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BGBl II 238/2005

BUNDESGESETZBLATT

FÜR DIE REPUBLIK ÖSTERREICH

238. Verordnung: 2. Derivate-Risikoberechnungs- und Meldeverordnung

238. Verordnung der Finanzmarktaufsichtsbehörde über die Risikoberechnung und Meldung von Derivaten (2. Derivate-Risikoberechnungs- und Meldeverordnung)

Auf Grund des § 21 Abs. 2 und 3 des Investmentfondsgesetzes - InvFG 1993, BGBl. Nr. 532, Art. II, zuletzt geändert durch das Bundesgesetz BGBl. I Nr. 78/2005, wird verordnet:

1. Hauptstück: Allgemeine Bestimmungen

1. Abschnitt: Allgemeines

§ 1. Die Kapitalanlagegesellschaften haben der Finanzmarktaufsichtsbehörde (FMA) nach den Vorschriften dieser Verordnung quartalsweise in standardisierter elektronisch lesbarer Form Meldungen mit den Stichtagen 31. März, 30. Juni, 30. September und 31. Dezember zu erstatten; diese sind der FMA innerhalb eines Monats zu übermitteln. Die Datenträger oder sonstigen Übermittlungsarten müssen bestimmten, in der Derivate-Meldesystemverordnung festgelegten Anforderungen entsprechen. Das meldepflichtige Institut hat sich mit seiner Bankleitzahl zu identifizieren.

§ 2. Die Meldungen haben für jeden von der Kapitalanlagegesellschaft verwalteten Kapitalanlagefonds für die im Fondsvermögen befindlichen Derivate zu enthalten:

  1. 1. Angaben betreffend die einfachen Derivate gemäß der Gliederung in Anlage 1;
  1. 2. Angaben betreffend die komplexen Derivate sowie die „Sonstigen im Fondsvermögen befindlichen Derivate“ gemäß der Gliederung in Anlage 2;
  1. 3. Angaben betreffend die in den Fondsbestimmungen vorgesehenen besonderen Anlagegrenzen alternativ in Anlage 1 oder in Anlage 2;
  1. 4. Angaben betreffend das Gesamtrisiko als Prozentsatz des Nettovermögens des Kapitalanlagefonds unter Anführung des Fondsnamens und der International Securities Identification Number (ISIN) in der Form einer Gesamtaufstellung der Kapitalanlagegesellschaft.

Befinden sich zum Stichtag keine Derivate im Fondsvermögen, so ist eine Leermeldung zu erstatten.

2. Abschnitt: Commitment Approach

§ 3. Unter Commitment Approach wird die Umrechnung der Derivativpositionen in die jeweiligen Basiswerte verstanden. Derivate, deren Einsatz eine risikoreduzierende Wirkung hat, können jeweils mit den Kassapositionen und den Derivaten, deren Einsatz eine risikoerhöhende Wirkung hat, zur Ermittlung des Gesamtrisikos des Fonds gemäß § 21 Abs. 3 InvFG 1993 gegeneinander aufgerechnet werden. Die Umrechnung von Optionen in das jeweilige Wertpapieräquivalent hat unter Heranziehung des entsprechenden Optionsdeltas zu erfolgen. Forwards, Futures, Swaps sowie Devisentermingeschäfte sind mit dem Marktpreis zu bewerten. Die in Wertpapieräquivalente umgerechneten Positionen sind für die Ermittlung des Gesamtrisikos des Kapitalanlagefonds gemäß § 21 Abs. 3 InvFG 1993 heranzuziehen.

3. Abschnitt: Value-at-Risk (VaR)-Approach

Allgemeiner Teil

§ 4. (1) Der zuordenbare Risikobetrag für das Marktrisiko eines Kapitalanlagefonds ist standardmäßig auf Basis eines zugehörigen Vergleichsvermögens zu ermitteln (relativer VaR), falls ein derartiges Vergleichsvermögen in den Fondsbestimmungen sowie im vollständigen und vereinfachten Prospekt des jeweiligen Kapitalanlagefonds angegeben ist. In diesem Fall darf der zuordenbare Risikobetrag für das Marktrisiko eines Kapitalanlagefonds maximal das Zweifache des Risikobetrags des zugehörigen Vergleichsvermögens betragen.

(2) Das zugehörige Vergleichsvermögen ist ein dem aktuellen Marktwert des Kapitalanlagefonds entsprechendes derivatefreies Vermögen. Es muss in seiner Zusammensetzung sowohl den Fondsbestimmungen als auch den Angaben des vollständigen und vereinfachten Verkaufsprospektes zu den Anlagezielen und der Anlagepolitik des Kapitalanlagefonds entsprechen.

(3) Ist für einen Kapitalanlagefonds ein derivatefreier Vergleichsmaßstab bereits vordefiniert (Benchmark), so darf in begründeten Fällen dieser Vergleichsmaßstab (Benchmark) als Vergleichsvermögen zur Berechnung des zugehörigen Risikobetrags herangezogen werden.

(4) Die Zusammensetzung des Vergleichsvermögens und die Änderungen dieser Zusammensetzung sind von der Kapitalanlagegesellschaft schriftlich und objektiv nachvollziehbar zu dokumentieren.

(5) Ist die Ermittlung des Risikobetrags für das Marktrisiko eines Kapitalanlagefonds auf Basis eines zugehörigen Vergleichsvermögens begründet nicht möglich oder durchführbar, kann die Kapitalanlagegesellschaft den Risikobetrag für das Marktrisiko eines Kapitalanlagefonds anhand eines absoluten Wertes (absoluter VaR) ermitteln. Der absolute maximale VaR-Wert sowie dessen Ermittlung sind sowohl in den Fondsbestimmungen als auch im vollständigen und vereinfachten Prospekt anzugeben.

(6) Die Kapitalanlagegesellschaft muss für die Ermittlung des absoluten VaR Richtlinien erstellen und jede Änderung in der Ermittlung schriftlich und objektiv nachvollziehbar dokumentieren.

§ 5. Für den VaR-Approach, der den maximal möglichen Verlust innerhalb eines bestimmten Zeithorizontes bei vorgegebenem Konfidenzintervall ermittelt, sind folgende Parameter heranzuziehen:

  1. 1. Konfidenzintervall von 99 vH;
  1. 2. Halteperiode von 10 Tagen;
  1. 3. ein effektiver historischer Beobachtungszeitraum, der bei Berechnung der Volatilitäten zugrunde gelegt wird, von zumindest einem Jahr. In dem Fall der Abweichung von einer Gleichgewichtung darf der gewichtete Durchschnitt die Zeitdauer von sechs Monaten nicht unterschreiten.

Stresstests

§ 6. (1) Wendet die Kapitalanlagegesellschaft zur Berechnung des mit den Derivaten verbundenen Risikos den VaR-Approach an, so hat sie für jedes Sondervermögen risikoadäquate Stresstests durchzuführen. Die Stresstests müssen risikoadäquat in das Risikomanagement für das Sondervermögen integriert sein und ihre Ergebnisse müssen bei den Anlageentscheidungen für das Sondervermögen angemessen berücksichtigt werden. Die Auslagerung der Durchführung der Stresstests bestimmt sich nach § 3 Abs. 3 InvFG 1993.

(2) In einem Stresstest sind mögliche außergewöhnlich große Wertverluste des Sondervermögens zu ermitteln, die aufgrund von ungewöhnlichen Änderungen der wertbestimmenden Parameter und ihrer Zusammenhänge entstehen können. Umgekehrt sind die Änderungen der wertbestimmenden Parameter und ihrer Zusammenhänge zu ermitteln, die einen außergewöhnlich großen oder vermögensbedrohenden Wertverlust des Sondervermögens zur Folge hätten. Ist für einzelne Risikoarten eine genaue Bemessung der potentiellen Wertverluste des Sondervermögens oder der Änderungen der wertbestimmenden Parameter und ihrer Zusammenhänge nicht möglich, so darf die Kapitalanlagegesellschaft an deren Stelle eine qualifizierte Schätzung setzen.

(3) Die Stresstests müssen sich auf alle Risiken erstrecken, die den Wert oder die Schwankungen des Werts des Sondervermögens nicht nur unwesentlich beeinflussen. Besonderes Gewicht muss auf denjenigen Risiken liegen, denen der VaR-Approach nicht oder nur unvollständig Rechnung trägt.

(4) Die Kapitalanlagegesellschaft muss für die Gestaltung und die fortlaufende Anpassung der Stresstests nachvollziehbare Richtlinien erstellen. Auf Grundlage der Richtlinien- ist für jedes Sondervermögen ein Programm für die Durchführung von Stresstests zu entwickeln. Die Geeignetheit des Programms für das Sondervermögen ist darin darzulegen. Die durchgeführten Stresstests sind für jedes Sondervermögen mit den Ergebnissen schriftlich und objektiv nachvollziehbar zu dokumentieren. Abweichungen von dem Programm gemäß Satz 2 sind zu begründen.

(5) Die Stresstests sind mindestens einmal im Kalendervierteljahr durchzuführen. Darüber hinaus sind Stresstests dann durchzuführen, wenn eine wesentliche Änderung der Ergebnisse der Stresstests durch eine Änderung des Werts oder der Zusammensetzung des Sondervermögens oder durch eine Änderung in den Marktgegebenheiten nicht ausgeschlossen werden kann. Die Gestaltung der Stresstests ist fortlaufend an die Zusammensetzung des Sondervermögens und die für das Sondervermögen relevanten Marktgegebenheiten anzupassen.

Backtesting

§ 7. Die Prognosegüte des Risikomodells ist zumindest einmal im Kalendervierteljahr mittels eines täglichen Vergleichs des anhand des Risikomodells auf der Basis einer Haltedauer von einem Arbeitstag ermittelten potentiellen Risikobetrags für das Marktrisiko mit der täglichen Wertveränderung zu ermitteln. Das durchgeführte Backtesting ist für jedes Sondervermögen mit den Ergebnissen schriftlich und objektiv nachvollziehbar zu dokumentieren.

2. Hauptstück: Risiken

1. Abschnitt: Allgemeiner Teil

§ 8. (1) Da das mit den Derivaten verbundene Gesamtrisiko gemäß § 21 Abs. 3 InvFG 1993 den Gesamtnettowert des Fondsvermögens nicht überschreiten darf, ist das Gesamtrisiko für jeden Kapitalanlagefonds als Prozentsatz seines Nettovermögens zu melden. Unter Berücksichtigung der sonstigen im Fondsvermögen befindlichen Vermögensgegenstände kann ein Gesamtrisiko von 200 vH des Nettovermögens erreicht werden. Das Risiko eines Kapitalanlagefonds darf durch vorübergehende Kreditaufnahme nicht um mehr als 10 vH erhöht werden, so dass das Gesamtrisiko unter keinen Umständen und zu keinem Zeitpunkt 210 vH des Nettovermögens überschreitet. Die Kapitalanlagegesellschaft muss sicherstellen, dass sie allen für Rechnung eines Sondervermögens eingegangenen, bedingten und unbedingten Liefer- und Zahlungsverpflichtungen aus Derivaten in vollem Umfang nachkommen kann.

(2) Zur Berechnung des mit den Derivaten verbundenen Gesamtrisikos ist der aus dem Commitment Approach errechnete Wert heranzuziehen. Kommt gemäß § 9 Abs. 1 der VaR-Approach zur Anwendung, ist für die Ermittlung des Gesamtrisikos der maßgebliche Wert aus diesem Verfahren heranzuziehen, wobei anzuführen ist, ob es sich um einen relativen oder absoluten Wert handelt.

2. Abschnitt: Marktrisiko

§ 9. (1) Das Marktrisiko der in Anlage 1 angeführten Derivate ist mit dem Commitment Approach zu berechnen, das Marktrisiko der nicht in Anlage 1 angeführten Derivate ist mit dem VaR-Approach zu bewerten. Das Marktrisiko der in Anlage 1 angeführten Derivate kann mit dem VaR-Approach bewertet werden. Bei Verwendung des VaR-Approach sind die über § 5 hinausgehenden angewendeten Parameter und sowie der Ansatz selbst schriftlich zu dokumentieren.

(2) Die Kapitalanlagegesellschaft hat den Wechsel zwischen VaR-Approach und Commitment Approach zur Berechnung des Marktrisikos für ein Sondervermögen der Finanzmarktaufsichtsbehörde unverzüglich anzuzeigen, wobei der Wechsel vom VaR-Approach zum Commitment Approach zu begründen ist.

3. Abschnitt: Kreditrisiko

Emittentenrisiko

§ 10. (1) Die unter Anwendung des Commitment Approaches in Wertpapieräquivalente umgerechneten Positionen sind für die Einhaltung der Emittentengrenzen gemäß § 20 InvFG 1993 heranzuziehen. Derivate, deren Einsatz eine risikoreduzierende Wirkung hat, können jeweils mit den Kassapositionen und den Derivaten, deren Einsatz eine risikoerhöhende Wirkung hat, für die Ermittlung der Emittentengrenzen gemäß § 20 InvFG 1993 gegeneinander aufgerechnet werden.

(2) Anlagen eines Kapitalanlagefonds in indexbasierten Derivaten sind bei den Anlagegrenzen des § 20 InvFG 1993 nach § 21 Abs. 5 InvFG 1993 nur dann nicht zu berücksichtigen, wenn es sich bei dem Basiswert um einen Index handelt, bei dem die Zusammensetzung hinreichend diversifiziert ist, der eine adäquate Bezugsgrundlage für den Markt, auf den er sich bezieht, darstellt und der in geeigneter Weise veröffentlicht wurde.

Kontrahentenrisiko (OTC-Derivate)

§ 11. (1) Der Anrechnungsbetrag für das Kontrahentenrisiko ergibt sich aus der Summe der aktuellen, positiven Wiederbeschaffungswerte der Derivatpositionen, die bezüglich eines Vertragspartners bestehen, zuzüglich eines Sicherheitszuschlages. Zur Berechnung des Anrechnungsbetrages für das Kontrahentenrisiko ist für jeden Vertrag der gegenwärtige Marktwert zu bestimmen. Auf diese Weise wird der aktuelle Wiederbeschaffungswert mit einem positiven Wert ermittelt. Existiert kein liquider Markt, so kann als Marktwert jener rechnerische Betrag herangezogen werden, der sich aus der Zugrundelegung von Marktbedingungen ergibt.

(2) Derivate, bei denen eine zentrale Clearingstelle einer Börse oder eines anderen organisierten Marktes Vertragspartner ist, dürfen bei der Ermittlung des Anrechnungsbetrags nach Absatz 1 unberücksichtigt bleiben, wenn die Derivate einer täglichen Bewertung zu Marktkursen mit täglichem Marginausgleich unterliegen.

(3) Der Sicherheitszuschlag beträgt in Prozent des positiven Wiederbeschaffungswerts der jeweiligen Derivatposition:

Restlaufzeit

Zinsbezogene

Geschäfte

Währungskurs-

bezogene Geschäfte

Aktienkurs-

bezogene Geschäfte

Bis 1 Jahr

0,0%

1,0%

6,0%

Über 1 Jahr bis 5 Jahre

0,5%

5,0%

8,0%

Über 5 Jahre

1,5%

7,5%

10,0%

(4) Im Fall zweiseitiger Aufrechnungsvereinbarungen und Schuldumwandlungsverträge gemäß § 22 Abs. 6a des Bankwesengesetzes BWG, BGBl. Nr. 532/1993 Art. I, zuletzt geändert durch das Bundesgesetz BGBl. II Nr. 70/2004 und die Kundmachung BGBl. II Nr. 94/2004, dürfen im Falle der Einhaltung der Voraussetzungen des § 22 Abs. 6b BWG die positiven Wiederbeschaffungswerte zuzüglich der Sicherheitszuschläge und die negativen Wiederbeschaffungswerte der Derivatpositionen des Sondervermögens bezüglich eines Vertragspartners saldiert werden.

(5) Bei der Berechnung des Anrechnungsbetrags für das Kontrahentenrisiko darf der Wert einer von dem Vertragspartner gestellten Sicherheit abgezogen werden, wenn die Sicherheit:

  1. 1. in Wertpapieren einer Zentralregierung oder Zentralnotenbank der Zone A oder Wertpapieren der Europäischen Gemeinschaften besteht,
  1. 2. liquide ist,
  1. 3. einer börsentäglichen Bewertung unterliegt,
  1. 4. für das Sondervermögen unverzüglich verwertet werden kann und
  1. 5. rechtliche Vorkehrungen für den Fall der Insolvenz des Sicherungsgebers bestehen.

Die Sicherheit darf auch in Bankguthaben bei einem Kreditinstitut der Zone A bestehen.

(6) Der Anrechnungsbetrag für das Kontrahentenrisiko ist bei der Berechnung der Auslastung der Anlagegrenzen nach § 20 Abs. 3 Z 8d InvFG 1993 sowohl auf Ebene des Einzelunternehmens aber auch auf Ebene der Unternehmensgruppe gemäß § 20 Abs. 3a InvFG 1993 zu berücksichtigen.

3. Hauptstück: In-Kraft-Treten

In-Kraft-Treten der 2. Derivate-Risikoberechnungs- und Meldeverordnung

§ 12. Diese Verordnung tritt mit 10. August 2005 in Kraft. Eine Meldung im Sinne dieser Verordnung ist erstmals mit Stichtag 30. September 2005 zu erstatten.

Außer-Kraft-Treten der Derivate-Risikoberechnungs- und Meldeverordnung

§ 13. Die Verordnung der Finanzmarktaufsichtsbehörde über die Risikoberechnung und Meldung von Derivaten (Derivate-Risikoberechnungs- und Meldeverordnung), BGBl. II Nr. 79/2004, tritt mit Ablauf des 31. Juli 2005 außer Kraft.

Anlage 1

Anlage 1 

Anlage 2

Anlage 2 

Pribil Traumüller

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