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BGBl II 254/2021

BUNDESGESETZBLATT

FÜR DIE REPUBLIK ÖSTERREICH

254. Geschäftsordnung des Verwaltungsgerichtshofes 2021

254. Geschäftsordnung des Verwaltungsgerichtshofes 2021

Die Vollversammlung des Verwaltungsgerichtshofes hat am 8. Juni 2021 auf Grund des Artikels 136 des Bundes-Verfassungsgesetzes und des § 19 des Verwaltungsgerichtshofgesetzes 1985 beschlossen:

Artikel 1

Leitung

(Zu §§ 8 und 9 VwGG 1985)

(1) Der Präsident/Die Präsidentin kann zu seiner/ihrer Unterstützung in der Besorgung der Leitungsgeschäfte ein Mitglied des Gerichtshofes zum Präsidialvorstand/zur Präsidialvorständin bestellen. Er/Sie kann die Bestellung jederzeit widerrufen.

(2) Der Präsident/Die Präsidentin hat zu bestimmen, wem die Abwicklung des Parteienverkehrs obliegt.

(3) Den Dienstbetrieb in der Geschäftsstelle regelt der Präsident/die Präsidentin.

Artikel 2

Vollversammlung

(Zu §§ 10 und 15 VwGG 1985)

(1) Wird die Vollversammlung zur Beschlussfassung über die Geschäftsverteilung, die Geschäftsordnung oder den Tätigkeitsbericht einberufen, so hat ihr der Präsident/die Präsidentin als Grundlage für die Beratung einen Beschlussentwurf vorzulegen.

(2) Zur Vorbereitung der Beschlussfassung über Dreiervorschläge für die Ernennung von Mitgliedern hat der Präsident/die Präsidentin einen Berichter/eine Berichterin und einen/eine oder mehrere Mitberichter/Mitberichterinnen zu bestellen. Finden die Anträge des Berichters/der Berichterin und der Mitberichter/Mitberichterinnen, die je einen Dreiervorschlag für jeden zu besetzenden Posten zu enthalten haben, und allfällige Gegenanträge anderer Mitglieder keine Mehrheit (§ 15 Abs. 3 VwGG 1985), so ist wie folgt zu verfahren: Die Mitglieder haben zunächst in der Reihenfolge ihres Ranges, zuletzt aber der/die Vorsitzende, jene Person zu benennen, die sie für die erste Stelle des Dreiervorschlages als den geeigneten Bewerber/die geeignete Bewerberin halten. Die Ermittlung des/der in den Vorschlag aufzunehmenden Bewerbers/Bewerberin hat in der Weise zu erfolgen, dass zunächst über die Person, die bei der stattgefundenen Umfrage die meisten Stimmen auf sich vereinigt hat, abgestimmt wird. Wird hiebei keine Mehrheit erzielt, so ist über die Person abzustimmen, die bei der Umfrage die zweithöchste Stimmenzahl erreicht hat. Dieses Verfahren ist fortzusetzen, bis ein Bewerber/eine Bewerberin die erforderliche Mehrheit erhält. Für die zweite und dritte Stelle jedes Vorschlages ist in gleicher Weise zu verfahren.

(3) Der Beschlussentwurf, der Bericht und die Mitberichte sollen spätestens zwei Wochen vor dem Sitzungstag an alle Mitglieder des Gerichtshofes verteilt werden. Auch diese können schriftliche Berichte und Anträge verfassen und verteilen lassen.

(4) Für die Beratung und Abstimmung gilt im Übrigen Art. 5 sinngemäß.

Artikel 3

Beratung und Abstimmung mit Mitteln der Telekommunikation und Beschlussfassung im Umlaufweg in der Vollversammlung

(Zu §§ 10 und 15 VwGG 1985)

(1) Soll unter den Voraussetzungen des § 15 Abs. 7 VwGG 1985 die Beratung und Abstimmung nach Maßgabe der technischen Möglichkeiten mit Mitteln der Telekommunikation durchgeführt oder durch Einholung der Zustimmung der anderen Mitglieder der Vollversammlung im Umlaufweg ersetzt werden, verteilt der Präsident/die Präsidentin den Beschlussentwurf, den Bericht und die Mitberichte an alle Mitglieder des Gerichtshofes mit der Frage, ob sie einer solchen Form widersprechen. Die Frist für einen solchen Widerspruch soll mindestens zwei Wochen betragen.

(2) Verfügt der Präsident/die Präsidentin die Beratung und Abstimmung mit Mitteln der Telekommunikation, gelten Art. 2 Abs. 2 und 3 und Art. 5 sinngemäß.

(3) Verfügt der Präsident/die Präsidentin die Beschlussfassung im Umlaufweg, bestimmt er/sie eine Frist für die Stimmabgabe. Diese kann schriftlich oder elektronisch an eine vom Präsidenten/von der Präsidentin bestimmte Adresse erfolgen. Art. 2 Abs. 2 Satz 1 und Abs. 3 und Art. 5 Abs. 9 gelten sinngemäß. Die Reihenfolge, in der über Anträge und allfällige Gegenanträge anderer Mitglieder abgestimmt wird, bestimmt der Präsident/die Präsidentin, wobei bei der Beschlussfassung über Dreiervorschläge für die Ernennung von Mitgliedern zuerst über die Anträge des Berichters/der Berichterin und der Mitberichter/Mitberichterinnen abzustimmen ist. Jeder Stimmführer/Jede Stimmführerin kann seiner/ihrer Stimmabgabe schriftliche Ausführungen für den Akt anschließen.

Artikel 4

Berichter/Berichterin

(Zu § 14 VwGG 1985)

(1) Der Berichter/Die Berichterin hat über jede entscheidungsreife Rechtssache einen begründeten Beschlussantrag auszuarbeiten und dem/der Vorsitzenden vorzulegen, der/die ihn bei den übrigen Senatsmitgliedern in Umlauf setzt. Sind Mitberichter/Mitberichterinnen bestellt, so ist der Erledigungsentwurf des Berichters/der Berichterin vorerst nur diesen zuzuleiten und von ihnen unter Anschluss ihres Mitberichtes an den Berichter/die Berichterin zurückzuleiten. Bericht und Mitbericht sind sodann samt den Akten dem/der Vorsitzenden vorzulegen, der/die für den Umlauf bei den übrigen Senatsmitgliedern Sorge trägt.

(2) Bis zur Beratung steht es jedem Senatsmitglied frei, dem Bericht oder Mitbericht eine schriftliche Äußerung beizulegen.

(3) Der Zeitpunkt der Verhandlung oder Sitzung ist in der Regel so anzuberaumen, dass für den Umlauf des Berichtes und allenfalls der Mitberichte bei den übrigen Senatsmitgliedern mindestens eine Woche zur Verfügung steht.

(4) Einfache oder dringende Rechtssachen, die ohne Verhandlung erledigt werden können, kann der/die Vorsitzende auf Antrag des Berichters/der Berichterin auch ohne Einhaltung der Vorschriften der Abs. 1 bis 3 im Senat beraten lassen, doch ist die Beratung in diesen Fällen zu vertagen, wenn es ein Senatsmitglied verlangt.

(5) Der Berichter/die Berichterin kann die nach § 14 Abs. 2 VwGG 1985 ohne Beschluss des Senates getroffenen Anordnungen und Entscheidungen vor Abfertigung dem/der Vorsitzenden zur Einsicht vorschreiben.

(6) Schriftliche Anordnungen und Entscheidungen des Berichters/der Berichterin sind von diesem/dieser mit seiner/ihrer Unterschrift zu genehmigen; wurde die Erledigung elektronisch erstellt, kann an die Stelle dieser Unterschrift ein Verfahren zum Nachweis der Identität des/der Genehmigenden und der Authentizität dieser Erledigungen treten.

(7) Die Ausfertigung von schriftlichen Anordnungen und Entscheidungen des Berichters/der Berichterin ist von der Kanzlei unter Wiedergabe des Namens des Berichters/der Berichterin mit dem Vermerk „Für die Richtigkeit der Ausfertigung“ zu beglaubigen. Ausfertigungen in Form von elektronischen Dokumenten müssen mit einer Amtssignatur (§ 19 E-GovG) versehen sein; Ausfertigungen in Form von Ausdrucken von mit einer Amtssignatur versehenen elektronischen Dokumenten oder von Kopien solcher Ausdrucke brauchen keine weiteren Voraussetzungen zu erfüllen.

Artikel 5

Beratung und Abstimmung im Senat

(Zu § 15 VwGG 1985)

(1) Jede Beratung eines Senates beginnt mit dem Vortrag des Berichters/der Berichterin. Nach ihm erhalten die Mitberichter/Mitberichterinnen das Wort. Berichter/Berichterin und Mitberichter/Mitberichterinnen sind für die Richtigkeit und Vollständigkeit ihrer Sachverhaltsdarstellung verantwortlich und haben ihre Vorträge mit je einem begründeten Antrag abzuschließen.

(2) Nach dem Berichter/der Berichterin und den allfälligen Mitberichtern/Mitberichterinnen erhalten die anderen Senatsmitglieder das Wort, und zwar im Allgemeinen in der Reihenfolge, in der sie sich hiezu gemeldet haben, doch sind Bemerkungen und Anträge zur formellen Geschäftsbehandlung außer der Reihe zuzulassen. Der/Die Vorsitzende kann jederzeit in die Beratung eingreifen.

(3) Das Schlusswort gebührt dem Berichter/der Berichterin, nach ihm/ihr etwa bestellten Mitberichtern/Mitberichterinnen.

(4) Jeder Stimmführer/Jede Stimmführerin kann verlangen, dass seine/ihre Ausführungen im wesentlichen Teil wörtlich in die Niederschrift aufgenommen werden. Er/Sie kann auch eine schriftliche Darstellung seiner/ihrer Ausführungen der Niederschrift anschließen.

(5) Der Senat kann, sofern das Gesetz nicht anderes bestimmt (§ 39 Abs. 3 VwGG 1985), nur dann Beschlüsse fassen, wenn seine Mitglieder an der ganzen Beratung, einschließlich einer damit verbundenen Verhandlung, teilgenommen haben.

(6) Die Fragen, über die abgestimmt werden soll, und deren Reihenfolge bestimmt der/die Vorsitzende, doch ist hierüber ein Beschluss des Senates einzuholen, wenn ein Mitglied es verlangt.

(7) Über alle Fragen, die nicht lediglich die Geschäftsbehandlung betreffen, ist die Abstimmung namentlich durchzuführen, wenn nicht Stimmeneinhelligkeit offenkundig ist.

(8) Der über eine Frage gefasste Beschluss bindet bei der weiteren Beratung und Abstimmung alle Mitglieder.

(9) Kein Senatsmitglied ist berechtigt, die abgegebene Stimme zu widerrufen, doch kann der Senat, solange das Erkenntnis oder der Beschluss nicht abgefertigt ist, die Wiederholung der Abstimmung beschließen. Kommt es zu einer Wiederholung der Abstimmung, kann jeder Stimmführer/jede Stimmführerin seine/ihre Stimme auch in anderem Sinn als bei der ersten Abstimmung abgeben.

(10) Bei Erkenntnissen und Beschlüssen ist sowohl über den Spruch als auch über die Begründung abzustimmen.

(11) Der/Die Vorsitzende kann die Beratung und Beschlussfassung im Senat in Fällen, in denen die Abfassung einer in ihren Grundzügen bereits beschlossenen Begründung näher festgelegt werden soll, durch Einholung der Zustimmung der anderen Stimmführer/Stimmführerinnen im Umlaufweg ersetzen.

Artikel 6

Beratung und Abstimmung mit Mitteln der Telekommunikation und Beschlussfassung im Umlaufweg im Senat

(Zu § 15 VwGG 1985)

(1) Der/Die Vorsitzende kann die Verfügung über die Beratung und Abstimmung mit Mitteln der Telekommunikation oder die Beschlussfassung im Umlaufweg, sofern dieser Form nicht die gesetzlich festgelegte Anzahl von Senatsmitgliedern widerspricht (§ 15 Abs. 4 bis 6 VwGG 1985), gemeinsam mit dem Bericht und allfälligen Mitberichten in Umlauf setzen.

(2) Ein Widerspruch gegen die Beratung und Abstimmung mit Mitteln der Telekommunikation oder gegen die Beschlussfassung im Umlaufweg ist gegenüber dem/der Vorsitzenden zu erklären und von diesem/dieser im Akt zu dokumentieren.

(3) Für die Beratung und Abstimmung mit Mitteln der Telekommunikation gilt im Übrigen Art. 5 sinngemäß.

(4) Für die Beschlussfassung im Umlaufweg gilt im Übrigen Art. 5 Abs. 9 und 10 sinngemäß. Jeder Stimmführer/jede Stimmführerin kann seiner/ihrer Stimmabgabe schriftliche Ausführungen für den Akt anschließen.

Artikel 7

Schriftführung

(Zu §§ 11, 15 und 40 Abs. 7 VwGG 1985)

(1) Der Präsident/Die Präsidentin hat für die Vollversammlung und für jeden Senat einen Schriftführer/eine Schriftführerin zu bestimmen und im Fall einer Verhinderung für Ersatz zu sorgen.

(2) Der Schriftführer/Die Schriftführerin hat die Namen und Funktionen der anwesenden Personen sowie den Gang und wesentlichen Inhalt der Verhandlung oder Beratung in einer Niederschrift festzuhalten, in der insbesondere alle bis zum Schluss der Verhandlung oder Beratung aufrechterhaltenen Anträge und alle gefassten Beschlüsse zu verzeichnen sind. Die Niederschrift über Beratungen hat überdies die zur Abstimmung gebrachten Fragen in der Reihenfolge, in der sie gestellt wurden, und das Ergebnis der Abstimmung aufzuweisen. Die Niederschrift ist nach Unterschrift durch den Schriftführer/die Schriftführerin vom/von der Vorsitzenden zu prüfen - nötigenfalls zu verbessern - und mitzufertigen. Wurde die Niederschrift elektronisch erstellt, kann an die Stelle dieser Unterschriften ein Verfahren zum Nachweis der Identität des/der Vorsitzenden und des Schriftführers/der Schriftführerin und der Authentizität der Niederschrift treten.

(3) Für Verhandlungen, die unter Verwendung elektronischer Einrichtungen zur Wort- und Bildübertragung und für Beratungen, die mit Mitteln der Telekommunikation durchgeführt werden, gilt Abs. 2 sinngemäß.

Artikel 8

Evidenzbüro

(Zu § 17 VwGG 1985)

(1) Das Evidenzbüro besteht aus seinem Leiter/seiner Leiterin, juristischen Mitarbeitern/Mitarbeiterinnen (Sachbearbeitern/Sachbearbeiterinnen) sowie vom Präsidenten/von der Präsidentin zugewiesenem Kanzleipersonal.

(2) Das Evidenzbüro hat

  1. a) die bisher ergangenen und künftig ergehenden Erkenntnisse und Beschlüsse des Verwaltungsgerichtshofes zu erfassen, hinsichtlich der darin enthaltenen Rechtsanschauungen auszuwerten und das Ergebnis in übersichtlicher Weise in einer entsprechenden Dokumentation festzuhalten;
  2. b) erforderlichenfalls in gleicher Weise auch für die Erfassung und Auswertung der einschlägigen Erkenntnisse und Beschlüsse des Verfassungsgerichtshofes, des Obersten Gerichtshofes, des Gerichtshofes der Europäischen Union und des Europäischen Gerichtshofes für Menschenrechte sowie des in Betracht kommenden Schrifttums vorzusorgen;
  3. c) die Unterlagen für die vom Leiter/von der Leiterin des Evidenzbüros gemäß § 17 Abs. 2 VwGG 1985 zu erstattenden Berichte vorzubereiten;
  4. d) alle in seinen Geschäftsbereich fallenden Anfragen von Mitgliedern des Gerichtshofes umgehend zu beantworten und
  5. e) ab einem vom Präsidenten/von der Präsidentin zu bestimmenden Zeitpunkt und auf eine in der für das Evidenzbüro zu erlassenden Dienstanweisung (Abs. 5) zu regelnde Art für eine Unterrichtung der Mitglieder des Gerichtshofes über die in Betracht kommende Rechtsprechung und das einschlägige Schrifttum von Amts wegen zu sorgen.

(3) Es sind Einrichtungen zu treffen, die die Mitwirkung der Mitglieder des Gerichtshofes, insbesondere der an der Beschlussfassung beteiligten Mitglieder des jeweiligen Senates, bei der Evidenthaltung der laufend ergehenden Erkenntnisse und Beschlüsse ermöglichen.

(4) Zur Unterstützung des Leiters/der Leiterin des Evidenzbüros bei der Kontrolle der Erfassungsarbeiten können Mitglieder des Gerichtshofes bestellt werden.

(5) Das Nähere darüber, wie die Geschäfte zwischen den einzelnen mit Aufgaben des Evidenzbüros betrauten Personen und dessen Geschäftsstelle zu verteilen, welche Einrichtungen zu schaffen sind, und welchen Anforderungen die einzelnen Geschäftsvorgänge in formeller Hinsicht zu entsprechen haben, hat der Präsident/die Präsidentin auf Vorschlag des Leiters/der Leiterin des Evidenzbüros zu verfügen.

Artikel 9

Tätigkeitsbericht

(Zu § 20 VwGG 1985)

Die Vorsitzenden haben dem Präsidialvorstand/der Präsidialvorständin laufend entsprechende Wahrnehmungen bekanntzugeben, die für den Tätigkeitsbericht in Betracht kommen; auch den übrigen Mitgliedern des Gerichtshofes stehen entsprechende Mitteilungen frei. Über die Mitteilungen hat der Präsidialvorstand/die Präsidialvorständin einen Vormerk zu führen.

Artikel 10

Parteien

(Zu §§ 21 bis 24 VwGG 1985)

(1) Die Vollmacht zur Vertretung einer Partei bei einer Verhandlung ist spätestens bei Beginn der Verhandlung auszuweisen, soweit die Berufung auf eine erteilte Vollmacht nicht ausreicht.

(2) Bei der Verhandlung unter Verwendung technischer Einrichtungen zur Wort- und Bildübertragung kann der Ausweis der Vollmacht zur Vertretung einer Partei in einer für diese Form der Verhandlung geeigneten Weise erfolgen.

Artikel 11

Akteneinsicht

(Zu §§ 25 und 30c VwGG 1985)

(1) Soweit die Akten nicht elektronisch geführt werden, steht die Akteneinsicht den Parteien in der Regel nur bis zum achten Tag vor der Verhandlung offen.

(2) In berücksichtigungswürdigen Fällen kann der Berichter/die Berichterin die Akten auf Antrag einer Partei zur Erleichterung der Einsicht einer Behörde des Bundes oder eines Landes oder dem Magistrat einer Stadt mit eigenem Statut unter Setzung einer Frist für die Rückstellung übersenden. Von der Übersendung hat er/sie auch die anderen Parteien zu verständigen. Die von der Einsicht ausgeschlossenen Aktenteile sind zurückzubehalten.

(3) Wird ein Akt oder ein Aktenteil elektronisch geführt und Akteneinsicht auf elektronischem Weg verlangt, muss die Partei ihre Identität in geeigneter Weise nachweisen.

Artikel 12

Verhandlungen

(Zu §§ 39 und 40 VwGG 1985)

(1) Die Verhandlungen sind in der Regel mindestens vier Wochen vor dem Verhandlungstag anzuberaumen und kundzumachen.

(2) Der Vortrag des Berichters/der Berichterin hat den aus den Akten des Verwaltungsverfahrens oder des Verwaltungsgerichtes ersichtlichen Sachverhalt, soweit er für die Entscheidung von Belang sein kann, die Anträge der Partei und das Ergebnis etwa gepflogener Erhebungen wiederzugeben. Rechtsausführungen, die in den Schriftsätzen des Verfahrens vor dem Verwaltungsgerichtshof enthalten sind, sind nur zu verlesen, wenn sie von einer abwesenden Partei stammen oder es eine anwesende Partei verlangt.

(3) Nach dem Vortrag des Berichters/der Berichterin werden der Revisionswerber/die Revisionswerberin bzw. der Antragsteller/die Antragstellerin oder sein/ihr Vertreter bzw. seine/ihre Vertreterin, dann die sonstigen Parteien oder ihre Vertreter/Vertreterinnen gehört. Befinden sich auf einer Seite mehrere, nicht gemeinsam vertretene Parteien, so bestimmt der/die Vorsitzende die Reihenfolge, in der sie zu Worte kommen. Nach Erfordernis sind die Parteien oder ihre Vertreter/Vertreterinnen in der gleichen Ordnung zu weiteren Äußerungen zuzulassen.

(4) Wenn eine Partei es zur Wahrung ihrer Rechte verlangt, sind in der Niederschrift über die Verhandlung bestimmte Vorgänge im Einzelnen festzuhalten und abgegebene Äußerungen wörtlich aufzunehmen.

(5) Zeigt sich bei der Beratung, dass für das Erkenntnis oder den Beschluss Umstände von Bedeutung sind, die bei der Verhandlung nicht erwähnt wurden, so ist die Verhandlung zur Vornahme der entsprechenden Feststellungen wieder aufzunehmen.

Artikel 13

Verhandlungen unter Verwendung geeigneter technischer Einrichtungen zur Wort- und Bildübertragung

(Zu § 40 VwGG 1985)

(1) Die Verhandlung kann mit Einverständnis aller Parteien nach Maßgabe der technischen Möglichkeiten unter Verwendung geeigneter technischer Einrichtungen zur Wort- und Bildübertragung durchgeführt werden. Es können auch nur einzelne Personen in dieser Form an der Verhandlung teilnehmen.

(2) Die Öffentlichkeit der Verhandlung (§ 40 VwGG) ist in geeigneter Form sicherzustellen, etwa durch die Übertragung der Verhandlung in einen Verhandlungssaal.

(3) Im Übrigen gilt Art. 12 sinngemäß.

Artikel 14

Prüfung des angefochtenen Erkenntnisses/Beschlusses

(Zu § 41 VwGG 1985)

Der Beschluss über die bei Zutreffen der Voraussetzungen des § 41 zweiter Satz VwGG 1985 an die Parteien zu richtende Aufforderung, sich zu den neuen Gründen zu äußern, die für die Entscheidung maßgebend sein könnten, kann in jeder Lage des Verfahrens gefasst werden; wird er nach Schluss der Verhandlung gefasst, so ist die Verhandlung wieder aufzunehmen, wenn die Parteien nicht auf die Wiederaufnahme verzichten.

Artikel 15

Erkenntnisse und sonstige Erledigungen

(Zu §§ 14, 42 bis 44 VwGG 1985)

(1) Die Urschrift des Erkenntnisses ist mit dem Tag zu beurkunden, an dem es beschlossen wurde. Bei Umlaufbeschlüssen (§ 15 Abs. 4 bis 6 VwGG 1985) ist der Tag der Beurkundung durch den Vorsitzenden/die Vorsitzende maßgeblich. Im Erkenntnis sind die Namen der Senatsmitglieder und des Schriftführers/der Schriftführerin, der Parteien, ferner auch Name und Anschrift der bevollmächtigten Vertreter/Vertreterinnen der Revisionswerber/Revisionswerberinnen bzw. Antragsteller/Antragstellerinnen und der mitbeteiligten Parteien anzuführen.

(2) Die Ausarbeitung des Erkenntnisses obliegt, wenn es dem Antrag des Berichters/der Berichterin entspricht, diesem/dieser, sonst dem Senatsmitglied, dessen Antrag zum Beschluss erhoben wurde, es sei denn, dass sie auch in diesem Fall der Berichter/die Berichterin oder mit Zustimmung des/der Vorsitzenden ein anderes Senatsmitglied übernimmt.

(3) In der Begründung des Erkenntnisses ist auch der für die Beurteilung des Falles maßgebende Sachverhalt darzustellen.

(4) Verweist ein Erkenntnis in seinen Entscheidungsgründen auf die Begründung eines früheren, nicht veröffentlichten Erkenntnisses, so ist den Parteien eine schriftliche Ausfertigung des bezogenen Vorerkenntnisses zuzustellen, wenn sie dies binnen zwei Wochen nach Zustellung des Erkenntnisses in ihrer eigenen Rechtssache verlangen.

(5) Der/Die Vorsitzende hat die Übereinstimmung der Erkenntnisse mit den Ergebnissen der Beratung und Abstimmung zu überprüfen und auf die größtmögliche Gleichmäßigkeit von Form und Ausdruck in den Erkenntnissen des Gerichtshofes hinzuwirken. Wesentliche Änderungen in der Begründung der Erkenntnisse, die der/die Vorsitzende des Senates vornimmt, bedürfen der Zustimmung des Senates.

(6) Kommt nach Absendung der Ausfertigung eines Erkenntnisses an eine Partei eine Abweichung der Erkenntnisausfertigung vom Ergebnis der Beratung und Abstimmung des Senates oder der Urschrift des Erkenntnisses hervor, so beschließt der Senat auf Antrag eines Mitgliedes die Berichtigung der Erkenntnisausfertigung. Die Berichtigung von Schreibfehlern und von solchen Rechenfehlern, die das Erkenntnis dem Grunde nach nicht berühren, kann auch der/die Vorsitzende mit Zustimmung des Berichters/der Berichterin verfügen. Zur Durchführung der Berichtigung sind den Parteien Ausfertigungen mit einem Hinweis auf die Berichtigung zuzustellen.

(7) Die Grundsätze des Abs. 1 Satz 1 und 2 sowie der Abs. 2 bis 6 sind auch auf Beschlüsse anzuwenden.

(8) Ist der/die Vorsitzende verhindert, das Erkenntnis oder den Beschluss zu unterfertigen, so verfügt der Präsident/die Präsidentin, insoweit dies für den ordnungsgemäßen Geschäftsgang notwendig ist, die Unterfertigung durch das rangälteste Mitglied des erkennenden Senates.

(9) Ist der Berichter/die Berichterin oder ein anderes Mitglied des erkennenden Senates an der ihm/ihr obliegenden schriftlichen Abfassung eines bereits beschlossenen Erkenntnisses oder Beschlusses verhindert, so verfügt der Präsident/die Präsidentin, insoweit dies für den ordnungsgemäßen Geschäftsgang notwendig ist, die Abfassung des Erkenntnisses oder Beschlusses durch ein anderes Mitglied des erkennenden Senates.

(10) Ist der Schriftführer/die Schriftführerin verhindert, so bestellt der Präsident/die Präsidentin einen anderen Schriftführer/eine andere Schriftführerin.

(11) Alle Erledigungen sind als solche des Gerichtshofes auszufertigen.

(12) Dem Entwurf der Erledigung hat bei Erkenntnissen und Beschlüssen der Senate der Schriftführer/die Schriftführerin, sonst der Berichter/die Berichterin, eine Zustellverfügung beizusetzen.

Artikel 16

Inkrafttreten

Diese Geschäftsordnung tritt mit 1. Juli 2021 in Kraft. Gleichzeitig tritt die Geschäftsordnung des Verwaltungsgerichtshofes, BGBl. II Nr. 1/2014 in der Fassung BGBl. II Nr. 43/2018, außer Kraft.

Thienel

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