233. Verordnung des Bundesministers für Land und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft zur Durchführung des Pflanzenschutzmittelgesetzes 2011 (Pflanzenschutzmittelverordnung 2011)
Aufgrund des § 6 des Pflanzenschutzmittelgesetzes 2011, BGBl. I Nr. 10/2011, wird verordnet:
Inhaltsverzeichnis
§ 1 Abgabe, Erwerb und Lagerung
§ 2 Aus- und Weiterbildung
§ 3 Bescheinigung
§ 4 Betriebsregister
§ 5 Pflanzenschutzmittelregister
§ 6 Meldepflichten
§ 7 Kennzeichnung
§ 8 Fertigpackungen
§ 9 Versuchseinrichtungen
§ 10 Informationspflichten
§ 11 Zulassung für den Haus- und Kleingartenbereich
§ 12 Zulassung von Nützlingen
§ 13 Vertriebserweiterung
§ 14 Aufsicht
§ 15 Inkrafttreten und Übergangsbestimmungen
§ 16 Bezugnahme auf Rechtsvorschriften
Abgabe, Erwerb und Lagerung
§ 1. (1) Beim Verkauf von Pflanzenschutzmitteln muss ausreichend Personal zur Verfügung stehen, das im Besitz einer Bescheinigung (§ 3) ist, um den Kunden geeignete Hinweise für die Verwendung von Pflanzenschutzmitteln, Informationen über die Risiken für die menschliche Gesundheit und die Umwelt sowie Sicherheitshinweise für das Risikomanagement zu den betreffenden Produkten zu geben.
(2) Pflanzenschutzmittel, die für die berufliche Verwendung zugelassen sind, dürfen nur an Personen verkauft werden, die im Besitz einer Bescheinigung nach Art. 5 der Richtlinie 2009/128/EG sind.
(3) Auf Drogisten in Ausübung des Gewerbes gemäß § 104 der Gewerbeordnung 1994 und sehr kleine Vertreiber im Einzelhandel, die ausschließlich Pflanzenschutzmittel für den Haus- und Kleingartenbereich verkaufen, ist Abs. 1 nicht anzuwenden. Sehr kleine Vertreiber sind Vertreiber im Einzelhandel, die nicht mehr als 100 kg Pflanzenschutzmittel im Kalenderjahr verkaufen. Diese Mengenregelung ist bei Unternehmen mit mehreren Standorten auf jeden Filialbetrieb anzuwenden. In allen Unternehmen mit mehr als fünf Filialbetrieben muss jedoch zumindest ein Verantwortlicher des Unternehmens über eine Bescheinigung gemäß § 3 verfügen, je 20 Filialen muss zumindest eine Person über eine Bescheinigung gemäß § 3 verfügen; darüber hinaus sind diese Unternehmen verpflichtet, ein internes Schulungssystem einzurichten.
(4) Vertreiber, die Pflanzenschutzmittel für den Haus- und Kleingartenbereich verkaufen, haben den Kunden Informationen im Sinne des Art. 6 Abs. 3 der Richtlinie 2009/128/EG über die Risiken der Verwendung von Pflanzenschutzmitteln für die menschliche Gesundheit und die Umwelt, insbesondere über die Gefahren, die Exposition, die sachgemäße Lagerung, Handhabung, Anwendung und sichere Entsorgung sowie Alternativen mit geringem Risiko, zur Verfügung zu stellen. Die Zulassungs- und Genehmigungsinhaber von Pflanzenschutzmitteln haben den Vertreibern die entsprechenden Informationen zur Verfügung zu stellen.
(5) Eine Tätigkeit als Berater im Rahmen des Vertriebs von Pflanzenschutzmitteln für die berufliche Verwendung dürfen nur Personen ausüben, die im Besitz einer Bescheinigung (§ 3) sind.
(6) Vertreiber im Sinne des Abs. 3, bei denen es aus technischen Gründen (zum Beispiel Platzmangel auf Rechnungen beziehungsweise Kassenbelegen) nicht möglich ist, alle Angaben im Sinne des § 11 Abs. 2 des Pflanzenschutzmittelgesetzes 2011 vollständig anzuführen, haben durch entsprechende innerbetriebliche Aufzeichnungen in nachvollziehbarer Weise sicherzustellen, dass über die verwendeten Bezeichnungen (zum Beispiel Artikelnummer oder Sachbezeichnung) eine eindeutige Zuordnung des Produkts zum zugelassenen Pflanzenschutzmittel gegeben ist.
(7) Pflanzenschutzmittel sind von Vertreibern so zu lagern, dass es zu keiner unbeabsichtigten Freisetzung oder Vermischung mit anderen Produkten, insbesondere Lebens- und Futtermitteln, kommen kann.
Aus- und Weiterbildung
§ 2. (1) Die Durchführung der Aus- und Weiterbildung gemäß Anhang I der Richtlinie 2009/128/EG für Vertreiber und Berater im Vertrieb zum Zweck der Erlangung der Bescheinigung obliegt dem Bundesamt für Ernährungssicherheit und der Wirtschaftskammer Österreich. Diese sind ermächtigt, diese Aufgabe an fachlich befähigte Personen, die Aus- und Weiterbildungskurse im Sinne des Abs. 2 anbieten und nachweislich im vorgesehenen Umfang durchführen, zu übertragen.
(2) Die Gesamtdauer der Ausbildung hat sechzehn Stunden und jene der Weiterbildung acht Stunden zu betragen, wobei eine ausgewogene Vermittlung der Themen gemäß Anhang I der Richtlinie 2009/128/EG vorzusehen ist, deren Inhalt und Umfang vom Bundesamt für Ernährungssicherheit festgelegt wird. Über den erfolgten Kursbesuch ist eine Bestätigung auszustellen.
(3) Die Aus- und Weiterbildung von Staatsangehörigen eines Mitgliedstaats der Europäischen Union oder eines Vertragsstaats des Europäischen Wirtschaftsraums gemäß Art. 5 der Richtlinie 2009/128/EG in einem Mitgliedstaat der Europäischen Union oder einem Vertragsstaat des Europäischen Wirtschaftsraums gilt als Aus- und Weiterbildung im Sinne der Verordnung, wenn sie im Original vorgelegt und gegebenenfalls in beglaubigter Übersetzung nachgewiesen werden kann. Auf Antrag kann eine Bescheinigung gemäß § 3 ausgestellt werden.
Bescheinigung
§ 3. (1) Die Bescheinigung ist vom Bundesamt für Ernährungssicherheit nach Vorlage der Bestätigung eines erfolgten Kursbesuchs (§ 2 Abs. 2) auszustellen; sie hat insbesondere folgende Angaben zu enthalten:
- 1. „Bescheinigung gemäß Art. 5 der Richtlinie 2009/128/EG “,
- 2. Bescheinigungsstelle,
- 3. Name, Anschrift, Geburtsdatum, Lichtbild und Unterschrift des Besitzers,
- 4. fortlaufende Nummer,
- 5. Ausstellungsdatum und
- 6. Ablaufdatum.
(2) Die Bescheinigung ist für die Dauer von sechs Jahren gültig. Wird die Aus- und Weiterbildung vor dem 26. November 2015 oder vor Ablauf der sechsjährigen Frist absolviert, verlängert sich die Gültigkeit der Bescheinigung - abgesehen im Falle des Abs. 3 - um diesen Zeitraum.
(3) Bei Verhängung einer Verwaltungsstrafe nach § 15 des Pflanzenschutzmittelgesetzes 2011 ist binnen einem Jahr ein Weiterbildungskurs im Mindestausmaß von acht Stunden zu absolvieren, ansonsten ist die Bescheinigung mit Bescheid vom Bundesamt für Ernährungssicherheit zu entziehen. Entzogene Bescheinigungen sind dem Bundesamt für Ernährungssicherheit zu übermitteln. Bei Verhängung einer weiteren Verwaltungsstrafe nach § 15 des Pflanzenschutzmittelgesetzes 2011 gegen den Bescheinigungsinhaber innerhalb von drei Jahren kann die Bescheinigung sofort entzogen werden.
Betriebsregister
§ 4. (1) Die Registrierung erfolgt durch Eintragung des Betriebs in ein amtliches Verzeichnis gemäß § 4 Abs. 1 des Pflanzenschutzmittelgesetzes 2011, welches vom Bundesamt für Ernährungssicherheit zu veröffentlichen ist. Mit der Meldung zum Zweck der Registrierung sind Firmenbezeichnung einschließlich Rechtsform, Firmenanschrift sowie Niederlassungen und Filialbetriebe bekanntzugeben. Für die Meldung ist ein in den Amtlichen Nachrichten des Bundesamts für Ernährungssicherheit zu veröffentlichendes Formular zu verwenden.
(2) Die Registrierung ist zurückzunehmen oder nicht vorzunehmen, wenn der Registrierungsinhaber Sitz oder Niederlassung im Inland aufgegeben hat.
Pflanzenschutzmittelregister
§ 5. (1) Zugelassene und genehmigte Pflanzenschutzmittel sowie Vertriebserweiterungen (§ 13) sind bis zum Ende der Aufbrauchfristen in das Pflanzenschutzmittelregister mit einer fortlaufenden Nummer (Zulassungsnummer) einzutragen. Das Pflanzenschutzmittelregister gemäß § 4 Abs. 2 des Pflanzenschutzmittelgesetzes 2011 ist vom Bundesamt für Ernährungssicherheit zu veröffentlichen.
(2) In das Pflanzenschutzmittelregister sind einzutragen:
- 1. Datum und Dauer der Zulassung, Genehmigung oder Vertriebserweiterung,
- 2. Erneuerung, Aufhebung und Änderungen der Zulassung, Genehmigung oder Vertriebserweiterung,
- 3. Aufbrauchfristen gemäß Art. 46 der Verordnung (EG) Nr. 1107/2009 ,
- 4. die Angaben gemäß Art. 65 der Verordnung (EG) Nr. 1107/2009 ,
- 5. Referenzmitgliedstaat des gemäß Art. 40 der Verordnung (EG) Nr. 1107/2009 zugelassenen Pflanzenschutzmittels sowie Handelsname und Zulassungs- oder Registernummer, unter der es im Referenzmitgliedstaat in Verkehr gebracht wird, und
- 6. Ursprungsmitgliedstaat des gemäß Art. 52 der Verordnung (EG) Nr. 1107/2009 genehmigten Pflanzenschutzmittels sowie Handelsname und Zulassungs- oder Registernummer, unter der es im Ursprungsmitgliedstaat in Verkehr gebracht wird.
(3) Die Zulassung, Genehmigung oder Meldung (§ 15 Abs. 8) eines Pflanzenschutzmittels erlischt, wenn die jährliche Pflanzenschutzmittelregistergebühr gemäß § 6 Abs. 6 GESG trotz Mahnung nicht entrichtet wurde.
Meldepflichten
§ 6. (1) Die Zulassungs- und Genehmigungsinhaber sowie Inverkehrbringer gemäß § 15 Abs. 8 haben dem Bundesamt für Ernährungssicherheit binnen zwei Monaten nach Ablauf des Kalenderjahres schriftlich zu melden:
- 1. die Namen (nach international anerkannten oder gleichwertigen verkehrsüblichen Bezeichnungen) und die Mengen der einzelnen Wirkstoffe der jährlich von ihnen im Inland in Verkehr gebrachten und der jährlich von ihnen aus dem Inland verbrachten Pflanzenschutzmittel und
- 2. die Handelsnamen, Zulassungsnummern und Mengen der einzelnen Pflanzenschutzmittel, die jährlich von ihnen im Inland in Verkehr gebracht und die jährlich von ihnen aus dem Inland verbracht wurden.
(2) Die Zulassungs- und Genehmigungsinhaber sowie Inverkehrbringer gemäß § 15 Abs. 8 haben dem Bundesamt für Ernährungssicherheit unverzüglich schriftlich zu melden:
- 1. alle ihnen nachträglich bekannt gewordenen Beobachtungen und Daten, die mit den Zulassungs- oder Genehmigungsvoraussetzungen nicht im Einklang stehen, insbesondere sämtliche neuen Angaben über potenziell gefährliche Auswirkungen eines Pflanzenschutzmittels oder von deren Rückständen auf die Gesundheit von Mensch und Tier oder auf das Grundwasser oder über potenziell gefährliche Einflüsse auf die Umwelt,
- 2. den Wechsel des Herstellers eines Wirkstoffes oder der Zubereitung und die Aufgabe des Sitzes oder der Niederlassung in der Europäischen Union,
- 3. Abänderung, Verlängerung oder Beendigung der Zulassung im Referenzmitgliedstaat im Falle von Art. 40 und im Ursprungsmitgliedstaat im Falle von Art. 52 der Verordnung (EG) Nr. 1107/2009 und
- 4. Abänderung, Verlängerung oder Beendigung der Zulassung im Referenzmitgliedstaat von Pflanzenschutzmitteln, die gemäß § 12 Abs. 1 und 2 des Pflanzenschutzmittelgesetzes 1997 zugelassen sind.
(3) Die Registrierungsinhaber haben dem Bundesamt für Ernährungssicherheit eine Änderung der Daten gemäß § 4 Abs. 1 unverzüglich schriftlich zu melden.
Kennzeichnung
§ 7. (1) Die Kennzeichnung muss den Anforderungen des Art. 65 der Verordnung (EG) Nr. 1107/2009 entsprechen und allgemein verständlich in deutscher Sprache, deutlich sicht- und lesbar sowie dauerhaft angebracht sein. Andere als in der Verordnung (EG) Nr. 1107/2009 vorgesehene Angaben oder Aufmachungen müssen von der Kennzeichnung deutlich abgesetzt und dürfen nicht irreführend sein.
(2) Pflanzenschutzmittel gemäß Art. 52 der Verordnung (EG) Nr. 1107/2009 dürfen mit einer neuen Kennzeichnung nur dann in Verkehr gebracht werden, wenn durch entsprechende innerbetriebliche Aufzeichnungen der Angaben gemäß Art. 52 Abs. 4 lit. a bis c der Verordnung (EG) Nr. 1107/2009 sowie der Chargennummer des Originalprodukts eine Zuordnung des Produkts zu dem im Ursprungsmitgliedstaat zugelassenen Pflanzenschutzmittel in nachvollziehbarer Weise sichergestellt ist. Die Chargennummer der Formulierung des Originalproduktes und das Herstellungsdatum müssen auf der Verpackung weiterhin deutlich sichtbar und lesbar sein.
(3) Auf Überverpackungen ist zusätzlich die Anzahl der enthaltenen Fertigpackungen anzugeben.
Fertigpackungen
§ 8. Pflanzenschutzmittel gemäß § 23 des Chemikaliengesetzes 1996 haben den darin festgelegten Anforderungen zu entsprechen. Ansonsten dürfen Pflanzenschutzmittel nur in unbeschädigten und sicheren Fertigpackungen in Verkehr gebracht werden. Sie müssen so beschaffen sein, dass die in ihnen enthaltenen Pflanzenschutzmittel bei sachgerechter Lagerung und Handhabung bis zu ihrem Verbrauch keine Gefahr für die Gesundheit von Menschen und Tieren oder für die Umwelt herbeiführen können. Die Fertigpackungen müssen insbesondere nachstehenden Anforderungen entsprechen:
- 1. sie müssen so hergestellt und beschaffen sein, dass vom Inhalt nichts unbeabsichtigt nach außen gelangen kann,
- 2. die Werkstoffe der Fertigpackungen und der Verschlüsse müssen so beschaffen sein, dass sie vom Inhalt nicht angegriffen werden und keine gefährlichen Verbindungen mit ihm eingehen können; erforderlichenfalls sind die Fertigpackungen auch mit kindersicheren Verschlüssen zu versehen,
- 3. die Fertigpackungen und die Verschlüsse müssen in allen Teilen so fest und so stark sein, dass sie den zu erwartenden Beanspruchungen zuverlässig standhalten, und
- 4. die Behältnisse mit Verschlüssen, die nach dem Öffnen erneut verwendbar sind, müssen so beschaffen sein, dass die Fertigpackung mehrfach so verschlossen werden kann, dass vom Inhalt nichts unbeabsichtigt nach außen gelangen kann.
Versuchseinrichtungen
§ 9. (1) Versuchseinrichtungen für die Prüfung der Wirksamkeit und Phytotoxizität sind die Österreichische Agentur für Gesundheit und Ernährungssicherheit GmbH und das Bundesforschungs- und Ausbildungszentrum für Wald, Naturgefahren und Landschaft.
(2) Das Bundesamt für Ernährungssicherheit hat auf Antrag mit Bescheid sonstige Betriebe als Versuchseinrichtungen anzuerkennen, wenn sie die in Art. 29 Abs. 3 der Verordnung (EG) Nr. 1107/2009 festgelegten Voraussetzungen - gegebenenfalls unter Erteilung von Bedingungen und Auflagen - erfüllen.
(3) Das Bundesamt für Ernährungssicherheit hat die Anerkennung aufzuheben, wenn die Versuchseinrichtungen die Voraussetzungen gemäß Abs. 2 nicht mehr erfüllen.
(4) Amtliche oder amtlich anerkannte Versuchseinrichtungen anderer Mitgliedstaaten sind inländischen Versuchseinrichtungen gleichgestellt.
Informationspflichten
§ 10. (1) Das Bundesamt für Ernährungssicherheit hat die erforderlichen Maßnahmen im Sinne des Art. 7 Abs. 1 der Richtlinie 2009/128/EG durchzuführen.
(2) Liegen Informationen vor, dass von Pflanzenschutzmitteln ein nicht vertretbares Risiko für die menschliche oder tierische Gesundheit ausgeht, so hat das Bundesamt für Ernährungssicherheit die beteiligten Verkehrskreise in geeigneter Weise zu informieren.
Zulassung für den Haus- und Kleingartenbereich
§ 11. (1) Pflanzenschutzschutzmittel, die im Haus- und Kleingartenbereich verwendet werden, unterliegen besonderen Zulassungsanforderungen.
(2) Pflanzenschutzmittel für den Haus- und Kleingartenbereich müssen so beschaffen sein, dass sie ohne spezielle pflanzenschützerische Kenntnisse durch nicht berufliche Verwender sicher verwendet werden können. Die Packungsgrößen sind auf die Anwendung im Haus- und Kleingartenbereich abzustellen und auf eine maximale Einsatzfläche von 500 m² zu beschränken. Die Pflanzenschutzmittel müssen von ihren Eigenschaften her rasch abbauen, unbedenklich für den Anwender und die Umwelt sein und dürfen zumindest nicht als T+ (sehr giftig), T (giftig) oder C (ätzend) sowie „krebserregend“, „erbgutschädigend“ oder „fortpflanzungsgefährdend“ gemäß der Richtlinie 1999/45/EG eingestuft oder gekennzeichnet sein. Pflanzenschutzmittel, die als Xn (gesundheitsschädlich) oder Xi (reizend) eingestuft oder gekennzeichnet sind oder ein besonderes Gefährdungspotential für den Naturhaushalt und das Grundwasser aufweisen, können für den Haus- und Kleingartenbereich geeignet sein (Einzelfallprüfung), wenn durch die Art der Formulierung, Dosiereinrichtung, Verpackung und Anwendeform sichergestellt wird, dass bei bestimmungsgemäßer und sachgerechter Anwendung oder als Folge einer solchen Anwendung eine Gefährdung von Mensch, Tier, Naturhaushalt und Grundwasser ausgeschlossen wird.
(3) Das Bundesamt für Ernährungssicherheit hat über die Anforderungen des Abs. 2 hinaus weitere Einschränkungen und Auflagen im Rahmen der Zulassung für den Haus- und Kleingartenbereich vorzunehmen, soweit dies im Einzelfall auf Grund der Eigenschaften des Pflanzenschutzmittels und der darin enthaltenen Wirkstoffe erforderlich ist. Dazu zählen insbesondere auch die Art der Verpackung und die Form der Anwendung sowie die Vorschreibung spezieller Dosiersysteme oder Anwendungshilfen.
(4) Pflanzenschutzmittel für den Haus- und Kleingartenbereich sind in der Kennzeichnung speziell mit „Für die Verwendung im Haus- und Kleingartenbereich zulässig“ zu kennzeichnen.
Zulassung von Nützlingen
§ 12. (1) Makroorganismen - ausgenommen Wirbeltiere - sowie deren Inhaltsstoffe mit allgemeiner oder spezifischer Wirkung gegen Schadorganismen an Pflanzen, Pflanzenteilen oder Pflanzenerzeugnissen gelten als Pflanzenschutzmittel („Nützlinge“).
(2) Das Inverkehrbringen von Nützlingen, die für einen nach Art. 2 Abs. 1 der Verordnung (EG) Nr. 1107/2009 angeführten Verwendungszweck bestimmt sind, ist nur zulässig, wenn hierfür eine Zulassung des Bundesamts für Ernährungssicherheit vorliegt.
(3) Dem Antrag auf Zulassung sind insbesondere die zur Prüfung der Zulassungsvoraussetzungen erforderlichen Angaben, Unterlagen und Proben im Hinblick auf unannehmbare negative Auswirkungen und Risiken auf die Umwelt (unter besonderer Berücksichtigung einer allfälligen Einschleppung oder Ausbreitung invasiver Arten) sowie auf die Biodiversität anzuschließen. Hinsichtlich sonstiger Zulassungsvoraussetzungen können je nach Eigenschaften des Nützlings Erleichterungen von den Anforderungen vorgesehen werden.
(4) Die Zulassung ist mit höchstens 15 Jahren befristet.
Vertriebserweiterung
§ 13. (1) Ein Pflanzenschutzmittel darf auch von anderen Personen als dem Zulassungsinhaber auf der Grundlage einer Vereinbarung mit diesem unter einer abweichenden Bezeichnung erstmalig in Verkehr gebracht werden. Der Zulassungsinhaber hat den Abschluss der Vereinbarung unter Angabe des Namens und der Anschrift des Berechtigten sowie der abweichenden Bezeichnung, unter der das Pflanzenschutzmittel von dem Berechtigten in Verkehr gebracht werden soll, dem Bundesamt für Ernährungssicherheit mitzuteilen.
(2) Ein Pflanzenschutzmittel im Sinne des Abs. 1 darf nur in Verkehr gebracht werden mit
- 1. der abweichenden Bezeichnung,
- 2. Namen und Anschrift des Berechtigten und
- 3. der vom Bundesamt für Ernährungssicherheit auf Grund der Vertriebserweiterung vergebenen Vertriebsnummer.
(3) Das Vertriebsprodukt unterliegt den gleichen Anforderungen wie das Referenzprodukt und der Berechtigte den gleichen Pflichten wie der Zulassungsinhaber. Änderungen einer Vereinbarung gemäß Abs. 1 haben auf bereits in Verkehr gebrachte Pflanzenschutzmittel keine Auswirkung. Artikel 46 der Verordnung (EG) Nr. 1107/2009 ist anzuwenden.
Aufsicht
§ 14. (1) Vom Bundesamt für Ernährungssicherheit dürfen nur Personen als Aufsichtsorgane mit der Kontrolle betraut werden, die eine Ausbildung im Sinne des § 2 aufweisen und befähigt sind,
- 1. die notwendigen Maßnahmen zu treffen, um Zuwiderhandlungen gegen pflanzenschutzmittelrechtliche Vorschriften zu unterbinden, sowie gegebenenfalls Anzeige zu erstatten oder eine Beanstandung auszusprechen,
- 2. Anweisungen und Informationen zu geben, um Zuwiderhandlungen gegen pflanzenschutzmittelrechtliche Vorschriften zu vermeiden,
- 3. Wirtschaftsbeteiligte und Verbraucher über die Grundzüge der pflanzenschutzmittelrechtlichen Vorschriften und deren Vollzug aufzuklären.
(2) Die Anforderungen nach Abs. 1 erfüllt, wer denn erfolgreichen Abschluss eines Lehrgangs (Abs. 3) nachweisen kann.
(3) Der Lehrgang wird vom Bundesamt für Ernährungssicherheit durchgeführt und umfasst einen theoretischen und praktischen Teil im Ausmaß von bis zu zehn Tagen.
(4) Die Aufsichtsorgane haben mindestens alle fünf Jahre eine Weiterbildung von insgesamt mindestens zwei Tagen zu absolvieren.
(5) Für die Durchführung der Probenahme können Personen eingesetzt werden, die nicht die Anforderungen nach Abs. 2 erfüllen, soweit diese Personen hinreichend geschult und die erworbenen Kenntnisse und Fertigkeiten durch Bescheinigung nachgewiesen wurden.
(6) Im Rahmen der praktischen Aus- und Weiterbildung von Aufsichtsorganen führen Organe des Bundesamts für Ernährungssicherheit Vor-Ort-Begehungen durch.
(7) Werden durch das Aufsichtsorgan bei einer Vor-Ort-Kontrolle Mängel festgestellt, die die Setzung einer Maßnahme nach § 10 Abs. 5 des Pflanzenschutzmittelgesetzes 2011 erfordert, so hat das Aufsichtsorgan den Verantwortlichen über die Rechtswidrigkeit aufzuklären und die festgestellten Mängel und die angeordneten Maßnahmen in der Niederschrift festzuhalten.
Inkrafttreten und Übergangsbestimmungen
§ 15. (1) Diese Verordnung, ausgenommen § 1 Abs. 1 bis 5, tritt am 14. Juni 2011 in Kraft.
(2) § 1 Abs. 4 tritt am 26. November 2011 und § 1 Abs. 1, 2, 3 und 5 am 26. November 2015 in Kraft.
(3) Verfahren, die vor dem 14. Juni 2011 bereits zugelassene Pflanzenschutzmittel betreffen oder vor dem 14. Juni 2011 bereits anhängig sind, sind - ausgenommen auf Verlangen des Antragstellers - nach der bis dahin geltenden Rechtslage fortzusetzen, soweit dem Rechtsvorschriften der Europäischen Union nicht entgegenstehen.
(4) Über Anträge auf Zulassung gemäß § 9 oder § 12 Abs. 1 und 2 des Pflanzenschutzmittelgesetzes 1997, die bis zum 13. Juni 2011 eingebracht werden, wird auf Grundlage der vor dem 14. Juni 2011 geltenden Rechtslage entschieden.
(5) Zulassungen von Pflanzenschutzmitteln gemäß § 12 Abs. 1 und 2 des Pflanzenschutzmittelgesetzes 1997 bleiben, abgesehen von einer vorzeitigen Aufhebung der Zulassung im Referenzmitgliedstaat, bis zur rechtskräftigen Erneuerung der Zulassung gemäß Art. 43 der Verordnung (EG) Nr. 1107/2009 aufrecht.
(6) Auf zugelassene Pflanzenschutzmittel in einem Referenzmitgliedstaat, die nach den „Einheitlichen Grundsätzen“ gemäß Anhang VI der Richtlinie 91/414/EWG bewertet wurden, ist Art. 40 der Verordnung (EG) Nr. 1107/2009 sinngemäß anzuwenden.
(7) Pflanzenschutzmittel, die keine Einstufung im Sinne des Art. 31 Abs. 4 Buchstabe d der Verordnung (EG) Nr. 1107/2009 aufweisen, gelten ab 26. November 2015 als ausschließlich für den beruflichen Verwender geeignet und dürfen nicht mehr für die Verwendung im Haus- und Kleingartenbereich abgegeben werden.
(8) Pflanzenschutzmittel gemäß § 3 Abs. 4 des Pflanzenschutzmittelgesetzes 1997 dürfen unter der Voraussetzung, dass die Zulassung im Ursprungsmitgliedstaat noch aufrecht ist und die Konformität mit den Rechtsvorschriften der Europäischen Union gegeben ist, bis 31. Dezember 2013 mit einer den Bestimmungen des Pflanzenschutzmittelgesetzes 1997 entsprechenden Kennzeichnung in Verkehr gebracht werden.
(9) Bewilligungen für wissenschaftliche Versuche gemäß § 26 des Pflanzenschutzmittelgesetzes 1997 und Bestätigungen für die Einfuhr gemäß § 27 des Pflanzenschutzmittelgesetzes 1997 bleiben aufrecht.
(10) Anträge auf vorläufige Zulassung von Pflanzenschutzmitteln gemäß § 9 des Pflanzenschutzmittelgesetzes 1997, die einen neuen Wirkstoff enthalten, auf den die Übergangsbestimmung des Art. 80 Abs. 1 lit. a der Verordnung (EG) Nr. 1107/2009 anzuwenden ist, sind auch nach dem 14. Juni 2011 möglich.
Bezugnahme auf Rechtsvorschriften
§ 16. Durch diese Verordnung werden folgende Richtlinie und Verordnungen der Europäischen Union sowie die darauf beruhende Durchführungsverordnungen, soweit sie den Anwendungsbereich des Pflanzenschutzmittelgesetzes 2011 betreffen, in der jeweils geltenden Fassung umgesetzt und vollzogen:
- 1. Verordnung (EG) Nr. 1107/2009 über das Inverkehrbringen von Pflanzenschutzmitteln und die Aufhebung der Richtlinien 79/117/EWG und 91/414/EWG, ABl. Nr. L 309 vom 24.11.2009 S 1;
- 2. Richtlinie 2009/128/EG über einen Aktionsrahmen der Gemeinschaft für die nachhaltige Verwendung von Pestiziden, ABl. Nr. L 309 vom 24.11.2009 S. 71, ausgenommen Biozidprodukte nach dem Biozid-Produkte-Gesetz, BGBl. I Nr. 105/2000;
- 3. Verordnung (EG) 178/2002 zur Festlegung der allgemeinen Grundsätze und Anforderungen des Lebensmittelrechts, zur Errichtung der Europäischen Behörde für Lebensmittelsicherheit und zur Festlegung von Verfahren zur Lebensmittelsicherheit, ABl. Nr. L 31 vom 1.2.2002 S. 1;
- 4. Durchführungsverordnung (EU) Nr. 540/2011 zur Durchführung der Verordnung (EG) Nr. 1107/2009 hinsichtlich der Liste zugelassener Wirkstoffe, ABl. Nr. L 153 vom 11.6.2011 S. 1;
- 5. Verordnung (EU) Nr. 544/2011 zur Durchführung der Verordnung (EG) Nr. 1107/2009 hinsichtlich der Datenanforderungen für Wirkstoffe, ABl. Nr. L 155 vom 11.6.2011 S. 1;
- 6. Verordnung (EU) Nr. 545/2011 zur Durchführung der Verordnung (EG) Nr. 1107/2009 hinsichtlich der Datenanforderungen für Pflanzenschutzmittel, ABl. Nr. L 155 vom 11.6.2011 S. 67;
- 7. Verordnung (EU) Nr. 546/2011 zur Durchführung der Verordnung (EG) Nr. 1107/2009 hinsichtlich einheitlicher Grundsätze für die Bewertung und Zulassung von Pflanzenschutzmitteln, ABl. Nr. L 155 vom 11.6.2011 S. 127;
- 8. Verordnung (EU) Nr. 547/2011 zur Durchführung der Verordnung (EG) Nr. 1107/2009 hinsichtlich der Kennzeichnungsanforderungen für Pflanzenschutzmittel, ABl. Nr. L 155 vom 11.6.2011 S. 176.
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