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BGBl II 97/2015

BUNDESGESETZBLATT

FÜR DIE REPUBLIK ÖSTERREICH

97. Verordnung: Kleine Versicherungsunternehmen Kapitalanlageverordnung – kVU-KAV

97. Verordnung der Finanzmarktaufsichtsbehörde (FMA) über Kapitalanlagen kleiner Versicherungsunternehmen (kleine Versicherungsunternehmen Kapitalanlageverordnung – kVU-KAV)

Auf Grund des § 90 Abs. 3 des Versicherungsaufsichtsgesetzes 2016 – VAG 2016, BGBl. I Nr. 34/2015, wird verordnet:

Anwendungsbereich

§ 1. Diese Verordnung gilt für kleine Versicherungsunternehmen gemäß § 5 Z 3 VAG 2016.

Grundsätze der Kapitalanlage

§ 2. (1) Kleine Versicherungsunternehmen haben bei der Auswahl der Vermögenswerte gemäß § 90 Abs. 1 VAG 2016 auf Sicherheit, Rentabilität und den Bedarf an flüssigen Mitteln sowie auf eine angemessene Mischung und Streuung Bedacht zu nehmen. Ebenso ist auf die mit den Vermögenswerten verbundenen Risiken, insbesondere auf eine ausreichende Bonität des Emittenten oder des Vertragspartners zu achten. Eine angemessene Risikoüberwachung ist sicherzustellen und zu dokumentieren.

(2) Einmal ausnutzbare Darlehen, Guthaben und Forderungen dürfen nur herangezogen werden, wenn der Schuldner, der Bürge und bei treuhändiger Verwaltung der Treuhänder auf jedes Aufrechnungs- und Zurückbehaltungsrecht schriftlich verzichtet haben,

(3) Wertpapiere dürfen nur herangezogen werden, wenn der Verwahrer auf jedes Aufrechnungs- und Zurückbehaltungsrecht schriftlich verzichtet hat und die Haftung des Verwahrers oder des Zwischenverwahrers für das Verschulden von Drittverwahrern vertraglich weder beschränkt noch ausgeschlossen ist. Wertpapiere sind bei einem Kredit- oder Finanzinstitut, welches in einem Mitgliedstaat gemäß § 5 Z 11 VAG 2016 zum Betrieb des Depotgeschäftes berechtigt ist (Verwahrer), zu hinterlegen, wobei sicherzustellen ist, dass die jeweils hinterlegten Wertpapiere beim Verwahrer ein Sondervermögen darstellen, das im Falle eines Konkursverfahrens des Verwahrers eine Sondermasse bildet.

(4) Vermögenswerte gemäß Abs. 1 dürfen nur dann herangezogen werden, wenn sichergestellt ist, dass Tilgungen und Rücklösungen auf ein Bankkonto, für das die Bank gegenüber dem kleinen Versicherungsunternehmen auf jedes Aufrechnungs- und Zurückbehaltungsrecht schriftlich verzichtet hat, eingehen.

(5) Vermögenswerte, sofern sie keiner Depotpflicht unterliegen, sind ausreichend sicher zu verwahren.

Geeignete Vermögenswerte

§ 3. (1) Folgende Vermögenswerte gemäß § 2 sind für die Kapitalanlage kleiner Versicherungsunternehmen geeignet:

  1. 1. In Euro denominierte, nicht nachrangige Schuldverschreibungen, welche ein „Investment Grade“ Rating einer Ratingagentur gemäß der Verordnung (EG) Nr. 1060/2009 über Ratingagenturen, ABl. Nr. L 302 vom 17.11.2009 S. 1 zuletzt geändert durch die Richtlinie 2014/51/EU , ABl. Nr. L 153 vom 22.05.2014 S. 1, verfügen oder welche, die bei Fehlen eines Ratings eine stabile Ertrags- und Vermögenslage des Emittenten durch interne Kennzahlen aufweisen:
    1. a) Schuldverschreibungen eines Mitgliedstaats, einer Gebietskörperschaft eines Mitgliedstaats, sowie Wertpapiere, für deren Rückzahlung und Verzinsung ein Mitgliedstaat oder Gebietskörperschaft eines Mitgliedstaats haftet;
    2. b) Schuldverschreibungen von Unternehmen mit Sitz in einem Mitgliedstaat sowie Schuldverschreibungen von supranationalen Organisationen, die zum Handel an einem geregelten Markt gemäß § 1 Abs. 2 des Börsegesetzes 1989 (BörseG), BGBl. Nr. 555 zugelassen sind;
    3. c) sonstige Schuldverschreibungen von Unternehmen mit Sitz in einem Mitgliedstaat, sowie Schuldverschreibungen von supranationalen Organisationen, die binnen angemessener Frist veräußert werden können.

    Nicht für die Kapitalanlage geeignet sind strukturierte Schuldverschreibungen, bei denen die Rückzahlung des Nominalbetrages nicht zur Gänze garantiert ist oder der Rückzahlungsbetrag bedingungsgemäß auf Grund einer optionalen Komponente nicht im Vorhinein bestimmbar ist sowie Finanzinstrumente, in die ein Derivat eingebettet ist oder die eine Struktur enthalten, die es dem Kunden erschwert, die damit einhergehenden Risiken zu verstehen;

  2. 2. In Euro denominierte Aktien und andere Anteile mit schwankendem Ertrag:
    1. a) von Unternehmen, die an einem geregelten Markt gemäß § 1 Abs. 2 BörseG notieren;
    2. b) an Kapitalgesellschaften mit Sitz in einem Mitgliedstaat;
    3. c) Anteils- und verbriefte Genussrechte an Kapitalgesellschaften mit Sitz in einem Mitgliedstaat, deren Hauptzweck der Erwerb von Liegenschaften und in einem öffentlichen Buch eingetragenen liegenschaftsgleichen Rechten, die einen Ertrag abwerfen oder erwarten lassen, die Errichtung von Gebäuden auf diesen Liegenschaften und die Verwaltung dieser Liegenschaften ist, sofern der Wert der Liegenschaften oder liegenschaftsgleichen Rechte zum Zeitpunkt des Erwerbs durch ein Schätzgutachten eines allgemein beeideten gerichtlichen Sachverständigen nachgewiesen ist;
  3. 3. In Euro denominierte Anteile an Kapitalanlagefonds, die unter eine der folgenden Kategorien fallen:
    1. a) Anteile an Organismen zur gemeinsamen Veranlagung in Wertpapieren (OGAW) gemäß § 2 Abs. 1 des Investmentfondsgesetzes 2011 (InvFG 2011), BGBl. I Nr. 77, mit Ausnahme strukturierter OGAW im Sinne von Art. 36 Abs. 1 Unterabs. 2 der Verordnung (EU) Nr. 583/2010 zur Durchführung der Richtlinie 2009/65/EG im Hinblick auf die wesentlichen Informationen für den Anleger und die Bedingungen, die einzuhalten sind, wenn die wesentlichen Informationen für den Anleger oder der Prospekt auf einem anderen dauerhaften Datenträger als Papier oder auf einer Website zur Verfügung gestellt werden, ABl. Nr. L 176 vom 10.07.2010 S. 1 in der Fassung der Berichtigung ABl. Nr. L 108 vom 10.07.2010 S. 28;
    2. b) Anteile an Immobilienfonds gemäß § 1 Abs. 1 des Immobilien-Investmentfondsgesetzes (Immo-InvFG), BGBl. I Nr. 80/2003, sowie Anteile an Immobilienfonds, die von einer Kapitalanlagegesellschaft mit Sitz in einem anderen Mitgliedstaat verwaltet werden und einer öffentlichen Aufsicht unterliegen;
  4. 4. In Euro denominierte, nicht nachrangige Darlehen:
    1. a) Darlehen an eine Gebietskörperschaft eines Mitgliedstaats und Darlehen und sonstige Forderungen, für deren Rückzahlung und Verzinsung eine Gebietskörperschaft eines Mitgliedstaats haftet;
    2. b) Darlehen und sonstige Forderungen an Gemeinden oder solche mit Haftung von Gemeinden mit Ausnahme der Bundeshauptstadt Wien, jedoch nur, sofern die Erträge aus gesetzlich geregelten Abgaben verpfändet werden;
    3. c) in einem öffentlichen Buch eingetragene Hypothekardarlehen auf Liegenschaften oder auf in einem öffentlichen Buch eingetragene liegenschaftsgleiche Rechte, die in einem Mitgliedstaat belegen sind, bis zu einer Belastung von 60% des Verkehrswertes der Liegenschaft oder des liegenschaftsgleichen Rechtes, sofern dieser Verkehrswert durch ein Schätzgutachten eines allgemein beeideten gerichtlichen Sachverständigen zum Zeitpunkt des Erwerbs nachgewiesen ist und die Liegenschaft während der Laufzeit des Darlehens ausreichend gegen das Feuerrisiko versichert ist;
  5. 5. In einem öffentlichen Buch in einem Mitgliedstaat eingetragene Liegenschaften und liegenschaftsgleiche Rechte, die einen Ertrag abwerfen oder erwarten lassen, sofern die Angemessenheit des Kaufpreises durch ein Schätzgutachten eines allgemein beeideten gerichtlichen Sachverständigen oder auf eine sonstige geeignete Weise nachgewiesen ist und die Liegenschaft im Falle der Bebauung ausreichend gegen das Feuerrisiko versichert ist;
  6. 6. In Euro denominierte Guthaben bei Kreditinstituten und Kassenbestände:
    1. a) Guthaben bei zum Bankgeschäft in einem Mitgliedstaat berechtigten Kreditinstituten („Bankguthaben“);
    2. b) Kassenbestände.

(2) Der Einsatz von derivativen Finanzinstrumenten gemäß § 90 Abs. 2 VAG 2016 ist nur unter den folgenden Voraussetzungen zulässig:

  1. 1. Im Fall der Verwendung von derivativen Finanzinstrumenten zur Verminderung des Anlagerisikos haben kleine Versicherungsunternehmen jederzeit in der Lage zu sein, den Zusammenhang zwischen dem derivativen Finanzinstrument und dem betreffenden Vermögenswert in entsprechenden Volumina über die gesamte Halteperiode nachzuweisen.
  2. 2. Im Fall der Verwendung von derivativen Finanzinstrumenten zur Erleichterung einer ordnungsgemäßen Verwaltung des Wertpapierbestands haben kleine Versicherungsunternehmen jederzeit in der Lage zu sein nachzuweisen, dass derivative Finanzinstrumente zu einem der folgenden Zwecke eingesetzt werden:
    1. a) zur Vorbereitung von Kauf- und Verkaufstransaktionen;
    2. b) zur Kostenreduktion;
    3. c) zur Ertragssteigerung, wenn der vorhandene Wertpapierbestand zur Erzielung von Zusatzerträgen genutzt wird.

    Zudem haben kleine Versicherungsunternehmen jederzeit in der Lage zu sein, den Zusammenhang zwischen dem derivativen Finanzinstrument und dem betreffenden Vermögenswert in entsprechenden Volumina über die gesamte Halteperiode nachzuweisen.

Kapitalanlagegrenzen

§ 4. (1) Die nachstehenden einzelnen Kapitalanlagen dürfen nur bis zu den folgenden Sätzen auf Basis des Buchwerts der gesamten Kapitalanlagen angelegt werden („Einzel-Grenze“):

  1. 1. bis zu jeweils 2%: Aktien und andere Anteile mit schwankendem Ertrag gemäß § 3 Abs. 1 Z 2 lit. a und b;
  2. 2. bis zu jeweils 10%:
    1. a) Schuldverschreibungen gemäß § 3 Abs. 1 Z 1 lit. a bis c desselben Emittenten;
    2. b) Aktien und andere Anteile mit schwankendem Ertrag gemäß § 3 Abs. 1 Z 2 lit. c desselben Unternehmens;
    3. c) Anteile an Kapitalanlagefonds gemäß § 3 Abs. 1 Z 3 lit. a und b desselben Fonds;
    4. d) Darlehen gemäß § 3 Abs. 1 Z 4 lit. a bis c desselben Emittenten;

    Liegenschaften und liegenschaftsgleiche Rechte gemäß § 3 Abs. 1 Z 5;

  3. 3. bis zu jeweils 25%: Bankguthaben gemäß § 3 Abs. 1 Z 6 lit. a;

(2) Die nachstehenden Kapitalanlagen dürfen in Summe nur bis zu den folgenden Sätzen auf Basis des Buchwerts der gesamten Kapitalanlagen angelegt werden („Gesamt-Grenze“):

  1. 1. bis zu 3% insgesamt: Kassenbestände gemäß § 3 Abs. 1 Z 6 lit. b;
  2. 2. bis zu 10% insgesamt: Schuldverschreibungen gemäß § 3 Abs. 1 Z 1 lit. c;
  3. 3. bis zu 25% insgesamt: Aktien und andere Anteile mit schwankendem Ertrag gemäß § 3 Abs. 1 Z 2 lit. a und b einschließlich der indirekt im Rahmen von Kapitalanlagefonds gemäß § 3 Abs. 1 Z 3 lit. a gehaltenen Aktien;
  4. 4. bis zu 30% insgesamt:
    1. a) Liegenschaften und liegenschaftsgleiche Rechte gemäß § 3 Abs. 1 Z 5;
    2. b) Aktien und andere Anteile mit schwankendem Ertrag gemäß § 3 Abs. 1 Z 2 lit. c;
    3. c) Anteile an Immobilienfonds gemäß § 3 Abs. 1 Z 3 lit. b;
    4. d) Darlehen und liegenschaftsgleiche Rechte gemäß § 3 Abs. 1 Z 4 lit. c;
  5. 5. jeweils bis zu 50% insgesamt:
    1. a) Schuldverschreibungen gemäß § 3 Abs. 1 Z 1 lit. b und Darlehen gemäß § 3 Abs. 1 Z 4 lit. a und b;
    2. b) Bankguthaben gemäß § 3 Abs. 1 Z 6 lit. a.

(3) Bei kurzfristigen Überschreitungen der in den Abs. 1 und 2 normierten Kapitalanlagegrenzen durch marktbedingte Wertschwankungen oder Schadenszahlungen im Ausmaß von bis zu 10% vom Grenzwert kann von sofortigen Maßnahmen abgesehen werden, sofern zeitnah eine erneute Einhaltung der Kapitalanlagegrenzen erreicht werden kann.

Inkrafttreten

§ 5. Diese Verordnung tritt mit 1. Jänner 2016 in Kraft.

Ettl    Kumpfmüller

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