77. Bundesgesetz, mit dem das Schulpflichtgesetz 1985 und das Bildungsdokumentationsgesetz geändert werden
Der Nationalrat hat beschlossen:
Artikel 1
Änderung des Schulpflichtgesetzes 1985
Das Schulpflichtgesetz 1985, BGBl. Nr. 76, zuletzt geändert durch das Bundesgesetz BGBl. I Nr. 76/2013, wird wie folgt geändert:
1. In § 8a Abs. 2 dritter Satz entfällt das Wort „oder“ vor der Schulartbezeichnung „Neue Mittelschule“.
2. § 8a Abs. 3 lautet:
„(3) Wünschen die Eltern oder sonstigen Erziehungsberechtigten die Aufnahme des Kindes in eine Volksschule, Hauptschule, Neue Mittelschule, Polytechnische Schule, Unterstufe einer allgemein bildenden höheren Schule oder Haushaltungsschule und bestehen keine entsprechenden Fördermöglichkeiten an einer derartigen Schule, welche das Kind bei einem ihm zumutbaren Schulweg erreichen kann, so hat der Bezirksschulrat unter Bedachtnahme auf die Gegebenheiten im Rahmen seiner Zuständigkeiten Maßnahmen zur Ermöglichung des Besuches der gewünschten Schulart zu ergreifen und - im Falle der Zuständigkeit anderer Stellen - bei diesen die Durchführung der entsprechenden Maßnahmen zu beantragen.“
3. In § 8b entfällt das Wort „oder“ vor der Schulartbezeichnung „Neue Mittelschule“.
4. § 24 Abs. 4 lautet:
„(4) Die Nichterfüllung der in den Abs. 1 bis 3 angeführten Pflichten, hinsichtlich der Pflicht zum regelmäßigen Schulbesuch jedoch erst nach erfolgloser Durchführung der Maßnahmen gemäß § 24a Abs. 2 bis 6, stellt eine Verwaltungsübertretung dar und ist von der Bezirksverwaltungsbehörde mit einer Geldstrafe bis zu 440 €, im Fall der Uneinbringlichkeit mit Ersatzfreiheitsstrafe bis zu zwei Wochen zu bestrafen.“
5. § 24a erhält die Paragraphenbezeichnung „§ 24b.“. Dem neuen § 24b wird folgender § 24a samt Überschrift vorangestellt:
„Maßnahmen zur Erfüllung der Schulpflicht (Fünf-Stufen-Plan)
§ 24a. (1) Die nachstehenden Abs. 2 bis 6 regeln Maßnahmen für den Fall des nicht regelmäßigen Schulbesuches gemäß § 24 Abs. 4 in Verbindung mit § 9 Abs. 1 bis 5. Die Maßnahmen sind dann erfolglos im Sinne des § 24 Abs. 4, wenn die Überprüfung gemäß Abs. 7 ergeben hat, dass die Maßnahmen gemäß Abs. 2 bis 6 keine oder eine zu geringe Wirkung zeigen. In begründeten Fällen kann der Schuleiter von Abs. 4 bis 7 abweichende Fristen festsetzen.
(2) Zu Beginn jedes Schuljahres ist zwischen Schülern jeder Klasse und dem Klassenlehrer oder dem Klassenvorstand eine Vereinbarung über Kommunikation und Verhaltensweisen zu erarbeiten. Darin sind grundlegende Regeln des Miteinanders im Sinne der Vereinbarungskultur an Schulen zu definieren.
(3) Wenn ein Schüler fünf Tage oder 30 Unterrichtsstunden im Semester oder drei aufeinander folgende Tage unentschuldigt dem Unterricht fern bleibt, sind in einem unverzüglich und verpflichtend durchzuführenden Gespräch zwischen den Erziehungsberechtigten, dem Schüler und dem Klassenlehrer oder Klassenvorstand die Gründe für das Fernbleiben zu erörtern (Stufe I). Es sind weitere Schritte zur Vermeidung von Schulpflichtverletzungen schriftlich zu vereinbaren und die Erziehungsberechtigten sowie der Schüler über ihre Verantwortung zur Erfüllung der Schulpflicht aufzuklären.
(4) Innerhalb von vier Wochen nach dem Gespräch gemäß Abs. 3 ist ein weiteres Gespräch zwischen den Beteiligten anzuberaumen, in dem die Zielerreichung gemäß der getroffenen Vereinbarung zu erörtern ist. Wird festgestellt, dass die gesetzten Maßnahmen keine oder eine nur schwache Wirkung zeigen, so hat der Schulleiter Schülerberater und den schulpsychologischen Dienst einzubinden und - wo es möglich ist - Beratungslehrer, Psychagogen, Schulsozialarbeit und Jugendcoaching ergänzend beizuziehen (Stufe II). Es sind Maßnahmen der Konfliktlösung und der Vermittlung zwischen den Beteiligten zu setzen, die zu einer gemeinsamen Identifizierung der Ursachen der Schulpflichtverletzung führen sollen. Auf der Basis der Problemanalyse sind Lösungsansätze zu erarbeiten und ist die gemäß Abs. 3 getroffene schriftliche Vereinbarung unter Berücksichtigung der erarbeiteten Lösungsvorschläge einvernehmlich zu adaptieren.
(5) Innerhalb von vier Wochen nach der neuerlichen Vereinbarung gemäß Abs. 4 ist ein weiteres Gespräch zwischen den Beteiligten anzuberaumen, in dem die Zielerreichung gemäß der getroffenen Vereinbarung zu erörtern ist. Wird festgestellt, dass die gesetzten Maßnahmen keine oder eine nur schwache Wirkung zeigen, so hat der Schulleiter die Erziehungsberechtigten und den Schüler über die Rechtsfolgen im Falle einer weiteren Schulpflichtverletzung eingehend zu informieren und den zuständigen Beamten des Qualitätsmanagements gemäß § 18 Abs. 2 des Bundes-Schulaufsichtsgesetzes zu befassen (Stufe III). Dieser hat in einem weiteren Gespräch mit den Erziehungsberechtigten, dem Schüler und dem Klassenlehrer oder Klassenvorstand die Einhaltung der Vereinbarungen gemäß Abs. 3 und 4 zu überprüfen und die weitere Vorgehensweise unter Nutzung der schulischen Beratungssysteme (Abs. 4) zur Beseitigung der Ursachen für die Schulpflichtverletzung festzulegen.
(6) Innerhalb von zwei Wochen nach den gemäß Abs. 5 gesetzten Maßnahmen hat der zuständige Beamte des Qualitätsmanagements ein weiteres Gespräch zwischen den Beteiligten anzuberaumen, in dem die Zielerreichung gemäß der gesetzten Maßnahmen zu erörtern ist (Stufe IV). Ergibt sich im Rahmen der gesetzten Maßnahmen gemäß Abs. 2 bis 5 der Verdacht einer Kindeswohlgefährdung im Sinne des § 37 des Jugendwohlfahrtsgesetzes 1989, BGBl. Nr. 161, ist dem Jugendwohlfahrtsträger unverzüglich Meldung zu erstatten.
(7) Innerhalb von vier Wochen nach dem Gespräch gemäß Abs. 6 hat der Schulleiter allenfalls nach Befassung der Jugendwohlfahrt die Wirksamkeit der gesetzten Maßnahmen zu überprüfen. Wird festgestellt, dass die in Abs. 2 bis Abs. 6 gesetzten Maßnahmen keine oder eine zu geringe Wirkung zeigen, so hat der Schulleiter bei der zuständigen Bezirksverwaltungsbehörde Strafanzeige gemäß § 24 Abs. 4 zu erstatten (Stufe V).“
6. Dem § 30 Abs. 15 wird folgender Abs. 16 angefügt:
„(16) Die nachstehend genannten Bestimmungen in der Fassung des Bundesgesetzes BGBl. I Nr. 77/2013 treten wie folgt in Kraft:
- 1. § 8a Abs. 2 und 3 sowie § 8b treten mit Ablauf des Tages der Kundmachung im Bundesgesetzblatt in Kraft.
- 2. § 24 Abs. 4, § 24a samt Überschrift und § 24b treten mit 1. September 2013 in Kraft.“
Artikel 2
Änderung des Bildungsdokumentationsgesetzes
Das Bildungsdokumentationsgesetz, BGBl. I Nr. 12/2002, zuletzt geändert durch das Bundesgesetz BGBl. I Nr. 89/2012, wird wie folgt geändert:
1. § 3 Abs. 2 Z 7 lautet:
- „7. andere mit dem Schulbesuch zusammenhängende Daten über die Verletzung der Schulpflicht, die Teilnahme an Unterrichts- und Betreuungsangeboten, den Schulerfolg, die Schul- bzw. Unterrichtsorganisation, den Bildungsverlauf sowie die Inanspruchnahme von Transferleistungen aus dem Familienlastenausgleich nach Maßgabe der Anlage 1.“
2. § 12 Abs. 10 in der Fassung des Bundesgesetzes BGBl. I Nr. 38/2012 erhält die Absatzbezeichnung „(11)“. Abs. 11 und 12 in der Fassung des Bundesgesetzes BGBl. I Nr. 89/2012 erhalten die Absatzbezeichnungen „(12)“ und „(13)“. Folgender Abs. 14 wird angefügt:
„(14) § 3 Abs. 2 Z 7 sowie die Anlage 1 in der Fassung des Bundesgesetzes BGBl. I Nr. 77/2013 treten mit 1. September 2013 in Kraft.“
3. In Anlage 1 wird der Punkt am Ende der Z 13 durch einen Strichpunkt ersetzt und folgende Z 14 angefügt:
- „14. Verfahren gemäß § 24a des Schulpflichtgesetzes 1985, BGBl. Nr. 76.“
Fischer
Faymann
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