156. Bundesgesetz über die befristete Einführung eines Stromkostenzuschusses für Haushaltskundinnen und Haushaltskunden (Stromkostenzuschussgesetz - SKZG)
Der Nationalrat hat beschlossen:
1. Teil
Allgemeine Bestimmungen
Ziele
§ 1. Ziel dieses Bundesgesetzes ist es,
- 1. die Kostenbelastung von Haushaltskundinnen und Haushaltskunden durch die Sicherstellung einer leistbaren Stromversorgung für ein Grundkontingent zu verringern (Stromkostenzuschuss);
- 2. einkommensschwache Haushalte zusätzlich zur Sicherstellung eines leistbaren Grundkontingents durch einen Zuschuss auf die zu leistenden Systemnutzungsentgelte zu unterstützen (Netzkostenzuschuss).
Begriffsbestimmungen
§ 2. (1) Im Sinne dieses Bundesgesetzes bezeichnet der Ausdruck
- 1. „gemäß Stromlieferungsvertrag vereinbarter Energiepreis“ den von der Haushaltskundin oder dem Haushaltskunden zu zahlenden Preis für die Lieferung von Strom in Cent/kWh, der alle verrechneten Bestandteile des Energieanteils, wie insbesondere den Arbeitspreis, den Grundpreis sowie einmalige und wiederkehrende Rabatte, die auf den Energiepreis wirken, umfasst; nicht umfasst sind Systemnutzungsentgelte, Steuern und Abgaben sowie sonstige aufgrund gesetzlicher Vorgaben eingehobene Beträge oder gewährte Zuschüsse;
- 2. „Grundkontingent“ die maximale Stromverbrauchsmenge in kWh je Zählpunkt, für die der Stromkostenzuschuss gewährt wird;
- 3. „oberer Referenzenergiepreis“ den oberen Schwellenwert in Cent/kWh, bis zu dem sich der Stromkostenzuschuss als Differenz zum unteren Referenzenergiepreis bemisst;
- 4. „Stromlieferungsvertrag“ den zwischen Haushaltskundinnen bzw. Haushaltskunden und einem Lieferanten abgeschlossenen Vertrag über die Lieferung von Strom;
- 5. „unterer Referenzenergiepreis“ den unteren Schwellenwert in Cent/kWh, ab dem sich der Stromkostenzuschuss als Differenz zum vertraglich vereinbarten Energiepreis bemisst.
(2) Im Übrigen gelten die Begriffsbestimmungen des Elektrizitätswirtschafts- und -organisationsgesetz 2010 - ElWOG 2010, BGBl. I Nr. 110/2010, zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 7/2022.
Gegenstand der Förderung
§ 3. (1) Zur Erreichung der Ziele dieses Bundesgesetzes leistet der Bund als Träger von Privatrechten
- 1. nicht rückzahlbare Zuschüsse zu den Kosten, die Haushaltskundinnen und Haushaltskunden aus einem Stromlieferungsvertrag entstehen (Stromkostenzuschuss);
- 2. nicht rückzahlbare Zuschüsse zu den Systemnutzungsentgelten, die von einkommensschwachen Haushalten gemäß § 72 Abs. 1 und § 100 Abs. 7 Erneuerbaren-Ausbau-Gesetz - EAG, BGBl. I Nr. 150/2021, zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 7/2022, zu tragen sind (Netzkostenzuschuss).
(2) Auf die Gewährung eines Stromkostenzuschusses bzw. eines Netzkostenzuschusses besteht kein Rechtsanspruch.
(3) Der Stromkostenzuschuss und der Netzkostenzuschuss sind von der Einkommensteuer befreit und gehören auch nicht zur Bemessungsgrundlage für sonstige Abgaben und öffentlich-rechtliche Beiträge ausgenommen Umsatzsteuer.
(4) Der Stromkostenzuschuss und der Netzkostenzuschuss gelten als nicht anrechenbare Leistung zur Deckung krisenbedingter Sonder- und Mehrbedarfe gemäß § 7 Abs. 5a des Sozialhilfe-Grundsatzgesetzes, BGBl. I Nr. 41/2019, zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 78/2022.
2. Teil
Stromkostenzuschuss
Begünstigter Personenkreis
§ 4. Der Stromkostenzuschuss wird natürlichen Personen gewährt, die aus einem Stromlieferungsvertrag für einen Zählpunkt mit Entnahme, dem gemäß § 17 Abs. 2 ElWOG 2010 ein in der Anlage genanntes standardisiertes Lastprofil zugeordnet ist, zahlungspflichtig sind.
Stromkostenzuschuss für ein Grundkontingent
§ 5. (1) Der Stromkostenzuschuss wird den begünstigten Personen gemäß § 4 für den Zeitraum von 1. Dezember 2022 bis 30. Juni 2024 für ein jährliches Grundkontingent gewährt. Für nach Inkrafttreten dieses Bundesgesetzes abgeschlossene oder gekündigte Stromlieferungsverträge sowie vollzogene Lieferantenwechsel wird das Grundkontingent beim jeweiligen Lieferanten anteilig für die Zeiten eines aufrechten Stromlieferungsvertrages gewährt. Ist der tatsächliche Verbrauch in einem Abrechnungszeitraum geringer als das Grundkontingent, das für diesen Zeitraum zusteht, ist der Stromkostenzuschuss mit dem tatsächlichen Verbrauch begrenzt.
(2) Die Höhe des Stromkostenzuschusses je kWh bemisst sich nach der Differenz zwischen dem gemäß Stromlieferungsvertrag vereinbarten Energiepreis und unteren Referenzenergiepreis. Der Stromkostenzuschuss wird gewährt, wenn der gemäß Stromlieferungsvertrag vereinbarte Energiepreis über dem unteren Referenzenergiepreis liegt. Übersteigt der gemäß Stromlieferungsvertrag vereinbarte Energiepreis den oberen Referenzenergiepreis, ist die Höhe des Stromkostenzuschusses mit der Differenz zwischen dem oberen und dem unteren Referenzenergiepreis begrenzt.
(3) Für die Berechnung des Stromkostenzuschusses sind folgende Werte heranzuziehen:
- 1. Grundkontingent 2.900 kWh/Jahr;
- 2. Oberer Referenzenergiepreis 40 Cent/kWh;
- 3. Unterer Referenzenergiepreis 10 Cent/kWh.
(4) Die in Abs. 3 festgelegten Werte können durch Verordnung der Bundesministerin für Klimaschutz, Umwelt, Energie, Mobilität, Innovation und Technologie im Einvernehmen mit dem Bundesminister für Finanzen angepasst werden, sofern durch die gesetzlich festgelegten Werte die Erreichung des in § 1 Z 1 festgelegten Ziels nicht mehr ausreichend gewährleistet ist.
(5) Bei der Festlegung der Werte durch Verordnung gemäß Abs. 4 sind folgende Grundsätze anzuwenden:
- 1. das Grundkontingent hat sich an der mittleren Abgabe pro Zählpunkt zu orientieren; Anreize zum sparsamen Stromverbrauch haben weiter aufrecht zu bleiben;
- 2. der obere Referenzenergiepreis ist marktkonform und unter Berücksichtigung der vom Bund zur Verfügung gestellten Mittel festzusetzen;
- 3. durch den unteren Referenzenergiepreis ist sicherzustellen, dass die von Preissteigerungen betroffenen Haushaltskundinnen und Haushaltskunden entlastet werden; verbrauchsbeeinflussende Preissignale haben, um Anreize zu notwendigen Einsparungen zu setzen, in vertretbarem Ausmaß bestehen zu bleiben.
Zusatzkontingent für größere Haushalte
§ 6. Für Haushalte, deren Adresse für mehr als drei Personen im Zentralen Melderegister gemäß § 16 Meldegesetz 1991 - MeldeG, BGBl. Nr. 9/1992, zuletzt geändert durch BGBl. 1 Nr. 54/2021, als Hauptwohnsitz gemäß § 1 Abs. 7 MeldeG ausgewiesen ist, ist der Stromkostenzuschuss für ein Zusatzkontingent bereitzustellen.
3. Teil
Netzkostenzuschuss für einkommensschwache Haushalte
Begünstigter Personenkreis
§ 7. Der Netzkostenzuschuss wird für jeden Zählpunkt mit Entnahme in einkommensschwachen Haushalten gemäß § 72 und § 100 Abs. 7 EAG gewährt, für die der Netzbetreiber nach § 2 Abs. 1 Z 1 EAG-Befreiungsverordnung, BGBl. II Nr. 61/2022, keine Erneuerbaren-Förderpauschale und keinen Erneuerbaren-Förderbeitrag verrechnen darf.
Höhe des Netzkostenzuschusses
§ 8. (1) Der Netzkostenzuschuss wird im Zeitraum zwischen 1. Jänner 2023 und 30. Juni 2024 für Zeiten einer aufrechten Begünstigung gemäß § 7 in der Höhe von fünfundsiebzig Prozent der vom Netzbetreiber zu verrechnenden Systemnutzungsentgelte mit Ausnahme der Entgelte für sonstige Leistungen gemäß § 58 ElWOG 2010 gewährt.
(2) Die jährliche Höhe des Netzkostenzuschusses ist mit zweihundert Euro begrenzt. Für Abrechnungszeiträume, die kürzer oder länger als ein Jahr sind, ist die maximale Höhe des Netzkostenzuschusses auf Basis einer tagesweisen Aliquotierung zu ermitteln.
4. Teil
Gemeinsame Bestimmungen für Strom- und Netzkostenzuschuss
Rückforderung
§ 9. Werden der Stromkostenzuschuss oder der Netzkostenzuschuss gewährt, ohne dass die Voraussetzungen nach diesem Bundesgesetz erfüllt sind, ist der in Abzug gebrachte Zuschuss von der natürlichen Person, die aus dem betreffenden Stromlieferungs- oder Netzzugangsvertrag zahlungspflichtig ist, dem Bund zu erstatten.
Mittelaufbringung
§ 10. (1) Für die Unterstützung von Haushaltskundinnen und Haushaltskunden durch Stromkostenzuschüsse und Netzkostenzuschüsse werden im jeweils gültigen Bundesfinanzrahmen- und Bundesfinanzgesetz für das Jahr 2023 Mittel in Höhe von 2.733.195.000 Euro und für das Jahr 2024 Mittel in Höhe von 1.093.278.000 Euro bereitgestellt.
(2) Bei Bereitstellung der Mittel gemäß Abs. 1 sind auch Mittel für den Stromkostenzuschuss für ein Zusatzkontingent für Haushalte gemäß § 6 zu berücksichtigen.
Kostenersatz
§ 11. (1) Der Bund hat den Lieferanten bezüglich des Stromkostenzuschusses und den Netzbetreibern bezüglich des Netzkostenzuschusses die aus der Abwicklung der jeweiligen Maßnahme unmittelbar entstehenden Kosten zu ersetzen.
(2) Für die Implementierung der erforderlichen Ablaufprozesse gebührt eine einmalige pauschale Abgeltung für Lieferanten, die den Stromkostenzuschuss abwickeln bzw. für Netzbetreiber, die den Netzkostenzuschuss abwickeln. Die Höhe der pauschalen Abgeltung ist vom Bundesminister für Finanzen durch Verordnung, degressiv abgestuft in Abhängigkeit von der Anzahl der abzuwickelnden Zuschüsse, festzulegen.
(3) Eine über Abs. 1 und 2 hinausgehende Abdeckung ist unzulässig.
(4) Die unzulässige Weiterverrechnung bereits abgegoltener Kosten an Kundinnen oder Kunden berechtigt den Bund zur Rückforderung der zur Verfügung gestellten Mittel.
(5) Der Kostenersatz gemäß Abs. 2 ist von der Einkommen- oder Körperschaftsteuer befreit.
(6) Die Lieferanten und Netzbetreiber haben dem Bundesministerium für Finanzen bis zum 15. des Folgemonats eine elektronische Rechnung für die innerhalb eines Kalendermonats erbrachten Leistungen oder der auf den Gesamtbetrag der im Abrechnungszeitraum eines Jahres erbrachten Leistungen zu leistenden Akontierungen zu legen. Der Kostenersatz bzw. das Akonto ist binnen 14 Tagen nach erfolgter Rechnungslegung auszuzahlen.
(7) Die Buchhaltungsagentur des Bundes als Auftragsverarbeiter (Art. 4 Z 8 Verordnung (EU) 2016/679 zum Schutz natürlicher Personen bei der Verarbeitung personenbezogener Daten, zum freien Datenverkehr und zur Aufhebung der Richtlinie 95/46/EG (DSGVO), ABl. Nr. L 119 vom 4. Mai 2016 S. 1, zuletzt berichtigt durch ABl. Nr. L 74 vom 4. März 2021 S. 35) ist durch den Bundesminister für Finanzen als datenschutzrechtlich Verantwortlichen (Art. 4 Z 7 DSGVO) damit zu beauftragen, die Verrechnung und Zahlung der durch die Lieferanten und Netzbetreiber an das Bundesministerium für Finanzen übermittelten e-Rechnungen nach Maßgabe der haushaltsrechtlichen Bestimmungen durchzuführen. Der Auftragsverarbeiter ist verpflichtet, die Datenschutzpflichten gemäß Art. 28 Abs. 3 lit. a bis h DSGVO wahrzunehmen.
5. Teil
Schlussbestimmungen
Monitoring
§ 12. Die Bundesministerin für Klimaschutz, Umwelt, Energie, Mobilität, Innovation und Technologie hat die mit diesem Bundesgesetz geschaffenen Förderinstrumente binnen sechs Monaten nach Ende des Förderungszeitraumes des Strom- und Netzkostenzuschusses zu evaluieren und dem Nationalrat spätestens im Jänner 2025 einen Bericht über das Ergebnis der Evaluierung vorzulegen. Im Bericht ist insbesondere auf die während der Geltung dieses Bundesgesetzes erfolgten Preisanpassungen der Lieferanten einzugehen. Der Bericht über die Ergebnisse der Evaluierung ist von der Bundesministerin für Klimaschutz, Umwelt, Energie, Mobilität, Innovation und Technologie in geeigneter Weise zu veröffentlichen.
Vollziehung
§ 13. Mit der Vollziehung dieses Bundesgesetzes sind betraut:
- 1. Hinsichtlich § 5 Abs. 4 die Bundesministerin für Klimaschutz, Umwelt, Energie, Mobilität, Innovation und Technologie im Einvernehmen mit dem Bundesminister für Finanzen;
- 2. hinsichtlich § 6, § 10 und § 11 der Bundesminister für Finanzen;
- 3. im Übrigen die Bundesministerin für Klimaschutz, Umwelt, Energie, Mobilität, Innovation und Technologie.
In- und Außerkrafttreten
§ 14. Dieses Bundesgesetz tritt mit dem der Kundmachung folgenden Tag in Kraft und mit Ablauf des 30. Juni 2025 außer Kraft.
Anlage
(zu § 4)
Begünstigte standardisierte Lastprofile
Folgende standardisierte Lastprofile, die gemäß Kapitel 6 der sonstigen Marktregeln Zählpunkten im österreichischen Netzgebiet zuzuordnen sind, sind begünstigt:
- 1. H0: Haushalt;
- 2. HA: Haushalt mit Warmwasserspeicher an einem Zählpunkt;
- 3. HF: Haushalt mit Speicherheizung an einem Zählpunkt.
Van der Bellen
Nehammer
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