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BGBl II 170/2015

BUNDESGESETZBLATT

FÜR DIE REPUBLIK ÖSTERREICH

170. Verordnung: Jachtführung-Prüfungsordnung - JachtPrO

170. Verordnung des Bundesministers für Verkehr, Innovation und Technologie, mit der eine Prüfungsordnung für private Befähigungsausweise, auf deren Grundlage Internationale Zertifikate für die Führung von Jachten ausgestellt werden sollen, erlassen wird (Jachtführung-Prüfungsordnung - JachtPrO)

Aufgrund des § 15 Abs. 8 des Seeschifffahrtsgesetzes - SeeSchFG, BGBl. Nr. 174/1981, zuletzt geändert durch das Bundesgesetz BGBl. I Nr. 180/2013, wird verordnet:

Inhaltsverzeichnis

§ 1. Zweck der Norm

§ 2. Geltungsbereich

§ 3. Bezug habende Rechtsvorschriften

§ 4. Örtliche Verfügbarkeit

§ 5. Ausstattung

§ 6. Zeitliche Verfügbarkeit

§ 7. Kostenersatz

§ 8. Bestellung

§ 9. Ausübung der Prüfungstätigkeit

§ 10. Prüfungsbericht

§ 11. Kostenersatz

§ 12. Antrag

§ 13. Zulassung

§ 14. Seemännische Praxis und Seefahrterfahrung

§ 15. Betreuung der Prüfungstermine

§ 16. Theoretische Prüfung

§ 17. Praktische Prüfung

§ 18. Entgegennahme der Prüfungsberichte

§ 19. Befähigungsausweise zur Erlangung Internationaler Zertifikate

§ 20. Anwendung zusätzlicher Bestimmungen und Anforderungen

§ 21. Inkrafttreten

§ 22. Übergangsbestimmungen

1. Abschnitt

Allgemeines

Zweck der Norm

§ 1. Zweck dieser Verordnung ist die Festlegung einer verbindlichen einheitlichen Prüfungsordnung für im privaten Rechtsverhältnis durchgeführte Prüfungen, die zum Erwerb von Internationalen Zertifikaten für die Führung von Jachten geeignet sein sollen.

Geltungsbereich

§ 2. Diese Verordnung ist von gemäß § 15 Abs. 1 SeeSchFG über einen gültigen Feststellungsbescheid der Bundesministerin bzw. des Bundesministers für Verkehr, Innovation und Technologie verfügenden Prüfungsorganisationen für die administrative Infrastruktur, die Bestellung von Prüferinnen und Prüfern, die Prüfungszulassung von Bewerberinnen und Bewerbern, die Organisation von Prüfungen und die Ausstellung von Befähigungsausweisen anzuwenden, sofern diese von diesen Prüfungsorganisationen auf Grundlage dieser Prüfungen im privaten Rechtsverhältnis ausgestellten Befähigungsausweise für die selbstständige Führung von Jachten auf See als Grundlage zur Ausstellung von Internationalen Zertifikaten für die Führung von Jachten gemäß den Empfehlungen der Europäischen Wirtschaftskommission der Vereinten Nationen (UNECE) im Umfang der Resolution Nr. 40 vom 16. Oktober 1998 geeignet sein sollen.

Bezug habende Rechtsvorschriften

§ 3. Bezug habende Rechtsvorschriften sind die Seeschifffahrts-Verordnung - SeeSchFVO, BGBl. Nr. 189/1981, und die Jachtzulassungsverordnung - JachtZulVO, BGBl. Nr. 502/1994, in den jeweils geltenden Fassungen.

2. Abschnitt

Administrative Infrastruktur

Örtliche Verfügbarkeit

§ 4. Die administrative Infrastruktur zur Erfüllung der Aufgaben der Bestellung der Prüferinnen und Prüfer, der Abwicklung der Verfahren zur Zulassung von Bewerberinnen und Bewerbern zu den Prüfungen, der Organisation der Prüfungen und der Ausstellung der Befähigungsausweise hat sich in den Räumlichkeiten der Prüfungsorganisation im Inland zu befinden.

Ausstattung

§ 5. Die administrative Infrastruktur hat eine ausreichende personelle Ausstattung mit zur Erfüllung der Aufgaben gemäß § 4 im Geltungsbereich gemäß § 2 entsprechendem Kenntnisstand und eine ausreichende Ausstattung mit Sachmitteln, insbesondere der Telekommunikation und elektronischen Datenverarbeitung zu beinhalten.

Zeitliche Verfügbarkeit

§ 6. Die administrative Infrastruktur ist für die Inanspruchnahme durch Bewerberinnen und Bewerber für die Stellung von Anträgen auf Prüfungszulassung und den Erhalt von Auskünften jährlich mindestens 45 Wochen an jeweils vier Tagen zu jeweils drei Stunden bereitzuhalten.

Kostenersatz

§ 7. (1) Prüfungsorganisationen haben gegenüber Bewerberinnen und Bewerbern zivilrechtlich Anspruch auf Ersatz der Kosten ihres Aufwands, der durch die Organisation der Prüfungen sowie den gemäß § 11 Abs. 1 den Prüferinnen und Prüfern auszuzahlenden Kostenersatz verursacht wird. Bestandteile dieser Kosten, die im Zuge der Prüfung mehrerer Bewerberinnen und Bewerber unabhängig von deren Anzahl am selben Ort und am selben Tag einmalig anfallen, sind anteilig in Rechnung zu stellen.

(2) Eine angemessene Pauschalierung der Kosten gemäß Abs. 1 ist zulässig.

3. Abschnitt

Prüferinnen und Prüfer

Bestellung

§ 8. (1) Vorbehaltlich zusätzlicher Anforderungen durch die Prüfungsorganisationen können Personen, welche die Erfüllung der Anforderungen gemäß § 204 SeeSchFVO nachweisen, hinsichtlich § 204 Abs. 2 Z 1 SeeSchFVO mittels Befähigungsausweises gemäß SeeSchFG sowie hinsichtlich § 204 Abs. 2 Z 2 und 3 SeeSchFVO mittels Logbuchs, vom Schiffsführer unterfertigter auszugsweiser Abschrift des Logbuchs oder sonstiger logbuchähnlicher Aufzeichnungen, von Prüfungsorganisationen über Antrag mit Mindestinhalt nach Muster gemäß Anlage 1 zu Prüferinnen und Prüfern bestellt werden. Die Bestellung durch mehrere Prüfungsorganisationen ist zulässig.

(2) Die Bestellung gemäß Abs. 1 oder allfällige Begründung einer Nichtbestellung erfolgt ausschließlich im privaten Rechtsverhältnis.

(3) Eine Bestellung gemäß Abs. 1 ist nach Maßgabe des wiederkehrenden Nachweises der seemännischen Praxis und Seefahrterfahrung gemäß § 204 Abs. 2 Z 3 SeeSchFVO, wobei für die Praxis für Segeljachten und für die Praxis für Motorjachten verwendete Jachten jeweils den Anforderungen gemäß Abs. 9 zu entsprechen haben, zu befristen.

(4) Mit Ablauf der Befristung der Gültigkeit des an die bestellende Prüfungsorganisation gemäß § 15 Abs. 1 SeeSchFG gerichteten Bescheids ruht die Bestellung gemäß Abs. 1. Wird binnen sechs Monaten ein hinsichtlich der Prüfungsorganisation und des Inhalts identer Bescheid neuerlich erteilt, gilt die Bestellung weiter, andernfalls sie im Geltungsbereich gemäß § 2 endet. In diesen Zeitraum fallende Befristungen gemäß Abs. 3 bleiben wirksam.

(5) Die der Bestellung gemäß Abs. 1 zugrunde liegenden Nachweise gemäß § 204 SeeSchFVO sind von der Prüfungsorganisation zumindest in Form einer Abschrift zu dokumentieren und für die Dauer der Gültigkeit der Bestellung aufzubewahren. Die Speicherung der Nachweise in digitaler Form (Scan) ist ausreichend. Mit dem Antrag gemäß Abs. 1 gilt die Zustimmung der antragstellenden Person zu dieser Aufbewahrung oder Speicherung von sie betreffenden personenbezogenen Daten zu Zwecken behördlicher Kontrolle gemäß § 15 Abs. 9 SeeSchFG unter der Voraussetzung einer Bestellung für die Dauer ihrer Gültigkeit als erteilt.

(6) Prüferinnen und Prüfern ist mit ihrer Bestellung durch die Prüfungsorganisation von dieser ein mit Name und/oder Nummer individualisierter Prüferstempel auszuhändigen; dieser ist nach Ablauf der Bestellung zurückzustellen.

(7) Für einen wahlweisen Prüfungsteil „Pyrotechnik“ können von Prüfungsorganisationen Personen zu Prüferinnen und Prüfer bestellt werden, die über einen für pyrotechnische Gegenstände der Kategorie P2, Produktgruppe Seenot-Signalmittel, gültigen Pyrotechnik-Ausweis gemäß § 19 des Pyrotechnikgesetzes 2010, BGBl. I Nr. 131/2009, verfügen.

(8) Als logbuchähnliche Aufzeichnungen gemäß Abs. 1 gelten Aufzeichnungen mit folgenden Mindestinhalten:

  1. 1. die für die Fahrt maßgeblichen meteorologischen und navigatorischen Angaben (z. B. Kurse, Positionen, zurückgelegte Strecken, Wetterbeobachtungen einschließlich Windrichtung und -stärke, Gezeiten);
  2. 2. zusammenfassende Angaben über die Fahrt, insbesondere den Zeitpunkt der Abfahrt und der Ankunft sowie Fahrtunterbrechungen und umfangreichere Manöver (Wechsel der Antriebsart, Segelwechsel);
  3. 3. Angaben über die Crew und deren Aufgaben;
  4. 4. gegebenenfalls Angaben über Unfälle bzw. Havarien unter genauer Beschreibung des Hergangs und aller Einzelheiten;
  5. 5. Angaben über sonstige wichtige Ereignisse und Maßnahmen.

(9) Es gelten als:

  1. 1. Segeljacht: Fahrzeug, das seinen Antrieb vornehmlich durch Wind erhält, auch wenn ein Motor eingebaut oder angehängt ist. Darunter fallen auch die sogenannten Motorsegler;
  2. 2. Motorjacht: Fahrzeug, das seinen Antrieb vornehmlich durch einen Motor erhält, unabhängig davon, ob auch eine Stützbesegelung vorhanden ist.

Ausübung der Prüfungstätigkeit

§ 9. (1) Prüferinnen und Prüfer haben ihre Tätigkeit unabhängig und unbefangen auszuüben und die Kenntnisse der Bewerberinnen und Bewerber objektiv zu beurteilen. Es ist Prüferinnen und Prüfern nicht gestattet, im Zusammenhang mit dem Prüfungsverhältnis Weisungen entgegenzunehmen.

(2) Haben Prüferinnen oder Prüfer den begründeten Verdacht ihrer Befangenheit gegenüber Bewerberinnen oder Bewerbern oder des Vorliegens sonstiger Gründe, welche die objektive Beurteilung der Kenntnisse von Bewerberinnen oder Bewerbern gefährden könnten, haben sie sich der Prüfungstätigkeit zu enthalten und darüber unverzüglich die zur Prüfung einteilende Prüfungsorganisation in Kenntnis zu setzen.

(3) Befangenheit ist insbesondere anzunehmen, wenn die Prüferin bzw. der Prüfer

  1. 1. in einem entlohnten arbeits- oder werkvertraglichen Verhältnis zu einer Prüfungsorganisation, unabhängig von einer Bestellung durch eine solche, oder zur Bewerberin bzw. zum Bewerber steht;
  2. 2. an der Ausbildung der Bewerberin bzw. des Bewerbers maßgeblich beteiligt war; als maßgeblich gelten jedenfalls eine Vortragstätigkeit bei der theoretischen Ausbildung und die Schiffsführung bei Ausbildungsfahrten (Ausbildungstörns) innerhalb der letzten zwei Jahre vor dem Termin der praktischen Prüfung;
  3. 3. zur Bewerberin bzw. zum Bewerber im Verhältnis eines bzw. einer Mitberechtigten, Mitverpflichteten oder Regresspflichtigen steht;
  4. 4. mit der Bewerberin bzw. dem Bewerber bis einschließlich zum dritten Grad in gerader oder Seitenlinie verwandt oder verschwägert ist;
  5. 5. mit der Bewerberin bzw. dem Bewerber verehelicht ist oder war oder in einer eingetragenen Partnerschaft lebt oder lebte;
  6. 6. zur Bewerberin bzw. zum Bewerber im Verhältnis von Wahl- oder Pflegeeltern, Wahl- oder Pflegekindern steht;
  7. 7. Eigentümerin bzw. Eigentümer, sonst Verfügungsberechtigte bzw. Verfügungsberechtigter oder Schiffsführerin bzw. Schiffsführer der für die Prüfung verwendeten Jacht ist.

(4) Die Prüferin bzw. der Prüfer ist nicht verpflichtet, die Ablehnung einer Prüfungstätigkeit wegen gegebener oder angenommener Befangenheit gegenüber anderen Personen, insbesondere der Bewerberin, dem Bewerber oder der zur Prüfung einteilenden Prüfungsorganisation zu begründen.

(5) Erkennen Prüfungsorganisationen Verstöße der von ihnen gemäß § 8 Abs. 1 bestellten Prüferinnen oder Prüfer gegen Bestimmungen gemäß Abs. 1 bis 3, haben sie die Bestellung zu widerrufen, widrigenfalls als erwiesen zu gelten hat, dass die administrative Infrastruktur der Organisation gemäß § 15 Abs. 2 Z 3 SeeSchFG, insbesondere hinsichtlich des Kenntnisstands gemäß § 5, im Geltungsbereich gemäß § 2 nicht ausreicht. Dies gilt auch, wenn die Prüfungsorganisation derartige Verstöße offenbar hätte erkennen können.

Prüfungsbericht

§ 10. (1) Prüferinnen und Prüfer haben die wesentlichen Angaben des ihnen vorzulegenden Identitätsnachweises sowie der Prüfungszulassung der Bewerberinnen und Bewerber, die an diese gerichteten Prüfungsfragen und Aufgabenstellungen, die erhaltenen Prüfungsantworten und Aufgabenlösungen sowie das Prüfungsergebnis, welches mit „bestanden“ oder „nicht bestanden“ zu vermerken ist, als Prüfungsbericht mit Mindestinhalt nach Muster gemäß Anlage 2 nachvollziehbar in Schriftform festzuhalten. Der Prüfungsbericht ist von der Prüferin bzw. vom Prüfer unter Hinzufügung eines Abdrucks des Prüferstempels gemäß § 8 Abs. 6 zu unterfertigen.

(2) Prüferinnen und Prüfer haben sich bei der Auswahl ihrer Prüfungsfragen und Aufgabenstellungen am Lernzielkatalog gemäß Anlage 3 zu orientieren. Diesem nicht zuordenbare, für die Bewerberin bzw. den Bewerber bei vorausgesetzter Kenntnis des Lernzielkatalogs überraschende Prüfungsfragen und Aufgabenstellungen sind zu vermeiden.

(3) Der Prüfungsbericht einschließlich Beilagen ist im Original der die Prüferin bzw. den Prüfer einteilenden Prüfungsorganisation und von dieser zumindest der Prüfungsbericht über die theoretische Prüfung, jedoch ohne Beilagen, der Bewerberin bzw. dem Bewerber über deren bzw. dessen Anforderung abschriftlich auszufolgen.

Kostenersatz

§ 11. (1) Prüferinnen und Prüfer haben gegenüber der sie einteilenden Prüfungsorganisation zivilrechtlich Anspruch auf Ersatz der Kosten ihres durch die Prüfungstätigkeit verursachten Aufwands.

(2) Die gewerbsmäßige Ausübung einer Prüfungstätigkeit im Rahmen des Geltungsbereichs gemäß § 2 ist nicht zulässig.

4. Abschnitt

Prüfungszulassung

Antrag

§ 12. (1) Österreichische Staatsbürgerinnen und Staatsbürger, andere Personen mit Hauptwohnsitz im Inland, können die Zulassung zur Prüfung bei einer Prüfungsorganisation mit Mindestinhalt nach Muster gemäß Anlage 4 unter Beilage der Nachweise gemäß § 202 SeeSchFVO, hinsichtlich der seemännischen Praxis und Seefahrterfahrung mit Mindestinhalt nach Muster gemäß Anlage 5 unter Beilage der Nachweise gemäß § 202 Abs. 5 SeeSchFVO mittels Logbuchs, vom Schiffsführer unterfertigter auszugsweiser Abschrift des Logbuchs oder sonstiger logbuchähnlicher Aufzeichnungen gemäß § 8 Abs. 8, wobei für die Praxis für Segeljachten und für die Praxis für Motorjachten verwendete Jachten jeweils den Anforderungen gemäß § 8 Abs. 9 entsprechen müssen, beantragen.

(2) Die Zulassung zur Prüfung gemäß Abs. 1 oder eine allfällige Begründung der Nichtzulassung erfolgt ausschließlich im privaten Rechtsverhältnis.

(3) Die getrennte Beantragung von theoretischer und praktischer Prüfung, auch bei verschiedenen Prüfungsorganisationen, ist zulässig. Vorbehaltlich der Bestimmungen gemäß § 17 Abs. 2 haben Prüfungsorganisationen, bei denen nur die praktische Prüfung beantragt wird, die bei einer anderen gemäß § 15 Abs. 1 SeeSchG über einen gültigen Feststellungsbescheid verfügenden Prüfungsorganisation unter Verwendung eines Prüfungsberichts mit Mindestinhalt nach Muster gemäß Anlage 2 nach Maßgabe dieser Verordnung mit „bestanden“ beurteilte theoretische Prüfung anzuerkennen.

(4) Die Nachweise gemäß § 202 SeeSchFVO sind von der Prüfungsorganisation zumindest in Form einer Abschrift zu dokumentieren und für die Dauer von mindestens drei Jahren aufzubewahren. Die Speicherung der Nachweise in digitaler Form (Scan) ist ausreichend. Mit dem Antrag gemäß Abs. 1 gilt die Zustimmung der antragstellenden Person zu dieser Aufbewahrung oder Speicherung von sie betreffenden personenbezogenen Daten zu Zwecken behördlicher Kontrolle gemäß § 15 Abs. 9 SeeSchFG unter der Voraussetzung der Ausstellung eines privaten Befähigungsausweises mit Mindestinhalt nach Muster gemäß Anlage 6 für die Dauer von mindestens drei Jahren ab Ausstellung als erteilt.

Zulassung

§ 13. (1) Nach Einlangen des Antrags hat die Prüfungsorganisation das Vorliegen der Voraussetzungen gemäß § 202 SeeSchFVO zu überprüfen. Die Voraussetzungen gemäß § 202 Abs. 1 und gegebenenfalls Abs. 2 SeeSchFVO müssen vor der praktischen Prüfung nachgewiesen sein. Lässt die Prüfungsorganisation die Bewerberin bzw. den Bewerber zur Prüfung zu, hat sie ihr bzw. ihm die Prüferinnen und Prüfer sowie den Prüfungstermin und Prüfungsort bekanntzugeben. Prüferinnen und Prüfer sind entsprechend zu informieren.

(2) Abweichend von Abs. 1 darf die Zulassung zur praktischen Prüfung für den Fahrtbereich 3 bereits bei Vorliegen der für den Fahrtbereich 2 erforderlichen seemännischen Praxis und Seefahrterfahrung erteilt werden. In diesem Fall muss die über die Anforderungen für den Fahrtbereich 2 hinausgehende seemännischen Praxis und Seefahrterfahrung vor Ausstellung eines privaten Befähigungsausweises im Geltungsbereich gemäß § 2 nachgewiesen sein.

Seemännische Praxis und Seefahrterfahrung

§ 14. (1) Die seemännische Praxis und Seefahrterfahrung gemäß § 202 Abs. 5 SeeSchFVO ist jeweils getrennt für Segeljachten und für Motorjachten (§ 8 Abs. 9) zu erbringen und hat mindestens folgende Erfahrungsnachweise zu beinhalten:

  1. 1. für den Fahrtbereich 1: eine Nachtfahrt mit einer Nachtansteuerung;
  2. 2. für den Fahrtbereich 2: drei Nachtfahrten mit je einer Nachtansteuerung;
  3. 3. für den Fahrtbereich 3:
    1. a) fünf Nachtfahrten mit je einer Nachtansteuerung;
    2. b) für Segeljachten eine Fahrt mit einer Dauer von mindestens 50 Stunden ohne Unterbrechung; innerhalb dieses Zeitraums müssen insgesamt mindestens 10 Stunden außerhalb des Fahrtbereichs 2 zurückgelegt werden;
    3. c) für Motorjachten drei Überfahrten zwischen Häfen, die in gerader Linie mindestens 100 Seemeilen voneinander entfernt liegen;
  4. 4. für den Fahrtbereich 4:
    1. a) 15 Nachtfahrten, davon mindestens drei mit einer Nachtansteuerung;
    2. b) Ansteuerung von mindestens vier unterschiedlichen Häfen in Gezeitenrevieren;
    3. c) eine durchgehende Fahrt über eine Strecke von mindestens 500 Seemeilen, davon mindestens 100 Seemeilen außerhalb des Fahrtbereichs 3; Ausgangs- und Zielort dieser Fahrt müssen mindestens 300 Seemeilen voneinander entfernt sein.

(2) Gemäß Abs. 1 gelten als:

  1. 1. Überfahrt: eine Fahrt in annähernd gerader Linie zwischen zwei Häfen, bei denen die gerade Verbindung eine Strecke von mindestens 20 Seemeilen außerhalb des Fahrtbereichs 2 beinhaltet;
  2. 2. Nachtansteuerung: eine Fahrt oder ein Teil einer Fahrt, bei der ein Liegeplatz mehr als zwei Stunden nach Sonnenuntergang, jedoch nicht später als zwei Stunden vor Sonnenaufgang erreicht wird;
  3. 3. Nachtfahrt: Fahrt zwischen Sonnenuntergang und Sonnenaufgang mit einer Dauer von mindestens drei Stunden;
  4. 4. Gezeitenrevier: ein Küstengebiet, in dem der Tidenhub bei Nippzeit mindestens zwei Meter beträgt.

5. Abschnitt

Organisation der Prüfung

Betreuung der Prüfungstermine

§ 15. Die Prüfungsorganisation hat den Bewerberinnen und Bewerbern zur Verfügung stehende Prüferinnen und Prüfer zuzuteilen und für die Voraussetzungen für die Abwicklung der Prüfungen zu sorgen.

Theoretische Prüfung

§ 16. Die theoretische Prüfung im Geltungsbereich gemäß § 2 hat den Anforderungen gemäß Anlage 3a zu entsprechen.

Praktische Prüfung

§ 17. (1) Die praktische Prüfung im Geltungsbereich gemäß § 2 hat den Anforderungen gemäß Anlage 3b zu entsprechen.

(2) Die praktische Prüfung darf erst abgenommen werden, wenn die theoretische Prüfung mit Erfolg abgelegt worden ist. Zwischen der theoretischen und der praktischen Prüfung dürfen nicht mehr als zwei Jahre liegen. Nach Ablauf dieser Frist ist die theoretische Prüfung zu wiederholen.

Entgegennahme der Prüfungsberichte

§ 18. (1) Die Prüfungsorganisationen haben die von den von ihnen eingeteilten Prüferinnen und Prüfern unterfertigten Prüfungsberichte mit Mindestinhalt nach Muster gemäß Anlage 2 einschließlich Beilagen (Kartenarbeit und Fragenkatalog) entgegenzunehmen.

(2) Die Prüfungsorganisationen haben die von den von ihnen eingeteilten Prüferinnen und Prüfern unterfertigten Dokumentationen sowie die Prüfungsprotokolle mit Mindestinhalt nach Muster gemäß Anlage 3b über die praktische Prüfung entgegenzunehmen.

(3) Die Prüfungsberichte einschließlich Beilagen (Kartenarbeit und Fragenkatalog) sowie die Dokumentationen und Prüfungsprotokolle über die praktische Prüfung sind von der Prüfungsorganisation zumindest in Form einer Abschrift zu dokumentieren und für die Dauer von mindestens drei Jahren aufzubewahren. Die Speicherung der Nachweise in digitaler Form (Scan) ist ausreichend.

6. Abschnitt

Private Befähigungsausweise

Befähigungsausweise zur Erlangung Internationaler Zertifikate

§ 19. (1) Prüfungsorganisationen haben private Befähigungsausweise für die selbstständige Führung von Jachten auf See im Geltungsbereich gemäß § 2 mit Mindestinhalt nach Muster gemäß Anlage 6 auszustellen.

(2) Prüfungsorganisationen haben Befähigungsausweise gemäß Abs. 1 vorbehaltlich der Bestimmungen gemäß § 12 Abs. 3 ausschließlich auf der Grundlage von Prüfungen, die von den von ihnen gemäß § 8 bestellten und gemäß § 15 zugeteilten Prüferinnen und Prüfern durchgeführt wurden, auszustellen. Insbesondere sind Befähigungsausweise gemäß Abs. 1, die auf Grundlage von Befähigungsausweisen, die nach der Rechtsordnung eines anderen Staats von diesem oder einer von diesem dazu ermächtigten Person ausgestellt wurden, im Geltungsbereich gemäß § 2 nicht verwendbar. Für Prüfungsorganisationen, die Befähigungsausweise gemäß Abs. 1 auf Grundlage von Befähigungsausweisen, die nach der Rechtsordnung eines anderen Staats von diesem oder einer von diesem dazu ermächtigten Person ausgestellt wurden, ausstellen, die Ausstellung anbieten oder bewerben, hat als erwiesen zu gelten, dass die administrative Infrastruktur der Organisation gemäß § 15 Abs. 2 Z 3 SeeSchFG, insbesondere hinsichtlich des Kenntnisstands gemäß § 5, im Geltungsbereich gemäß § 2 nicht ausreicht.

(3) Prüfungsorganisationen haben die Ausstellung eines Befähigungsausweises gemäß Abs. 1 für Motorjachten bzw. Segeljachten abzulehnen, wenn die für die praktische Prüfung verwendete Jacht nicht den Bestimmungen gemäß § 8 Abs. 9 entsprochen hat.

(4) Können von Prüfungsorganisationen ausgestellte private Befähigungsausweise in ihrer Ausgestaltung und aufgrund verwendeter Begriffe zu einer Verwechslung mit dem Internationalen Zertifikat für die Führung von Jachten gemäß Anlage 30 zu § 206 Abs. 3 SeeSchFVO führen und werden diese Befähigungsausweise trotz eines seitens der Bundesministerin bzw. des Bundesministers für Verkehr, Innovation und Technologie an die betreffende Prüfungsorganisation gerichteten, mit Begründung versehenen Hinweises, dass diese Ausweise die angeführte Verwechslungsgefahr in sich bergen, weiterhin ausgestellt, hat als erwiesen zu gelten, dass die administrative Infrastruktur der Organisation gemäß § 15 Abs. 2 Z 3 SeeSchFG, insbesondere hinsichtlich des Kenntnisstands gemäß § 5, im Geltungsbereich gemäß § 2 nicht ausreicht. Verwechslungsgefahr ist insbesondere bei Verwendung der Begriffe „Internationales Zertifikat“, „international certificate“, „certificat international“, „IC“ und „ICC“, bei der Zitierung von Resolutionen der UNECE sowie bei der Verwendung offizieller Bezeichnungen oder Symbole der Republik Österreich im Sinne des Wappengesetzes, BGBl. Nr. 159/1984, sofern keine Bewilligung der zuständigen Behörde vorliegt, als gegeben anzunehmen.

(5) Sollte binnen drei Jahren nach Ausstellung eines mit einem Vermerk gemäß § 15 Abs. 5 SeeSchFG versehenen privaten Befähigungsausweises nachweislich hervorkommen, dass Voraussetzungen gemäß § 202 SeeSchFVO nicht gegeben waren und auch nachträglich nicht erfüllt wurden, hat die Prüfungsorganisation die via donau - Österreichische Wasserstraßen-Gesellschaft m. b. H. darüber sowie gegebenenfalls über das rechtskräftige Urteil diesbezüglichen zivilen Rechtsstreits mit Inhaberinnen oder Inhabern dieser Befähigungsausweise in Kenntnis zu setzen. Die via donau - Österreichische Wasserstraßen-Gesellschaft m. b. H. hat im Internet auf ihrer Webseite die Nummern betroffener Internationaler Zertifikate mit der Anmerkung bekanntzugeben, dass diese Internationalen Zertifikate für die Führung von Jachten nach Ansicht der betreffenden Prüfungsorganisation rechtsgrundlos ausgestellt sind, und darüber die Inhaberinnen bzw. Inhaber zu benachrichtigen. Stellen diese die betreffenden Zertifikate zurück, ist deren Nummer von dieser Webseite zu entfernen. Dies gilt auch bei rechtskräftigen zivilgerichtlichen Urteilen zu Gunsten der Inhaberinnen und Inhaber.

(6) Werden im Zuge einer behördlichen Einsicht gemäß § 15 Abs. 9 SeeSchFG gemäß Abs. 5 nicht erfüllte Voraussetzungen festgestellt und hätte die Prüfungsorganisation dies offenbar erkennen können, hat als erwiesen zu gelten, dass die administrative Infrastruktur der Organisation gemäß § 15 Abs. 2 Z 3 SeeSchFG, insbesondere hinsichtlich des Kenntnisstands gemäß § 5, im Geltungsbereich gemäß § 2 nicht ausreicht.

7. Abschnitt

Private Prüfungsordnungen

Anwendung zusätzlicher Bestimmungen und Anforderungen

§ 20. (1) Über die Bestimmungen dieser Verordnung hinausgehende, von den Prüfungsorganisationen erlassene, an Bewerberinnen und Bewerber sowie Prüferinnen und Prüfer gerichtete zusätzliche Bestimmungen und Anforderungen im Geltungsbereich gemäß § 2 dürfen in keinem Widerspruch zu dieser Verordnung stehen.

(2) Wird eine zusätzliche Bestimmung oder Anforderung gemäß Abs. 1 im Geltungsbereich gemäß § 2 trotz eines seitens der Bundesministerin bzw. des Bundesministers für Verkehr, Innovation und Technologie an die betreffende Prüfungsorganisation gerichteten, mit Begründung versehenen Hinweises, dass die zusätzliche Bestimmung oder Anforderung im Widerspruch zu dieser Verordnung steht, im Geltungsbereich gemäß § 2 weiterhin angewendet, hat als erwiesen zu gelten, dass die administrative Infrastruktur der Organisation gemäß § 15 Abs. 2 Z 3 SeeSchFG, insbesondere hinsichtlich des Kenntnisstands gemäß § 5, im Geltungsbereich gemäß § 2 nicht ausreicht.

8. Abschnitt

Schlussbestimmungen

Inkrafttreten

§ 21. Diese Verordnung tritt mit dem ihrer Kundmachung folgenden Tag in Kraft.

Übergangsbestimmungen

§ 22. (1) Die zum Zeitpunkt des Inkrafttretens dieser Verordnung gemäß § 15 Abs. 1 SeeSchFG über einen gültigen Feststellungs- und Genehmigungsbescheid verfügenden Prüfungsorganisationen können wahlweise an Stelle dieser Verordnung im Rahmen ihres Geltungsbereichs gemäß § 2 die genehmigte Prüfungsordnung bis einschließlich 31. Dezember 2015 anwenden. Danach haben auch diese Prüfungsorganisationen unbeschadet der Bestimmungen gemäß Abs. 4 und § 20 Abs. 1 ausschließlich diese Verordnung anzuwenden.

(2) Die zum Zeitpunkt des Inkrafttretens dieser Verordnung bestellten Prüferinnen und Prüfer gelten vorbehaltlich abweichender privatrechtlicher Verfügungen der Prüfungsorganisationen bis zum Ablauf bestehender Befristungen, längstens bis zum Ablauf der Befristung gemäß § 15 Abs. 1 SeeSchFG, als gemäß § 8 bestellt.

(3) Die zum Zeitpunkt des Inkrafttretens dieser Verordnung gemäß den Bestimmungen der mit der Feststellung gemäß § 15 Abs. 1 SeeSchFG genehmigten Prüfungsordnungen bereits vorliegenden Nachweise der seemännischen Praxis und Seefahrterfahrung gelten als Nachweise gemäß § 14.

(4) Die bis einschließlich 31. Dezember 2015 gemäß den Bestimmungen der mit der Feststellung gemäß § 15 Abs. 1 SeeSchFG genehmigten Prüfungsordnungen abgelegten Prüfungen und Prüfungsteile gelten als nach den Bestimmungen dieser Verordnung abgelegt. Dies gilt auch für die noch ausständigen Prüfungen und Prüfungsteile, für welche die Prüfungsorganisationen in Abweichung von der Befristung gemäß Abs. 1 - unter Beachtung der Befristung der bescheidmäßigen Feststellung gemäß § 15 Abs. 1 SeeSchFG sowie der gemäß § 17 Abs. 2 von den Bewerberinnen und Bewerbern einzuhaltenden Frist - die genehmigte Prüfungsordnung bis längstens 31. Dezember 2017 anwenden können. Unbeschadet der Bestimmungen gemäß Abs. 3 haben die Nachweise gemäß § 14 ab Inkrafttreten dieser Verordnung den Anforderungen gemäß § 8 Abs. 8 zu entsprechen.

(5) Unbeschadet der Bestimmungen gemäß Abs. 1 und 4 haben Prüfungsorganisationen ab Inkrafttreten dieser Verordnung auf privaten Befähigungsausweisen im Geltungsbereich gemäß § 2 in Entsprechung gemäß § 15 Abs. 5 SeeSchFG den Vermerk anzubringen, dass die JachtPrO eingehalten wurde.

Stöger

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