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BGBl II 157/2018

BUNDESGESETZBLATT

FÜR DIE REPUBLIK ÖSTERREICH

157. Verordnung: Polsterer/Polsterin-Ausbildungsordnung

157. Verordnung der Bundesministerin für Digitalisierung und Wirtschaftsstandort über die Berufsausbildung im Lehrberuf Polsterer/Polsterin (Polsterer/Polsterin-Ausbildungs-ordnung)

Auf Grund der §§ 8 und 24 des Berufsausbildungsgesetzes (BAG), BGBl. Nr. 142/1969, zuletzt geändert durch das Bundesgesetz BGBl. I Nr. 154/2017, wird verordnet:

Lehrberuf Polsterer/Polsterin

§ 1. (1) Der Lehrberuf Polsterer/Polsterin ist mit einer Lehrzeit von drei Jahren eingerichtet.

(2) In den Lehrverträgen, Lehrzeugnissen, Lehrabschlussprüfungszeugnissen und Lehrbriefen ist der Lehrberuf in der dem Geschlecht des Lehrlings entsprechenden Form (Polsterer oder Polsterin) zu bezeichnen.

Berufsprofil

§ 2. Durch die Berufsausbildung im Lehrbetrieb und in der Berufsschule soll der im Lehrberuf Polsterer/Polsterin ausgebildete Lehrling befähigt werden, die nachfolgenden Tätigkeiten fachgerecht, selbständig und eigenverantwortlich ausführen zu können:

  1. 1. Ausmessen von Möbeln und Ermitteln des Materialbedarfes,
  2. 2. Entwickeln von eigenen Gestaltungsideen unter Berücksichtigung von Muster, Form und Farbe,
  3. 3. auftragsbezogenes Auswählen sowie Zuschneiden von Werk- und Hilfsstoffen,
  4. 4. Ausführen von Näharbeiten mit Hand und Maschine an unterschiedlichen Werkstoffen,
  5. 5. Einbringen von Federkernen und/oder Schaumstoffkombinationen,
  6. 6. Aufbauen von klassischen Polstermöbeln durch Begurten, Federstellen, Schnüren, Füllen, Garnieren, Pikieren, Beziehen mit Bezugsstoffen (Möbelstoffe, Kunstleder, Leder usw.), Ausführen von Abschlussarbeiten,
  7. 7. Aufbauen von modernen Polstermöbeln durch Begurten, Einbringen von Federkernen und/oder Schaumstoffkombinationen, Bepolstern sowie Beziehen mit Bezugsstoff, Ausführen von Abschlussarbeiten,
  8. 8. Reparieren von Polstermöbeln,
  9. 9. Ausführen von Arbeiten unter Berücksichtigung der einschlägigen Sicherheits- und Umwelt-schutzvorschriften sowie von Normen und Qualitätsstandards.

Berufsbild

§ 3. (1) Für die Ausbildung im Lehrberuf Polsterer/Polsterin wird folgendes Berufsbild festgelegt. Die angeführten Fertigkeiten und Kenntnisse sind spätestens in dem jeweils angeführten Lehrjahr beginnend derart zu vermitteln, dass der Lehrling zur Ausübung qualifizierter Tätigkeiten im Sinne des Berufsprofils befähigt wird, die insbesondere selbstständiges Planen, Durchführen, Kontrollieren und Optimieren einschließt.

(2) Bei der Vermittlung sämtlicher Berufsbildpositionen ist den Bestimmungen des Kinder- und Jugendlichen-Beschäftigungsgesetzes 1987 (KJBG), BGBl. Nr. 599/1987, und der KJBG-VO, BGBl. II Nr. 436/1998, zu entsprechen.

Pos.

1. Lehrjahr

2. Lehrjahr

3. Lehrjahr

1.

Kenntnis der Betriebs- und Rechtsform des Lehrbetriebes

-

-

2.

Kenntnis des organisatorischen Aufbaus und der Aufgaben und Zuständigkeiten der einzelnen Betriebsbereiche

-

3.

Einführung in die Aufgaben, die Branchenstellung und das Angebot des Lehrbetriebs

Kenntnis der Marktposition und des Kundenkreises des Lehrbetriebes

4.

Fachübergreifende Ausbildung (Schlüsselqualifikationen)
In der Art der Vermittlung der fachlichen Kenntnisse und Fertigkeiten ist auf die Förderung folgender fachübergreifender Kompetenzen des Lehrlings Bedacht zu nehmen:

4.1

Methodenkompetenz, zB Lösungsstrategien entwickeln, Informationen selbstständig beschaffen, auswählen und strukturieren, Entscheidungen treffen etc.

4.2

Soziale Kompetenz, zB in Teams arbeiten, Mitarbeiter/innen führen etc.

4.3

Personale Kompetenz, zB Selbstvertrauen und Selbstbewusstsein, Bereitschaft zur Weiterbildung, Bedürfnisse und Interessen artikulieren etc.

4.4

Kommunikative Kompetenz, zB mit Kunden/innen, Vorgesetzten, Kollegen/innen und anderen Personengruppen zielgruppengerecht kommunizieren; Englisch auf branchen- und betriebsüblichem Niveau zum Bestreiten von Alltags- und Fachgesprächen beherrschen

4.5

Arbeitsgrundsätze, zB Sorgfalt, Zuverlässigkeit, Verantwortungsbewusstsein, Pünktlichkeit etc.

4.6

Kundenorientierung: Im Zentrum aller Tätigkeiten im Betrieb hat die Orientierung an den Bedürfnissen der Kunden/innen unter Berücksichtigung der Sicherheit zu stehen

5.

Ergonomisches Gestalten des Arbeitsplatzes

6.

Kenntnis der Werk- und Hilfsstoffe, ihrer Eigenschaften, Lagerung, Bearbeitungs- und Verarbeitungsmöglichkeiten sowie deren Verwendungsmöglichkeiten

7.

Handhaben und Instandhalten sowie funktionsgerechtes Anwenden der zu verwendenden Werkzeuge, Maschinen, Geräte und Arbeitsbehelfe

8.

Grundkenntnisse der Farbenlehre (Farbtechnologie), Farbordnungssysteme und Farbpsychologie

9.

Führen von Gesprächen mit Vorgesetzten, Kollegen, Kunden und Lieferanten unter Beachtung der fachgerechten Ausdrucksweise

10.

Erstellen von Skizzen und Zeichnungen auch unter Verwendung von im Betrieb vorhandenen rechnergestützten Systemen

11.

-

Lesen von einschlägigen Werkzeichnungen

12.

-

-

Entwickeln von eigenen Gestaltungsideen unter Berücksichtigung von Muster, Form und Farbe

13.

-

Ausmessen von Möbeln und Ermitteln des Materialbedarfes

14.

Anfertigen von Schablonen speziell auch für die Serienfertigung

15.

Kenntnis über die Produktionsabläufe in der Serienfertigung

16.

Kenntnis der Bezugsmaterialien, ihrer Eigenschaften, Lagerung, Bearbeitungs- und Verarbeitungsmöglichkeiten sowie deren Verwendungsmöglichkeiten in der Serienfertigung

17.

Materialgerechtes Lagern sowie auftragsbezogenes Auswählen von Werk- und Hilfsstoffen

18.

Zuschneiden von Stoffen und anderen Hilfsmaterialien

19.

Ausführen von Näharbeiten von Hand an unterschiedlichen Werkstoffen

Ausführen von Näharbeiten mit Maschine (wie Einnähen von Kedern und Reißverschlüssen) an unterschiedlichen Werkstoffen

20.

Kenntnis der Arten und des Aufbaus von Polstermöbeln

-

21.

Begurten, Füllen/Schoppen und Garnieren

Aufbauen von klassischen Polstermöbeln durch Begurten, Federstellen, Schnüren, Füllen/Schoppen, Garnieren, Pikieren, Beziehen mit Bezugsstoffen (Möbelstoffe, Kunstleder, Leder usw.), Ausführen von Abschlussarbeiten

22.

Einbringen von Federkernen und/oder Schaumstoffkombinationen auch mittels Klebearbeiten

Aufbauen von modernen Polstermöbeln durch Begurten, Einbringen von Federkernen und/oder Schaumstoffkombinationen, Bepolstern sowie Beziehen mit Bezugsstoffen (Möbelstoffe, Kunstleder, Leder usw.), Ausführen von Abschlussarbeiten

23.

-

Reparieren von Polstermöbeln

24.

Beziehen und Herstellen von Bettwaren

-

25.

-

-

Kontrollieren und Prüfen der durchgeführten Arbeiten auf Fehler sowie Beseitigen der Fehler im Anlassfall

26.

-

-

Ausfüllen von Ausmaß- und Arbeitsbestätigungen

27.

Kenntnis der Qualitätssicherung einschließlich der Reklamationsbearbeitung und Durchführung von betriebsspezifischen, qualitätssichernden Maßnahmen

28.

Grundkenntnisse der betrieblichen Kosten, deren Beeinflussbarkeit und deren Auswirkungen

-

29.

Kenntnis der sich aus dem Lehrvertrag ergebenden Verpflichtungen (§§ 9 und 10 BAG)

30.

Kenntnis über Inhalt und Ziel der Ausbildung sowie über wesentliche einschlägige Weiterbildungsmöglichkeiten

31.

Die für den Lehrberuf relevanten Maßnahmen und Vorschriften zum Schutz der Umwelt: Grundkenntnisse der betrieblichen Maßnahmen zum sinnvollen Energieeinsatz im berufs-relevanten Arbeitsbereich; Grundkenntnisse der im berufsrelevanten Arbeitsbereich anfallenden Reststoffe und über deren Trennung, Verwertung sowie über die Entsorgung des Abfalls

32.

Kenntnis der einschlägigen Sicherheitsvorschriften und Normen sowie der einschlägigen Vorschriften zum Schutz des Lebens und der Gesundheit

33.

Grundkenntnisse der arbeitsrechtlichen Gesetze, insbesondere des KJBG (samt KJBG-VO), des ASchG und des GlBG

Lehrabschlussprüfung

Gliederung

§ 4. (1) Die Lehrabschlussprüfung gliedert sich in eine theoretische und in eine praktische Prüfung.

(2) Die theoretische Prüfung umfasst die Gegenstände Fachkunde, Angewandte Mathematik und Fachzeichnen.

(3) Die theoretische Prüfung entfällt, wenn der/die Prüfungskandidat/in das Erreichen des Lehrziels der letzten Klasse der fachlichen Berufsschule oder den erfolgreichen Abschluss einer die Lehrzeit ersetzenden berufsbildenden mittleren oder höheren Schule nachgewiesen hat.

(4) Die praktische Prüfung umfasst die Gegenstände Prüfarbeit und Fachgespräch.

Theoretische Prüfung

Allgemeine Bestimmungen

§ 5. (1) Die theoretische Prüfung hat schriftlich zu erfolgen. Sie kann für eine größere Anzahl von Prüfungskandidaten/innen gemeinsam durchgeführt werden, wenn dies ohne Beeinträchtigung des Prüfungsablaufes möglich ist. Die theoretische Prüfung kann auch in rechnergestützter Form erfolgen, wobei jedoch alle wesentlichen Schritte für die Prüfungskommission nachvollziehbar sein müssen.

(2) Die theoretische Prüfung ist grundsätzlich vor der praktischen Prüfung abzuhalten.

(3) Die Aufgaben haben nach Umfang und Niveau dem Zweck der Lehrabschlussprüfung und den Anforderungen der Berufspraxis zu entsprechen. Sie sind den Prüfungskandidaten/innen anlässlich der Aufgabenstellung getrennt zu erläutern.

Fachkunde

§ 6. (1) Die Prüfung hat die stichwortartige Beantwortung von Fragen aus sämtlichen nachstehenden Bereichen zu umfassen:

  1. 1. Werkstoffe,
  2. 2. Hilfsstoffe,
  3. 3. Werkzeuge,
  4. 4. Maschinen,
  5. 5. Arbeitsverfahren.

(2) Die Prüfung kann auch in programmierter Form mit Fragebögen geprüft werden. In diesem Fall sind aus jedem Bereich fünf Aufgaben zu stellen.

(3) Die Aufgaben sind so zu stellen, dass sie in der Regel in 60 Minuten durchgeführt werden können.

(4) Die Prüfung ist nach 80 Minuten zu beenden.

Angewandte Mathematik

§ 7. (1) Die Prüfung hat Aufgaben aus sämtlichen nachstehenden Bereichen zu umfassen:

  1. 1. Flächenberechnung,
  2. 2. Masseberechnung,
  3. 3. Prozentrechnung,
  4. 4. Materialbedarfsrechnung,
  5. 5. Zuschnittsberechnung.

(2) Die Verwendung von Rechenbehelfen, Formeln und Tabellen ist zulässig.

(3) Die Aufgaben sind so zu stellen, dass sie in der Regel in 60 Minuten durchgeführt werden können.

(4) Die Prüfung ist nach 80 Minuten zu beenden.

Fachzeichnen

§ 8. (1) Die Prüfung hat die Anfertigung einer Werkzeichnung eines Polstermöbels nach Angabe zu umfassen.

(2) Die Aufgabe ist so zu stellen, dass sie in der Regel in 90 Minuten durchgeführt werden kann.

(3) Die Prüfung ist nach 105 Minuten zu beenden.

Praktische Prüfung

Prüfarbeit

§ 9. (1) Die Prüfung im Gegenstand Prüfarbeit hat nach Angabe der Prüfungskommission folgende Aufgaben zu umfassen:

  1. 1. Das Anfertigen des Sitzes eines Polstermöbels, wobei folgende Fertigkeiten nachzuweisen sind: Begurten, Einbringen eines Federnkerns, Polsterarbeiten und Klebearbeiten mit Schaumstoffen, Näharbeiten, Einnähen eines Keders sowie Bezugsarbeiten mit einem gemusterten Möbelstoff oder Kunstleder.
  2. 2. Das Anfertigen der Lehne eines Polstermöbels, wobei folgende Fertigkeiten nachzuweisen sind: Anfertigen von Schablonen, Näharbeiten, Einnähen eines Reißverschlusses.

(2) Die Prüfungskommission hat unter Bedachtnahme auf den Zweck der Lehrabschlussprüfung und die Anforderungen der Berufspraxis jedem Prüfungskandidaten/jeder Prüfungskandidatin eine Prüfarbeit zu stellen, die in der Regel in sieben Arbeitsstunden ausgeführt werden kann.

(3) Die Prüfung im Gegenstand Prüfarbeit ist nach acht Arbeitsstunden zu beenden.

(4) Für die Bewertung im Gegenstand Prüfarbeit sind folgende Kriterien maßgebend:

  1. 1. fachgerechte Arbeitsweise,
  2. 2. Maßhaltigkeit und Sauberkeit,
  3. 3. fachgerechte Ausführung,
  4. 4. fachgerechtes Verwenden der richtigen Werkzeuge, Geräte und Maschinen.

Fachgespräch

§ 10. (1) Das Fachgespräch ist vor der gesamten Prüfungskommission abzulegen.

(2) Das Fachgespräch hat sich aus der praktischen betrieblichen Tätigkeit heraus zu entwickeln. Hierbei ist unter Verwendung von Fachausdrücken das praktische Wissen des Prüfungskandidaten/der Prüfungskandidatin festzustellen. Der Prüfungskandidat/die Prüfungskandidatin hat fachbezogene Probleme und deren Lösungen darzustellen, die für den Auftrag relevanten fachlichen Hintergründe aufzuzeigen und die Vorgehensweise bei der Ausführung des Auftrags zu begründen. Die Prüfung ist in Form eines möglichst lebendigen Gesprächs mit Gesprächsvorgabe durch Schilderung von Situationen und Problemen zu führen.

(3) Die Themenstellung hat dem Zweck der Lehrabschlussprüfung und den Anforderungen der Berufspraxis des Prüfungskandidaten/der Prüfungskandidatin zu entsprechen. Hierbei sind einschlägige Schautafeln, Materialien, Werkzeuge und Demonstrationsobjekte heranzuziehen. Fragen über einschlägige Sicherheitsvorschriften, Schutzmaßnahmen und Unfallverhütung sowie über einschlägige Umweltschutzmaßnahmen und Entsorgungsmaßnahmen sind mit einzubeziehen.

(4) Das Fachgespräch soll für jeden Prüfungskandidaten/jede Prüfungskandidatin 20 Minuten dauern. Eine Verlängerung um höchstens zehn Minuten hat im Einzelfall zu erfolgen, wenn der Prüfungskommission ansonsten eine zweifelsfreie Bewertung der Leistung des Prüfungskandidaten/der Prüfungskandidatin nicht möglich ist.

Wiederholungsprüfung

§ 11. (1) Die Lehrabschlussprüfung kann wiederholt werden.

(2) Bei der Wiederholung der Prüfung sind nur die mit „Nicht genügend“ bewerteten Prüfungsgegenstände zu prüfen.

Inkrafttreten und Schlussbestimmungen

§ 12. (1) Diese Verordnung tritt mit 1. Juni 2018 in Kraft.

(2) Die Ausbildungsvorschriften für den Lehrberuf Polsterer, BGBl. Nr. 430/1972, zuletzt geändert durch die Verordnung BGBl. II Nr. 177/2005, treten unbeschadet Abs. 4 mit Ablauf des 31. Mai 2018 außer Kraft.

(3) Die Prüfungsordnung für den Lehrberuf Polsterer, BGBl. Nr. 578/1974, tritt unbeschadet Abs. 4 mit Ablauf des 31. Mai 2018 außer Kraft.

(4) Lehrlinge, die am 31. Mai 2018 im Lehrberuf Polsterer ausgebildet werden, können gemäß den in Abs. 2 angeführten Ausbildungsvorschriften bis zum Ende der vereinbarten Lehrzeit weiter ausgebildet werden und können bis ein Jahr nach Ablauf der vereinbarten Lehrzeit zur Lehrabschlussprüfung gemäß der in Abs. 3 angeführten Prüfungsordnung antreten.

(5) Die Lehrzeiten, die im Lehrberuf Polsterer gemäß den in Abs. 2 angeführten Ausbildungsvorschriften zurückgelegt wurden, sind auf die Lehrzeit im Lehrberuf Polsterer/Polsterin gemäß dieser Verordnung voll anzurechnen.

Schramböck

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