259. Verordnung des Bundesministers für Gesundheit über die Anwendung von Veterinär-Arzneispezialitäten unter Einbindung des Tierhalters (Veterinär-Arzneispezialitäten-Anwendungsverordnung 2010)
Auf Grund des § 7 Abs. 1 des Tierarzneimittelkontrollgesetzes (TAKG), BGBl. I Nr. 28/2002, zuletzt geändert durch das Bundesgesetz BGBl. I Nr. 36/2008 und das Bundesgesetz BGBl. I Nr. 3/2009, wird verordnet:
Grundsatz der Arzneimittelanwendung
§ 1. Die Einbindung des Tierhalters bei der Anwendung von Tierarzneimitteln (Veterinär-Arzneispezialitäten) darf durch den Tierarzt nur nach den §§ 20 und 21 des Tierärztegesetzes, BGBl. Nr. 16/1975, zuletzt geändert durch das Bundesgesetz BGBl. I Nr. 135/2006 und das Bundesgesetz BGBl. I Nr. 3/2009, im unbedingt notwendigen Ausmaß und entsprechend den Vorgaben dieser Verordnung erfolgen.
Freigabe von Veterinär-Arzneispezialitäten zur Abgabe an Tierhalter
§ 2. (1) Veterinär-Arzneispezialitäten, die nach Maßgabe der folgenden Bestimmungen geeignet sind, an Tierhalter abgegeben zu werden, können vom Bundesminister für Gesundheit unter Berücksichtigung folgender Voraussetzungen hierfür freigegeben werden:
- 1. sie enthalten nur pharmakologisch wirksame Stoffe, die in Tabelle 1 des Anhangs der Verordnung (EU) Nr. 37/2010 über pharmakologisch wirksame Stoffe und ihre Einstufung hinsichtlich der Rückstandshöchstmengen in Lebensmitteln tierischer Herkunft, ABl. Nr. L 15 vom 20.1.2010, S. 1, genannt sind, und
- 2. sie sind in Österreich zugelassen, und
- 3. es dürfen gegen die Freigabe keine tierseuchenrechtlichen oder fachlichen Bedenken bestehen, und
- 4. die Abgabe an den Tierhalter ist nach Unionsrecht nicht verboten, und
- 5. die Anwendung darf gemäß Fachinformation nicht ausschließlich dem Tierarzt vorbehalten sein.
(2) Die Freigabe der Veterinär-Arzneispezialitäten erfolgt durch Kundmachung in den Amtlichen Veterinärnachrichten (AVN) und ist mit dem ersten Tag des Folgemonats wirksam.
(3) Die Freigabe wird widerrufen, wenn eine der in Abs. 1 angeführten Voraussetzungen nicht oder nicht mehr gegeben ist. Der Widerruf erfolgt durch Kundmachung in den AVN und ist mit dem ersten Tag des Folgemonats wirksam.
(4) Ausgenommen vom Erfordernis der Freigabe nach Abs. 1 sind homöopathische Arzneispezialitäten.
Abgabe von Veterinär-Arzneispezialitäten an Tierhalter
§ 3. (1) Im Rahmen eines Tiergesundheitsdienstes nach § 7 Abs. 2 TAKG sowie nach § 12 und § 24 Abs. 3 des Tierärztegesetzes dürfen vom Tierarzt im Rahmen einer Behandlung oder zur Nachbehandlung dem Tierhalter zur oralen Verabreichung an Tiere oder zur äußerlichen Anwendung an Tieren Veterinär-Arzneispezialitäten überlassen werden, die
- 1. gemäß § 2 hierfür freigegeben wurden und
- 2. in der Spalte „Abgabe“ der Kundmachung gemäß § 2 Abs. 2 mit „NE“ gekennzeichnet sind.
(2) Ebenso dürfen vom Tierarzt homöopathische Arzneispezialitäten, die zur oralen oder äußerlichen Verabreichung bestimmt sind, dem Tierhalter überlassen werden.
(3) Der Tierarzt darf den Tierhaltern, die keinem gemäß der Tiergesundheitsdienst-Verordnung 2009 (TGD-VO 2009), BGBl. II Nr. 434, anerkannten Tiergesundheitsdienst (TGD) angehören, die in Abs. 1 und 2 genannten Arzneimittel nur in einer für den Therapieerfolg der jeweiligen Behandlung erforderlichen Menge, maximal jedoch den Monatsbedarf, abgeben. Bei äußerlich anzuwendenden Präparaten zur Parasitenbekämpfung kann die Abgabemenge für die Dauer eines Behandlungszyklus festgelegt werden, auch wenn der Monatsbedarf überschritten wird.
(4) Der Tierarzt hat den Tierhalter über die erforderlichen Lagerbedingungen der abgegebenen Veterinär-Arzneispezialitäten zu informieren.
Fütterungsarzneimittel-Vormischungen
§ 4. Fütterungsarzneimittel-Vormischungen dürfen nur dann an Tierhalter abgegeben werden, wenn die Bestimmungen des § 6 TAKG erfüllt sind.
Abgabe von Veterinär-Arzneispezialitäten im Tiergesundheitsdienst
§ 5. (1) Im Rahmen eines Tiergesundheitsdienstes nach § 7 Abs. 2 TAKG dürfen Veterinär-Arzneispezialitäten über die Bestimmungen der §§ 3 und 4 hinaus im Rahmen einer Behandlung oder zur Nachbehandlung dem TGD-Arzneimittelanwender zur oralen Verabreichung an Tiere oder zur äußerlichen Anwendung an Tieren sowie zur Nachbehandlung akut erkrankter Tiere oder Tiergruppen gemäß § 2 Z 4 TGD-VO 2009 zur subcutanen, intramuskulären, intranasalen und intramammären Anwendung am Tier überlassen werden, die
- 1. gemäß § 2 hierfür freigegeben wurden und
- 2. in der Spalte „Abgabe“ der Kundmachung gemäß § 2 Abs. 2 mit „TGD“ oder „TGD-AB“ gekennzeichnet sind.
Eine Abgabe von mit „TGD-AB“ gekennzeichneten Veterinär-Arzneispezialitäten ist nur auf Basis besonderer veterinärmedizinischer Erfordernisse gestattet und der Einsatz ist durch geeignete objektivierbare diagnostische Maßnahmen zu rechtfertigen. Die Abgabe hat hinsichtlich Abgabebedingungen, Abgabemenge und Abgabefristen überdies den Voraussetzungen des § 12 TGD-VO 2009 zu entsprechen.
(2) Abweichend von Abs. 1 dürfen einem TGD-Arzneimittelanwender als Teilnehmer eines genehmigten Tiergesundheitsprogrammes gemäß § 15 TGD-VO 2009, welches in den AVN kundgemacht wurde, auch andere Veterinär-Arzneispezialitäten zur Anwendung überlassen werden, wenn diese wie folgt im jeweiligen Programm angeführt sind:
- 1. Name der Veterinär-Arzneispezialitäten,
- 2. Zulassungsnummer der Veterinär-Arzneispezialitäten,
- 3. Zulassungsinhaber der Veterinär-Arzneispezialitäten,
- 4. Applikationsart und -menge und
- 5. ausdrücklicher Vermerk der Zulässigkeit der Abgabe der Veterinär-Arzneispezialitäten an den Tierhalter.
(3) Zusätzlich zu den Erfordernissen nach Abs. 1 und 2 dürfen die dort genannten Veterinär-Arzneispezialitäten nur dann dem TGD-Arzneimittelanwender überlassen werden, wenn der TGD-Arzneimittelanwender die Ausbildungserfordernisse nach § 10 und Anhang 4 der TGD-VO 2009 erfüllt.
(4) Injektoren zum Trockenstellen für Kühe dürfen vom Tierarzt an den TGD-Arzneimittelanwender abgegeben werden. Dies gilt auch für Injektoren zum Trockenstellen, die gemäß Fachinformation nur zur einmaligen Anwendung vorgesehen sind. Ebenso dürfen vom Tierarzt homöopathische Arzneispezialitäten dem TGD-Arzneimittelanwender überlassen werden.
(5) Der Tierarzt hat sich von den Möglichkeiten der ordnungsgemäßen Lagerung der abgegebenen Veterinär-Arzneispezialitäten zu überzeugen.
Tierimpfstoffe
§ 6. (1) Tierimpfstoffe dürfen zur Anwendung nur abgegeben werden, wenn sie hierzu gemäß § 2 Abs. 1 Z 2 bis 5 freigegeben wurden. Bestehende Meldepflichten gemäß § 12 Abs. 2 und 3 des Tierseuchengesetzes, RGBl. Nr. 177/1909, zuletzt geändert durch das Bundesgesetz BGBl. I Nr. 36/2008, sind vom Tierarzt einzuhalten.
(2) Die Freigabe für Tierimpfstoffe erfolgt durch Kundmachung in den AVN und ist mit dem ersten Tag des Folgemonats wirksam.
(3) Die Freigabe wird widerrufen, wenn eine der in § 2 Abs. 1 Z 2 bis 5 angeführten Voraussetzungen nicht oder nicht mehr gegeben ist. Der Widerruf erfolgt durch Kundmachung in den AVN und ist mit dem ersten Tag des Folgemonats wirksam.
(4) Werden Tierimpfstoffe vom behandelnden Tierarzt zur Anwendung abgegeben, darf dies nur in einer Menge geschehen, die zur Immunisierung der betreffenden Tiere gemäß Fachinformation erforderlich ist, maximal jedoch den Monatsbedarf.
Abgabe von Veterinär-Arzneispezialitäten bei Vorliegen eines Therapienotstandes
§ 7. (1) Veterinär-Arzneispezialitäten, die von § 1 Abs. 3 und § 4 Abs. 2 TAKG vom Tierarzt angewendet werden, dürfen nur unter Einhaltung der folgenden Bedingungen an den Tierhalter abgegeben werden:
- 1. sie haben gemäß Fachinformation zur oralen oder äußerlichen Anwendung vorgesehen zu sein und
- 2. sie enthalten nur pharmakologisch wirksame Stoffe, die in Tabelle 1 des Anhangs der Verordnung (EU) Nr. 37/2010 genannt sind und
- 3. ihre Abgabe an den Tierhalter darf nach Unionsrecht nicht verboten sein und
- 4. es dürfen gegen die Abgabe keine tierseuchenrechtlichen oder fachlichen Bedenken bestehen und
- 5. die Anwendung darf gemäß Fachinformation nicht ausschließlich dem Tierarzt vorbehalten sein.
(2) Die gemäß § 4a Abs. 1 und Abs. 2 TAKG vorgesehenen Aufzeichnungspflichten sind bei Abgaben im Sinne des Abs. 1 sofern zutreffend durch folgende Aufzeichnungen zu ergänzen:
- 1. Auf dem Abgabeschein ist ein Vermerk anzubringen, aus dem hervorgeht, dass diese Veterinär-Arzneispezialität nicht in Österreich zugelassen ist.
- 2. Auf dem Abgabeschein ist die Begründung der Anwendung und der Abgabe der Veterinär-Arzneispezialität anzugeben.
- 3. Die Wartezeit ist vom abgebenden Tierarzt gemäß § 4 Abs. 5 TAKG festzulegen.
- 4. Das Datum des Bezugs ist aufzuzeichnen und Nachweise des Bezugs (Kopie der Rechnung, Lieferschein etc.) sind mindestens fünf Jahre lang aufzubewahren.
- 5. Wenn die Gebrauchsinformation nicht in deutscher Sprache vorliegt, so ist dem Tierhalter eine entsprechende deutschsprachige Gebrauchsinformation in schriftlicher Form zu übergeben.
Personenbezogene Bezeichnungen
§ 8. Bei den in dieser Verordnung verwendeten personenbezogenen Bezeichnungen gilt die gewählte Form für beide Geschlechter.
Verweisungen
§ 9. Soweit in dieser Verordnung auf andere Bundesgesetze oder -verordnungen oder auf Bestimmungen in Vorschriften der Europäischen Union (EU) verwiesen wird, sind diese in ihrer jeweils geltenden Fassung anzuwenden.
Übergangsbestimmungen
§ 10. Veterinär-Arzneispezialitäten, die nach der Veterinär-Arzneispezialitäten-Anwendungsverordnung, BGBl. II Nr. 266/2006, an den Tierhalter abgegeben wurden, dürfen auch dann, wenn ihre Abgabe nach dieser Verordnung nicht mehr zulässig ist, noch bis zum Ablauf des 30. September 2010, Veterinär-Arzneimittelspezialitäten zur Parasitenbekämpfung bis zum Ablauf der Behandlungsperiode, angewendet werden.
In-Kraft-Treten
§ 11. (1) Diese Verordnung tritt mit dem 1. September 2010 in Kraft.
(2) Mit dem Ablauf des 31. August 2010 tritt die Veterinär-Arzneispezialitäten-Anwendungsverordnung, BGBl. II Nr. 266/2006, außer Kraft.
Stöger
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