132. Bundesgesetz über die Genehmigung von Weltraumaktivitäten und die Einrichtung eines Weltraumregisters (Weltraumgesetz)
Der Nationalrat hat beschlossen:
Anwendungsbereich
§ 1. (1) Dieses Bundesgesetz ist auf Weltraumaktivitäten anzuwenden, die
- 1. auf österreichischem Staatsgebiet,
- 2. auf in Österreich registrierten Schiffen oder Flugzeugen oder
- 3. von einem Betreiber, der österreichischer Staatsbürger oder eine juristische Person mit Sitz im Inland ist,
durchgeführt werden.
(2) Auf privatrechtliche Ansprüche ist dieses Bundesgesetz nur anzuwenden, wenn nach den Regeln des internationalen Privatrechts österreichisches Recht maßgebend ist.
Begriffsbestimmungen
§ 2. Im Sinne dieses Bundesgesetzes bedeutet, sofern nicht anders bezeichnet
- 1. „Weltraumaktivität“: Start, Betrieb oder Kontrolle eines Weltraumgegenstandes oder der Betrieb einer Anlage zum Start von Weltraumgegenständen;
- 2. „Weltraumgegenstand“: Gegenstand, der in den Weltraum gestartet wurde oder gestartet werden soll, einschließlich seiner Bestandteile;
- 3. „Betreiber“: natürliche oder juristische Person, die Weltraumaktivitäten durchführt oder durchführen lässt.
Genehmigungspflicht
§ 3. Weltraumaktivitäten bedürfen der Genehmigung der Bundesministerin/des Bundesministers für Verkehr, Innovation und Technologie. Genehmigungspflichten nach anderen Vorschriften als nach diesem Bundesgesetz bleiben davon unberührt.
Voraussetzungen für die Genehmigung
§ 4. (1) Die Genehmigung nach § 3 ist zu erteilen, wenn
- 1. der Betreiber die nötige Zuverlässigkeit, Leistungsfähigkeit und Fachkenntnis besitzt, um die Weltraumaktivität durchzuführen,
- 2. die Weltraumaktivität keine unmittelbare Gefahr für die öffentliche Ordnung, die Sicherheit von Personen und Sachen und für die Gesundheit darstellt,
- 3. die Weltraumaktivität der nationalen Sicherheit, völkerrechtlichen Verpflichtungen oder außenpolitischen Interessen Österreichs nicht zuwiderläuft,
- 4. entsprechende Vorkehrungen für die Vermeidung von Weltraummüll im Sinne des § 5 getroffen wurden,
- 5. die Weltraumaktivität keine schädliche Verunreinigung des Weltraums oder von Himmelskörpern und keine schädliche Veränderung der Umwelt hervorruft,
- 6. der Betreiber die Vorgaben über Orbitalposition und Frequenzzuteilung der Internationalen Fernmeldeunion (ITU) erfüllt,
- 7. der Betreiber eine Haftpflichtversicherung gemäß Abs. 4 abgeschlossen hat und
- 8. der Betreiber Vorsorge für die planmäßige Beendigung der Weltraumaktivität getroffen hat.
(2) Der Betreiber der Weltraumaktivität hat alle Unterlagen, die die Überprüfung des Vorliegens der Voraussetzungen nach Abs.1 ermöglichen, beizubringen.
(3) Die Genehmigung kann Bedingungen und Auflagen enthalten. Die Bundesministerin/Der Bundesminister für Verkehr, Innovation und Technologie entscheidet über den Antrag auf Genehmigung ohne unnötigen Aufschub, spätestens aber sechs Monate nach dessen Einlangen.
(4) Der Betreiber hat zur Deckung seiner Haftpflicht für Personen- oder Sachschaden eine Haftpflichtversicherung über eine Mindestversicherungssumme von 60 000 000 Euro für jeden Versicherungsfall, ohne Ausschluss oder zeitliche Begrenzung der Nachhaftung, abzuschließen. Die Bundesministerin/Der Bundesminister für Verkehr, Innovation und Technologie kann mit Bescheid aufgrund des öffentlichen Interesses an der Weltraumaktivität unter Berücksichtigung des von ihr ausgehenden Risikos und der Finanzkraft des Betreibers eine niedrigere Versicherungssumme für die vom Betreiber abzuschließende Haftpflichtversicherung festsetzen oder den Betreiber gänzlich von der Versicherungspflicht befreien. Im öffentlichen Interesse liegen Weltraumaktivitäten, die der Wissenschaft, Forschung oder Ausbildung dienen. Eine Versicherung ist nicht abzuschließen, wenn der Bund selbst Betreiber der Weltraumaktivität ist.
Vermeidung von Weltraummüll
§ 5. Der Betreiber hat dem Stand der Technik entsprechend und unter Berücksichtigung der international anerkannten Richtlinien zur Vermeidung von Weltraummüll Vorkehrungen zur Vermeidung von Weltraummüll zu treffen. Insbesondere sind Vorkehrungen zur Vermeidung von Missionsrückständen zu treffen.
Änderung oder Beendigung der Weltraumaktivität
§ 6. (1) Der Betreiber ist verpflichtet, alle Ereignisse, welche die Durchführung der gemäß § 4 genehmigten Weltraumaktivität verzögern oder unmöglich machen oder eine Abänderung oder einen Widerruf der Genehmigung gemäß § 7 erfordern würde, unverzüglich anzuzeigen.
(2) Der Betreiber hat das geplante oder das auf Grund zwingender Umstände bevorstehende Ende der Weltraumaktivität der Bundesministerin/dem Bundesminister für Verkehr, Innovation und Technologie unverzüglich anzuzeigen. Die Bundesministerin/Der Bundesminister für Verkehr, Innovation und Technologie kann dem Betreiber Anordnungen im Hinblick auf eine sichere Beendigung der Weltraumaktivität erteilen.
Widerruf und Abänderung der Genehmigung
§ 7. (1) Die Genehmigung ist zu widerrufen, wenn die Voraussetzungen nach § 4 Abs. 1 nicht mehr vorliegen oder Bedingungen und Auflagen nach § 4 Abs. 3 nicht eingehalten werden.
(2) Die Genehmigung kann in den in Abs. 1 bezeichneten Fällen auch inhaltlich abgeändert werden.
(3) Im Falle des Widerrufs der Genehmigung können dem Betreiber Maßnahmen für die vorübergehende Weiterführung oder sichere Beendigung der Weltraumaktivität vorgeschrieben werden. Kommt der Betreiber diesen Anordnungen nicht nach, ist die Kontrolle der Weltraumaktivität durch Bescheid der Bundesministerin /des Bundesministers für Verkehr, Innovation und Technologie, an einen anderen Betreiber zu übertragen.
Übertragung
§ 8. Ein Wechsel des Betreibers bedarf der Genehmigung durch die Bundesministerin/den Bundesminister für Verkehr, Innovation und Technologie. Der Betreiberwechsel ist unter den Voraussetzungen des § 4 zu genehmigen.
Register
§ 9. (1) Die Bundesministerin/Der Bundesminister für Verkehr, Innovation und Technologie führt ein Register für Weltraumgegenstände.
(2) In dieses Register sind Weltraumgegenstände einzutragen, für die Österreich nach Art. I des Übereinkommens über die Registrierung von in den Weltraum gestarteten Gegenständen, BGBl. Nr. 163/1980, als Startstaat angesehen wird.
(3) Kommen auch andere Staaten neben Österreich als Startstaat in Betracht, ist für die Registrierung in Österreich die entsprechende Übereinkunft nach Art. II Abs. 2 des Übereinkommens über die Registrierung von in den Weltraum gestarteten Gegenständen ausschlaggebend.
(4) Ein in dieses Register einzutragender Weltraumgegenstand und sein gesamtes Personal unterliegen während seiner Anwesenheit im Weltraum oder auf einem Himmelskörper der Jurisdiktion und Kontrolle Österreichs.
Eintragung und Information
§ 10. (1) In das Register sind folgende Informationen einzutragen:
- 1. Name des Startstaates oder der Startstaaten;
- 2. eine geeignete Bezeichnung des Weltraumgegenstandes, seine Registernummer und seine ITU-Bezeichnung;
- 3. Datum und Hoheitsgebiet oder Ort des Startes;
- 4. grundlegende Parameter der Umlaufbahn, einschließlich
- a) Umlaufzeit,
- b) Bahnneigung,
- c) maximale Erdferne (Apogäum),
- d) minimale Erdferne (Perigäum);
- 5. allgemeine Funktion des Weltraumgegenstandes;
- 6. Hersteller des Weltraumgegenstandes;
- 7. Eigentümer und Betreiber des Weltraumgegenstandes;
- 8. weitere Informationen, die die Bundesministerin/der Bundesminister für Verkehr, Innovation und Technologie festlegen kann, soweit dies nach dem Stand der Technik, aufgrund völkerrechtlicher Verpflichtungen oder einschlägiger Beschlüsse internationaler Organisationen notwendig ist.
(2) Der Betreiber hat der Bundesministerin/dem Bundesminister für Verkehr, Innovation und Technologie die Informationen nach Abs. 1 unverzüglich nach dem Start des Weltraumgegenstandes zu übermitteln.
(3) Ebenso hat der Betreiber alle Änderungen in Bezug auf die Informationen nach Abs. 1 unverzüglich zu übermitteln.
(4) Die Informationen nach Abs. 1 Z 1 bis 5 sind von der Bundesministerin/dem Bundesminister für Verkehr, Innovation und Technologie im Wege der Bundesministerin/des Bundesministers für europäische und internationale Angelegenheiten dem Generalsekretär der Vereinten Nationen zu übermitteln. Dies gilt sinngemäß für Informationen nach Abs. 3.
Rückgriff
§ 11. (1) Hat die Republik Österreich auf Grund von völkerrechtlichen Vereinbarungen einem Geschädigten durch eine Weltraumaktivität verursachte Schäden ersetzt, so steht dem Bund ein Rückgriffsrecht gegen den Betreiber zu.
(2) Für Schäden die auf der Erdoberfläche oder in einem Luftfahrzeug im Flug oder an diesem eingetreten sind, besteht der Anspruch auf Rückersatz bis zur Höhe des versicherten Risikos, mindestens jedoch bis zu der in § 4 Abs. 4 genannten Mindestversicherungssumme.. Diese Beschränkung gilt nicht, wenn den Betreiber oder seine Leute ein Verschulden trifft oder der Betreiber gegen die Bestimmungen der §§ 3 f. verstoßen hat.
Verordnungsermächtigung
§ 12. Durch Verordnung der Bundesministerin/des Bundesministers für Verkehr, Innovation und Technologie sind näher auszuführen:
- 1. Voraussetzungen für die Genehmigung gemäß § 4 Abs. 1;
- 2. die dem Antrag auf Genehmigung nach § 4 Abs. 2 beizubringenden Unterlagen und technischen Spezifikationen;
- 3. kostendeckende Gebühren, für das nach diesem Bundesgesetz durchzuführende Verfahren;
- 4. ein Pauschalbetrag als Ersatz für die Kosten des Bundes für die Überprüfung der Zuverlässigkeit des Betreibers gemäß § 4 Abs. 1 Z 1, die sich nach den durchschnittlichen Aufwendungen der Sicherheitsbehörden richten;
- 5. Informationen, die nach § 10 Abs. 1 und 3 für die Registrierung erforderlich sind.
Aufsicht und Behörden
§ 13. (1) Betreiber von Weltraumaktivitäten unterliegen in Angelegenheiten dieses Bundesgesetzes der Aufsicht der Bundesministerin/des Bundesministers für Verkehr, Innovation und Technologie.
(2) Der Betreiber verpflichtet sich, den Organen der Aufsichtsbehörde, soweit dies zur ordnungsgemäßen Ausübung der Aufsicht erforderlich ist, Zutritt zu allen Betriebsräumlichkeiten und -anlagen zu ermöglichen, Einsicht in Unterlagen zu gewähren und Auskunft zu erteilen.
(3) Die Sicherheitsbehörden haben bei der Zuverlässigkeitsüberprüfung des Betreibers gemäß § 4 Abs. 1 Z 1 mitzuwirken. Soweit es sich beim Betreiber um eine juristische Person handelt, hat sich die Zuverlässigkeitüberprüfung auf deren bevollmächtigte Vertreter zu beziehen. Im Rahmen der Überprüfung der Zuverlässigkeit sind die Sicherheitsbehörden ermächtigt, personenbezogene Daten, die sie bei der Vollziehung von Bundes- oder Landesgesetzen über die Person ermittelt haben, zu verwenden, und das Ergebnis der Überprüfung der Bundesministerin/dem Bundesminister für Verkehr, Innovation und Technologie zu übermitteln.
(4) Befinden sich Betriebsräumlichkeiten und -anlagen oder Unterlagen für eine Weltraumaktivität auf einer militärischen Liegenschaft, ist im Falle des Abs. 2 der zuständige Kasernenkommandant vor dem Betreten der militärischen Liegenschaft in Kenntnis zu setzen. Dieser kann aus wichtigen militärischen Gründen den Zutritt verweigern oder die Zutrittsgenehmigung aus Gründen der militärischen Sicherheit unter Auflagen erteilen.
Strafbestimmungen
§ 14. Wer den Bestimmungen dieses Bundesgesetzes oder seinen Verordnungen zuwiderhandelt, begeht, sofern die Tat nicht den Tatbestand einer in die Zuständigkeit der Gerichte fallenden strafbaren Handlung bildet vorliegt, eine Verwaltungsübertretung und ist mit einer Geldstrafe von bis zu 100 000 Euro zu bestrafen. Wer jedoch eine Weltraumaktivität ohne Genehmigung nach § 3 oder § 7 durchführt, ist mit einer Geldstrafe von mindestens 20 000 Euro zu bestrafen.
Übergangsbestimmung
§ 15. Dieses Bundesgesetz gilt für Weltraumaktivitäten, die nach seinem Inkrafttreten durchgeführt werden.Für Weltraumaktivitäten, die vor dem Inkrafttreten des Gesetzes in Auftrag gegeben wurden, wird die Genehmigungspflicht der §§ 3 bis 5 durch eine Anzeigepflicht des Betreibers ersetzt. Der Betreiber hat alle Unterlagen beizubringen, die die Überprüfung des Vorliegens der Voraussetzungen des § 4 Abs. 1 ermöglichen. § 11 findet auf Weltraumaktivitäten, die vor dem Inkrafttreten des Gesetzes in Auftrag gegeben wurden, keine Anwendung.
Sprachliche Gleichbehandlung
§ 16. Soweit sich die in diesem Bundesgesetz verwendeten Bezeichnungen auf natürliche Personen beziehen, gilt die gewählte Form für beide Geschlechter. Bei der Anwendung dieser Bezeichnungen auf bestimmte natürliche Personen ist die jeweils geschlechtsspezifische Form zu verwenden.
Vollziehung
§ 17. (1) Mit der Vollziehung dieses Bundesgesetzes ist die Bundesministerin/der Bundesminister für Verkehr, Innovation und Technologie betraut.
(2) Mit der Vollziehung des § 4 Abs. 1 Z 2 ist die Bundesministerin/der Bundesminister für Verkehr, Innovation und Technologie im Einvernehmen mit der Bundesministerin/dem Bundesminister für Inneres betraut.
(3) Mit der Vollziehung des § 4 Abs. 1 Z 3 ist die Bundesministerin/der Bundesminister für Verkehr, Innovation und Technologie im Einvernehmen mit der Bundesministerin/dem Bundesminister für europäische und internationale Angelegenheiten und der Bundesministerin/dem Bundesminister für Landesverteidigung und Sport betraut.
(4) Mit der Vollziehung des § 4 Abs. 4 ist die Bundesministerin/der Bundesminister für Verkehr, Innovation und Technologieim Einvernehmen mit der Bundesministerin/dem Bundesminister für Justiz betraut.
(5) Mit der Vollziehung des § 11 ist die Bundesministerin/der Bundesminister für Verkehr, Innovation und Technologie im Einvernehmen mit der Bundesministerin/dem Bundesminister für Finanzen und der Bundesministerin/dem Bundesminister für Justiz betraut.
(6) Mit der Vollziehung des § 12 Abs. 3 und 4 ist die Bundesministerin/der Bundesminister für Verkehr, Innovation und Technologie im Einvernehmen mit der Bundesministerin/dem Bundesminister für Finanzen betraut.
Fischer
Faymann
Lizenziert vom RIS (ris.bka.gv.at - CC BY 4.0 DEED)