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BGBl II 155/2007

BUNDESGESETZBLATT

FÜR DIE REPUBLIK ÖSTERREICH

155. Verordnung: Hämovigilanz-Verordnung 2007 - HäVO 2007
[CELEX-Nr.: 32005L0061]

155. Verordnung der Bundesministerin für Gesundheit, Familie und Jugend betreffend Hämovigilanzmeldungen (Hämovigilanz-Verordnung 2007 - HäVO 2007)

Auf Grund des § 75d Abs. 4 des Arzneimittelgesetzes, BGBl. Nr. 185/1983, zuletzt geändert durch die Bundesgesetze BGBl. I Nr. 153/2005 und BGBl. I Nr. 6/2007, und des § 21 Z 3 des Blutsicherheitsgesetzes 1999, BGBl. I Nr. 44, zuletzt geändert durch die Bundesgesetze BGBl. I Nr. 107/2005 und BGBl. I Nr. 6/2007, wird verordnet:

Geltungsbereich

§ 1. Diese Verordnung findet Anwendung auf Meldungen ernster unerwünschter Reaktionen oder ernster Zwischenfälle im Zusammenhang mit der Gewinnung, Testung, Transfusion, Verarbeitung, Lagerung oder Verteilung von Blut oder Blutbestandteilen oder im Zusammenhang mit produktbezogenen Mängeln bei Blut oder Blutbestandteilen.

Begriffsbestimmungen

§ 2. (1) Eine „ernste unerwünschte Reaktion“ ist eine unbeabsichtigte Reaktion beim Spender/bei der Spenderin oder beim Empfänger/bei der Empfängerin im Zusammenhang mit der Gewinnung, Testung oder Transfusion von Blut oder Blutbestandteilen, die tödlich oder lebensbedrohend verläuft, eine Behinderung oder einen Fähigkeitsverlust zur Folge hat, zu Erkrankungen führt bzw. deren Dauer verlängert oder einen Krankenhausaufenthalt erforderlich macht oder verlängert.

(2) Bei der Angabe der ernsten unerwünschten Reaktion beim Spender/bei der Spenderin ist zwischen folgenden Arten zu unterscheiden:

  1. 1. Nerven- und Gefäßverletzungen,
  2. 2. pathologische Reaktionen,
  3. 3. kardio-vaskuläre Ereignisse,
  4. 4. andere Komplikationen im Zusammenhang mit der Apherese,
  5. 5. Todesfall innerhalb von sieben Tagen nach der Spende,
  6. 6. andere ernste unerwünschte Reaktionen,
  7. 7. ernste unerwünschte Reaktionen im Zusammenhang mit der Apherese, die eine notfallmedizinische Versorgung erforderlich machen,
  8. 8. ernste unerwünschte Reaktionen im Zusammenhang mit der Apherese, die einen Krankenhausaufenthalt erforderlich machen.

(3) Bei der Angabe der ernsten unerwünschten Reaktion beim Empfänger/bei der Empfängerin ist zwischen folgenden Arten zu unterscheiden:

  1. 1. immunologische Hämolyse wegen AB0-Inkompatibilität,
  2. 2. immunologische Hämolyse wegen anderer Isoantikörper,
  3. 3. nichtimmunologische Hämolyse,
  4. 4. verzögerte hämolytische Transfusionsreaktion,
  5. 5. durch Transfusion übertragene bakterielle Infektion,
  6. 6. Anaphylaxie/Hypersensitivität,
  7. 7. transfusions-assoziierte akute Lungenerkrankung (TRALI),
  8. 8. durch Transfusion übertragene Virusinfektion (HBV),
  9. 9. durch Transfusion übertragene Virusinfektion (HCV),
  10. 10. durch Transfusion übertragene Virusinfektion (HIV-1/2),
  11. 11. durch Transfusion übertragene andere Virusinfektion,
  12. 12. durch Transfusion übertragene parasitäre Infektion (Malaria),
  13. 13. durch Transfusion übertragene andere parasitäre Infektion,
  14. 14. Purpura post transfusionem (PTP),
  15. 15. transfusions-assoziierte Graft-versus-Host-Disease (GvHD),
  16. 16. febrile nicht hämolytische Transfusionsreaktion,
  17. 17. non febrile nicht hämolytische Transfusionsreaktion,
  18. 18. sonstige allergische Reaktionen,
  19. 19. andere ernste unerwünschte Reaktionen.

(4) Ein „ernster Zwischenfall“ ist jedes unerwünschte Ereignis im Zusammenhang mit der Gewinnung, Testung, Verarbeitung, Lagerung oder Verteilung von Blut oder Blutbestandteilen, das die Qualität oder Sicherheit von Blut oder Blutbestandteilen beeinflussen könnte und für Spender/Spenderinnen oder Empfänger/Empfängerinnen tödlich oder lebensbedrohend verläuft, eine Behinderung oder einen Fähigkeitsverlust zur Folge haben könnte, zu Erkrankungen führt bzw. deren Dauer verlängert oder einen Krankenhausaufenthalt erforderlich macht oder verlängert.

(5) Eine „Fehltransfusion“ ist jedes unerwünschte Ereignis, bei dem der Empfänger/die Empfängerin nicht das für ihn/sie vorgesehene Blut oder die vorgesehenen Blutbestandteile oder Teile davon verabreicht bekommt.

(6) Eine „Blutspendeeinrichtung“ ist jede Organisationseinheit zur Gewinnung von Blut oder Blutbestandteilen gemäß § 5 Blutsicherheitsgesetz 1999, BGBl. I Nr. 44, zuletzt geändert durch die Bundesgesetze BGBl. I Nr. 107/2005 und BGBl. I Nr. 6/2007.

(7) Ein „Krankenhausblutdepot“ ist ein Blutdepot gemäß § 8f des Bundesgesetzes über Krankenanstalten und Kuranstalten (KAKuG), BGBl. Nr. 1/1957, zuletzt geändert durch die Bundesgesetze BGBl. I Nr. 122/2006 und BGBl. I Nr. 6/2007, sowie den jeweils dazu ergangenen Ausführungsbestimmungen.

Meldungen ernster unerwünschter Reaktionen

§ 3. (1) Meldepflichtig sind

  1. 1. der Leiter/die Leiterin eines Krankenhausblutdepots, wo ein solches nicht besteht, der ärztliche Leiter/die ärztliche Leiterin einer Krankenanstalt,
  2. 2. der ärztliche Leiter/die ärztliche Leiterin einer Blutspendeeinrichtung.

(2) Der Leiter/die Leiterin eines Krankenhausblutdepots, wo ein solches nicht besteht, der ärztliche Leiter/die ärztliche Leiterin einer Krankenanstalt, und der ärztliche Leiter/die ärztliche Leiterin einer Blutspendeeinrichtung haben der Gesundheit Österreich GmbH, Geschäftsbereich ÖBIG,

  1. 1. vermutete ernste unerwünschte Reaktionen im Rahmen einer Apherese gemäß § 2 Abs. 2 Z 3, 4, 7 und 8 unverzüglich, und
  2. 2. ernste unerwünschte Reaktionen gemäß § 2 Abs. 2 Z 1, 2, 5 und 6 bei jeder Art der Spende und gemäß § 2 Abs. 2 Z 3 bei Vollblutspenden (Nicht-Apherese-Spenden) spätestens am nächsten Werktag nach Bekanntwerden

zu melden.

(3) Nach Aufklärung der Verdachtsfälle gemäß Abs. 2 Z 1 haben die Meldepflichtigen gemäß Abs. 2 der Gesundheit Österreich GmbH, Geschäftsbereich ÖBIG, eine Bestätigungsmeldung zu übermitteln.

(4) Der Leiter/die Leiterin eines Krankenhausblutdepots, wo ein solches nicht besteht, der ärztliche Leiter/die ärztliche Leiterin einer Krankenanstalt, hat der Gesundheit Österreich GmbH, Geschäftsbereich ÖBIG,

  1. 1. jede vermutete ernste unerwünschte Reaktion gemäß § 2 Abs. 3 Z 5 unverzüglich,
  2. 2. vermutete ernste unerwünschte Reaktionen gemäß § 2 Abs. 3 Z 1 bis 4 und 6 bis 15 und 19 spätestens am nächsten Werktag nach Bekanntwerden, und
  3. 3. ernste unerwünschte Reaktionen gemäß § 2 Abs. 3 Z 16 bis 18 jährlich

zu melden. Gleichzeitig hat der Meldepflichtige in den Fällen der Z 1 und 2 die verantwortliche Person des Betriebes, der das zur Transfusion bestimmte Blut oder die Blutbestandteile verarbeitet, lagert oder verteilt hat, und den ärztlichen Leiter/die ärztliche Leiterin der Blutspendeeinrichtung zu informieren.

(5) Nach Aufklärung der Verdachtsfälle gemäß Abs. 4 Z 1 und 2 hat der Meldepflichtige gemäß Abs. 4 der Gesundheit Österreich GmbH, Geschäftsbereich ÖBIG, eine Bestätigungsmeldung zu übermitteln.

(6) Im Falle einer Abwesenheit der in Abs. 1 genannten Personen trifft die jeweilige Meldepflicht denjenigen/diejenige, der/die mit der Ausübung der jeweiligen Funktion betraut ist.

Jahresmeldungen ernster unerwünschter Reaktionen

§ 4. Die Meldepflichtigen gemäß § 3 Abs. 1 haben bis spätestens 30. April des Folgejahres der Gesundheit Österreich GmbH, Geschäftsbereich ÖBIG, einen vollständigen Bericht über alle ernsten unerwünschten Reaktionen gemäß § 2 Abs. 3 und über alle Fehltransfusionen sowie alle bewussten blutgruppenungleichen Transfusionen des vorangegangenen Jahres in ihrem Bereich zu übermitteln.

Meldungen ernster Zwischenfälle

§ 5. (1) Meldepflichtig sind

  1. 1. die verantwortliche Person eines Betriebes, der menschliches Blut oder Blutbestandteile, sofern diese zur Transfusion bestimmt sind, verarbeitet, lagert oder verteilt,
  2. 2. der ärztliche Leiter/die ärztliche Leiterin einer Blutspendeeinrichtungen, und
  3. 3. der Leiter/die Leiterin eines Krankenhausblutdepots, wo ein solches nicht besteht, der ärztliche Leiter/die ärztliche Leiterin einer Krankenanstalt.

(2) Die Meldepflichtigen haben vermutete ernste Zwischenfälle, die auf eine fehlerhafte Ausrüstung zurückzuführen sind, der Gesundheit Österreich GmbH, Geschäftsbereich ÖBIG, unverzüglich zu melden.

(3) Die Meldepflichtigen haben vermutete ernste Zwischenfälle, die auf menschliches Versagen oder auf spenderbezogene Ursachen oder andere Ursachen zurückzuführen sind und die Spender/Spenderinnen oder Empfänger/Empfängerinnen, außer den unmittelbar an dem betreffenden Zwischenfall beteiligten Personen, gefährden können, der Gesundheit Österreich GmbH, Geschäftsbereich ÖBIG, spätestens am nächsten Werktag nach Bekanntwerden zu melden.

(4) Die Meldepflichtigen haben produktbezogene Mängel bei Blut oder Blutbestandteilen, die möglicherweise auf einen ernsten Zwischenfall auf Grund einer fehlerhaften Ausrüstung, menschlichen Versagens oder auf spenderbezogene Ursachen oder andere Ursachen zurückzuführen sind, unverzüglich der Gesundheit Österreich GmbH, Geschäftsbereich ÖBIG, zu melden. Gleichzeitig hat der Meldepflichtige gemäß Abs. 1 Z 3 die verantwortliche Person des Betriebes, der das zur Transfusion bestimmte Blut oder die Blutbestandteile verarbeitet, lagert oder verteilt hat, und den ärztlichen Leiter/die ärztliche Leiterin der Blutspendeeinrichtung zu informieren.

(5) Nach Aufklärung der Verdachtsfälle gemäß Abs. 2 bis 4 haben die Meldepflichtigen der Gesundheit Österreich GmbH, Geschäftsbereich ÖBIG, eine Bestätigungsmeldung zu übermitteln.

(6) Im Falle einer Abwesenheit der in Abs. 1 genannten Personen trifft die jeweilige Meldepflicht denjenigen/diejenige, der/die mit der Ausübung der jeweiligen Funktion betraut ist.

Jahresmeldungen ernster Zwischenfälle

§ 6. Die Meldepflichtigen gemäß § 5 Abs. 1 haben bis spätestens 30. April des Folgejahres der Gesundheit Österreich GmbH, Geschäftsbereich ÖBIG, einen vollständigen Bericht über alle in ihrem Bereich im vorangegangenen Jahr aufgetretenen ernsten Zwischenfälle, die die Qualität oder Sicherheit von Blut und Blutbestandteilen beeinträchtigt haben, zu übermitteln. Die Gesundheit Österreich GmbH, Geschäftsbereich ÖBIG, hat einen zusammenfassenden Bericht aller gemeldeten ernsten Zwischenfälle auf ihrer Website zu veröffentlichen.

Form der Meldungen

§ 7. (1) Meldungen gemäß dieser Verordnung haben mittels Meldeformularen zu erfolgen, die auf der Website des Bundesministeriums für Gesundheit, Familie und Jugend veröffentlicht sind.

(2) In den Meldeformularen gemäß Abs. 1 dürfen personenbezogene Daten nicht enthalten sein. Dies gilt nicht für Angaben über meldende Personen oder Institutionen.

Bezugnahme auf Rechtsakte der Europäischen Gemeinschaft

§ 8. Durch diese Verordnung wird die Richtlinie 2005/61/EG zur Durchführung der Richtlinie 2002/98/EG des Europäischen Parlaments und des Rates in Bezug auf die Anforderungen an die Rückverfolgbarkeit und die Meldung ernster Zwischenfälle und ernster unerwünschter Reaktionen, ABl. Nr. L 256 vom 1.10.2005 S.32, umgesetzt.

Kdolsky

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