455. Verordnung des Bundesministers für Finanzen zur Ermittlung der Steuerdaten von Kryptowährungen (Kryptowährungsverordnung - KryptowährungsVO)
Aufgrund von § 27a Abs. 4 und § 93 Abs. 4a Z 1 des Einkommensteuergesetzes 1988 - EStG 1988, BGBl. Nr. 400/1988, zuletzt geändert durch das Bundesgesetz BGBl. I Nr. 194/2022, wird verordnet:
Form der Übermittlung von Steuerdaten
§ 1. (1) Sind dem Abzugsverpflichteten bei den Einkünften im Sinne des § 27 Abs. 4a EStG 1988 der tatsächliche Anschaffungszeitpunkt bzw. die tatsächlichen Anschaffungskosten nicht bekannt, können durch den Steuerpflichtigen diese Steuerdaten nach Maßgabe der folgenden Bestimmungen bekannt gegeben werden.
(2) Folgende Steuerdaten sind dem Abzugsverpflichteten bekannt zu geben:
- 1. das Anschaffungsdatum der Kryptowährung oder, wenn der Erwerb in zeitlicher Aufeinanderfolge erfolgt ist, der Anschaffungszeitraum;
- 2. die Anschaffungskosten der betreffenden Kryptowährung unter Anwendung von § 2;
- 3. die Information, ob seit Erwerb der betreffenden Kryptowährung ein steuerneutraler Tausch im Sinne des § 27b Abs. 3 Z 2 zweiter Satz EStG 1988 erfolgt ist.
(3) Der Abzugsverpflichtete kann Inhalt und Struktur der zu übermittelnden Steuerdaten vorgeben. Dabei kann der Abzugsverpflichtete die Übermittlung durch externe Dienstleister zulassen. Dies gilt nicht, wenn dem Abzugsverpflichteten im Vorhinein Informationen vorliegen, die zu begründeten Zweifeln an den Informationen der genannten externen Dienstleister führen.
(4) Der Abzugsverpflichtete hat die Angaben des Steuerpflichtigen auf deren Plausibilität zu überprüfen, wobei eine standardisierte automatisationsunterstützte Überprüfung erfolgen kann. Der Abzugsverpflichtete kann vom Steuerpflichtigen weitere Nachweise zu den Steuerdaten verlangen, soweit eine standardisierte Überprüfung nicht oder nicht erfolgreich vorgenommen wurde.
Gleitender Durchschnittspreis
§ 2. (1) Bei allen auf einer Kryptowährungsadresse befindlichen Einheiten derselben Kryptowährungen ist sowohl für Zwecke des Kapitalertragsteuerabzuges als auch im Rahmen der Veranlagung bei Erwerb in zeitlicher Aufeinanderfolge der gleitende Durchschnittspreis in Euro als Anschaffungskosten anzusetzen. Werden die Kryptowährungen auf einer Kryptowährungswallet verwahrt, ist der gleitende Durchschnittspreis für alle auf einer Kryptowährungswallet befindlichen Einheiten derselben Kryptowährung anzusetzen; die durch den Abzugsverpflichteten gewählte Bezugsgröße (Kryptowährungsadresse oder Kryptowährungswallet) ist stets auch für die Veranlagung maßgeblich.
(2) Nach § 93 Abs. 4a Z 2 EStG 1988 angesetzte Anschaffungskosten fließen nicht in den gleitenden Durchschnittspreis ein.
(3) Bei Veräußerung von auf derselben Kryptowährungsadresse bzw. Kryptowährungswallet befindlichen Kryptowährungen gelten im Zweifel Kryptowährungen nach Abs. 2 als zuerst veräußert.
Altbestand
§ 3. Befinden sich auf einer Kryptowährungsadresse bzw. Kryptowährungswallet Einheiten derselben Kryptowährung, wobei nicht alle nach dem 28. Februar 2021 angeschafft worden sind (Altbestand), gilt Folgendes:
- 1. Der Steuerpflichtige kann wählen, welche Einheiten der Kryptowährung zuerst veräußert bzw. übertragen werden, oder den Abzugsverpflichteten dazu ermächtigen.
- 2. Im Zweifel gilt die früher erworbene Einheit der Kryptowährung als zuerst veräußert bzw. übertragen.
- 3. Eine im Rahmen des Kapitalertragsteuerabzuges vorgenommene Reihung ist stets auch für die Veranlagung maßgeblich.
Bewertung der laufenden Einkünfte aus Kryptowährungen
§ 4. (1) Bei laufenden Einkünften aus Kryptowährungen (§ 27b Abs. 2 EStG 1988) ist der Wert der bezogenen Kryptowährungen im Zuflusszeitpunkt als Einkünfte und zugleich als deren Anschaffungskosten anzusetzen. Als Wert gilt ein vorhandener Kurswert einer Kryptowährungsbörse. Ist kein Börsenkurs vorhanden, ist der Kurswert eines Kryptowährungshändlers anzusetzen. Ist auch ein solcher Kurs nicht vorhanden, ist der Kurs einer allgemein anerkannten und vom Steuerpflichtigen unabhängigen, webbasierten Liste, die aktuelle Kaufpreise für Kryptowährungen abbildet, anzusetzen; dabei ist das Prinzip der Bewertungsstetigkeit zu beachten. Eine im Rahmen des Kapitalertragsteuerabzuges vorgenommene Bewertung ist stets auch für die Veranlagung maßgeblich.
(2) Kommt es im Rahmen eines Vorgangs zu Zuflüssen von Entgelten aus den laufenden Einkünften aus Kryptowährungen, die öfter als dreimal pro Monat erfolgen, ist als Wert der Kryptowährung der Tagesendkurs am Monatsersten des Monats anzusetzen, in dem der tatsächliche Zufluss erfolgt, sofern nicht der Abzugsverpflichtete eine Bewertung zum tatsächlichen Zuflusszeitpunkt vornimmt. Die im Rahmen des Kapitalertragsteuerabzuges vorgenommene Bewertung ist stets auch für die Veranlagung maßgeblich.
Einstufung als Kryptowährung
§ 5. Der Abzugsverpflichtete hat im Zweifel für Zwecke des Kapitalertragsteuerabzuges davon auszugehen, dass es sich um eine Kryptowährung im Sinne des § 27b Abs. 4 EStG 1988 handelt.
Begriffsbestimmungen
§ 6. Für Zwecke dieser Verordnung bezeichnet der Ausdruck:
- 1. „Kryptowährungsadresse“: eine eindeutige Kennung, die ein mögliches Ziel für eine Kryptowährungstransaktion darstellt.
- 2. „Kryptowährungswallet“: ein Dienst oder eine Applikation, die eine oder mehrere Kryptowährungsadressen als Einheit verwaltet, wobei keine standardisierte Auslesungsmöglichkeit der einzelnen Kryptowährungsadressen vorgesehen ist.
- 3. „Kryptowährungsbörse“: ein Dienstleister, der den Tausch von Kryptowährungen in gesetzlich anerkannte Zahlungsmittel und umgekehrt bzw. in andere Kryptowährungen anbietet, wobei Käufer und Verkäufer der Kryptowährungen unter den Grundsätzen von Angebot und Nachfrage unmittelbar miteinander kontrahieren.
- 4. „Kryptowährungshändler“: ein Dienstleister, der den Tausch von Kryptowährungen in gesetzlich anerkannte Zahlungsmittel und umgekehrt bzw. in andere Kryptowährungen anbietet, wobei Käufer und Verkäufer der Kryptowährungen direkt mit dem Kryptowährungshändler kontrahieren.
Inkrafttreten
§ 7. Diese Verordnung tritt am 1. Jänner 2023 in Kraft, wobei § 2 für sämtliche Einkünfte aus realisierten Wertsteigerungen von Kryptowährungen anzuwenden ist, die nach dem 31. Dezember 2022 zufließen. § 4 Abs. 2 kann bereits für Einkünfte angewendet werden, die vor dem 1. Jänner 2023 zufließen.
Brunner
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