (§ 72) Angeklagter freigesprochen oder das Strafverfahren gemäß § 215 Abs. 2, § 227, § 451 Abs. 2 oder § 485 Abs. 1 Z 3 oder nach einer gemäß § 353, § 362 oder § 363a erfolgten Wiederaufnahme oder Erneuerung des Strafverfahrens eingestellt, so hat ihm der Bund auf Antrag einen Beitrag zu den Kosten der Verteidigung zu leisten. Der Beitrag umfasst die nötig gewesenen und vom Angeklagten bestrittenen baren Auslagen und außer im Fall des § 61 Abs. 2 auch einen Beitrag zu den Kosten des Verteidigers, dessen sich der Angeklagte bedient.

(2) Der Beitrag zu den Kosten der Verteidigung ist unter Bedachtnahme auf den Umfang des Verfahrens, die Komplexität der zu lösenden Tat- und Rechtsfragen und das Ausmaß des notwendigen oder zweckmäßigen Einsatzes des Verteidigers festzusetzen. Er darf folgende Beträge nicht übersteigen:

  1. 1. im Verfahren vor dem Landesgericht als Schöffen- und Geschworenengericht 30 000 Euro,
  2. 2. im Verfahren vor dem Einzelrichter des Landesgerichts 13 000 Euro,
  3. 3. im Verfahren vor dem Bezirksgericht 5 000 Euro.

    Im Fall längerer Dauer der Hauptverhandlung (§ 221 Abs. 4) kann das jeweilige Höchstmaß des Beitrags um die Hälfte überschritten und im Fall extremen Umfangs des Verfahrens (§ 285 Abs. 2) auf das Doppelte erhöht werden.

(3) Der Ersatzanspruch ist ausgeschlossen, soweit der Angeklagte den das Verfahren begründenden Verdacht vorsätzlich herbeigeführt hat oder das Verfahren lediglich deshalb beendet worden ist, weil der Angeklagte die Tat im Zustand der Zurechnungsunfähigkeit begangen hat oder weil die Ermächtigung zur Strafverfolgung in der Hauptverhandlung zurückgenommen worden ist. Der Ersatzanspruch steht auch dann nicht zu, wenn die Strafbarkeit der Tat aus Gründen entfällt, die erst nach Einbringung der Anklageschrift oder des Antrages auf Bestrafung eingetreten sind.

(4) Der Antrag ist bei sonstigem Ausschluss innerhalb von drei Jahren nach Verständigung von der Entscheidung oder Verfügung zu stellen.

(5) § 196a Abs. 5 und 6 gilt sinngemäß.“

6. Dem § 514 wird folgender Abs. 55 angefügt:

„(55) Der Eintrag im Inhaltsverzeichnis zu § 196a, § 31 Abs. 1 Z 6 und 7, § 33 Abs. 2, § 196a samt Überschrift und § 393a samt Überschrift in der Fassung des Bundesgesetzes BGBl. I Nr. 96/2024 treten mit 1. August 2024 in Kraft.“

7. Dem § 516 wird folgender Abs. 12 angefügt:

„(12) § 196a und § 393a in der Fassung des Bundesgesetzes BGBl. I Nr. 96/2024 sind auf Verfahren anzuwenden, in denen die in § 196a Abs. 1 und in § 393a Abs. 1 genannten verfahrensbeendenden Entscheidungen ab dem 1. Jänner 2024 rechtskräftig geworden sind. Ist in diesen Verfahren bereits über einen Beitrag zu den Kosten der Verteidigung nach § 393a StPO in der Fassung des Bundesgesetzes BGBl. I Nr. 152/2022 entschieden worden, so kann ein neuerlicher Antrag auf Zuerkennung eines Beitrags zu den Kosten für die Verteidigung gestellt werden. Für die Entscheidung über diesen Antrag ist § 393a in der Fassung des Bundesgesetzes BGBl. I Nr. 96/2024 anzuwenden, wobei bei der Festsetzung der Höhe des Beitrags zu den Kosten der Verteidigung der bereits zugesprochene Beitrag zu berücksichtigen ist. Für vor dem 1. Jänner 2024 rechtskräftig gewordene verfahrensbeendende Entscheidungen gilt weiterhin § 393a in der Fassung des Bundesgesetzes BGBl. I Nr. 152/2022.“

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