183. Verordnung der Bundesregierung betreffend die Erstellung und Übermittlung von elektronischen Angeboten in Vergabeverfahren - E-Procurement-Verordnung 2004
Auf Grund des § 85 Abs. 4 des Bundesvergabegesetzes 2002, BGBl. I Nr. 99, wird verordnet:
1. Abschnitt
Anwendungsbereich und Begriffsbestimmungen
Anwendungsbereich
§ 1. Diese Verordnung findet - sofern der Auftraggeber gemäß § 68 Abs. 1 BVergG die Abgabe von elektronischen Angeboten ausdrücklich für zulässig erklärt hat - Anwendung auf die Erstellung und Übermittlung von Angeboten auf elektronischem Weg für Verfahren zur Beschaffung von Leistungen, die dem Bundesvergabegesetz 2002 (BVergG) unterliegen, ausgenommen die Erstellung und Übermittlung von Angeboten auf elektronischem Weg bei der Durchführung von elektronischen Auktionen.
Begriffsbestimmungen
§ 2. Im Geltungsbereich dieser Verordnung sind folgende Begriffsbestimmungen maßgebend:
- 1. Angebotsbestandteil: jeder gesonderte Teil eines aus mehreren Teilen bestehenden Angebotes (wie zB eigenständige Unterlagen, Nachweise, Erklärungen, Dokumente, eigenständige Datei).
- 2. Angebotshauptteil: ist jener Angebotsbestandteil, der zumindest folgende Angaben enthalten muss:
- a) Name (Firma, Geschäftsbezeichnung) und Geschäftssitz des Bieters; bei Arbeitsgemeinschaften die Nennung eines zum Abschluss und zur Abwicklung des Vertrages bevollmächtigten Vertreters unter Angabe seiner Adresse,
- b) die elektronische Adresse jener Stelle, die zum Empfang der Post berechtigt ist,
- c) den Gesamtpreis oder den Angebotspreis mit Angabe des Ausmaßes allfälliger Nachlässe und Aufschläge und, wenn die Vergabe in Teilen oder für die ganze Leistung oder für Teile derselben Varianten vorgesehen waren, auch die Teilgesamtpreise oder Teilangebotspreise sowie die Variantenangebotspreise,
- d) bei veränderlichen Preisen, die nach § 80 Abs. 1 Z 4 BVergG erforderlichen Angaben,
- e) allfällige Alternativangebotspreise sowie
- f) das Angebotsinhaltsverzeichnis.
- 3. Angebotsinhaltsverzeichnis: ist die vollständige Aufzählung der dem Angebotshauptteil beigeschlossenen oder gesondert eingereichten weiteren Angebotsbestandteile.
- 4. sichere elektronische Signatur: eine elektronische Signatur, die den Anforderungen von § 2 Z 3 des SigG entspricht.
- 5. Sicheres Verketten: ist die Verknüpfung eines Angebotsbestandteiles in elektronischer Form mit dem Angebotshauptteil durch Eintragung des jeweiligen Dateinamens und des aus dieser Datei gebildeten Hashwertes im Angebotsinhaltsverzeichnis und nachfolgendes sicheres elektronisches Signieren des Angebotshauptteiles.
- 6. Zeitstempeldienst: eine Bescheinigung, die den Anforderungen von § 2 Z 12 SigG entspricht.
2. Abschnitt
Pflichten des Auftraggebers
Kommunikationswege
§ 3. (1) Der Auftraggeber hat den Kommunikationsweg oder die Kommunikationswege, auf denen Angebote auf elektronischem Weg eingereicht werden können, nicht diskriminierend festzulegen und zusammen mit einer elektronischen Adresse, an die die Angebote zu übermitteln sind, spätestens in den Ausschreibungsunterlagen bekannt zu geben.
(2) Der festgelegte Kommunikationsweg oder die festgelegten Kommunikationswege müssen zum Aufbau einer von Ende zu Ende gesicherten Verbindung geeignet sein.
Dokumentenformate
§ 4. Der Auftraggeber hat das Dokumentenformat oder die Dokumentenformate, in denen Angebote bzw. Angebotsbestandteile erstellt werden können, nicht diskriminierend festzulegen und spätestens in den Ausschreibungsunterlagen bekannt zu geben. Für Angebote, die in einem einzigen Dokument erstellt werden, und für Angebotshauptteile dürfen nur Dokumentenformate vorgeschrieben werden, die mit einer sicheren elektronischen Signatur versehen werden können.
Verschlüsselung
§ 5. (1) Der Auftraggeber hat das zulässige oder die zulässigen Ver- und Entschlüsselungsverfahren, die auf Angebote anzuwenden sind, spätestens in den Ausschreibungsunterlagen bekannt zu geben.
(2) Die Ver- und Entschlüsselungsverfahren haben dem Standard einer starken Verschlüsselung nach dem jeweiligen Stand der Technik zu entsprechen.
(3) Der Auftraggeber hat sicher zu stellen, dass eine Entschlüsselung der Angebote vor Ablauf der Angebotsfrist nicht erfolgen kann.
Zeitstempel
§ 6. Der Zeitpunkt des Einganges des Angebotes eines Bieters ist durch einen Zeitstempeldienst zu dokumentieren und dem jeweiligen Bieter unverzüglich zu bestätigen. Die Zeit des Zeitstempeldienstes ist bei interaktiven Vergabeverfahrenslösungen interaktiv lesbar zu machen.
Speicherung
§ 7. Elektronisch eingereichte Angebote sind so zu speichern, dass
- 1. deren Echtheit, Unverfälschtheit und Vertraulichkeit gewährleistet ist,
- 2. bis zur Öffnung der Angebote kein unbefugter Zugriff erfolgen kann und
- 3. jeder Zugriff bis zur Öffnung der Angebote dokumentiert wird.
Serverausfall
§ 8. Der Auftraggeber hat erforderlichenfalls die Angebotsfrist angemessen zu verlängern, wenn der Server, auf dem die Angebote eingereicht werden, bis zum Zeitpunkt des Ablaufes der Angebotsfrist nicht durchgehend empfangsbereit ist. Eine Verlängerung der Angebotsfrist ist allen Bewerbern oder Bietern nachweislich mitzuteilen. Ist dies nicht möglich, so ist die Verlängerung in geeigneter Form bekannt zu machen.
Archivierung
§ 9. Der Auftraggeber hat alle sachdienlichen Unterlagen über jedes Vergabeverfahren, bei dem Angebote auf elektronischem Wege eingereicht wurden, mindestens vier Jahre ab der Beendigung des Vergabeverfahrens aufzubewahren. Dies betrifft insbesondere Unterlagen über die Zugriffsdokumentation gemäß § 7 Z 3.
3. Abschnitt
Pflichten des Bieters
Form, Verschlüsselung und Signatur des Angebotes
§ 10. (1) Der Bieter hat das Angebot bzw. die Angebotsbestandteile in einem der vom Auftraggeber festgelegten Dokumentenformate zu erstellen, nach einem der bekannt gegebenen Verfahren zu verschlüsseln und auf einem vom Auftraggeber festgelegten Kommunikationsweg einzureichen. Hat der Auftraggeber keine Dokumentenformate festgelegt, so hat der Bieter das Angebot bzw. den Angebotshauptteil in allgemein verfügbaren, nicht diskriminierenden und sicher signierfähigen Dokumentenformaten zu erstellen. Hat der Auftraggeber nur sicher signierfähige Dokumentenformate festgelegt, so kann der Bieter im Falle der sicheren Verkettung der Angebotsbestandteile gemäß § 2 Z 5 die sonstigen Angebotsbestandteile in allgemein verfügbaren, nicht diskriminierenden Dokumentenformaten erstellen. Der Bieter hat nach Aufforderung durch den Auftraggeber diesem unverzüglich alle notwendigen Mittel zur Bearbeitung der Dokumentenformate kostenfrei zur Verfügung zu stellen.
(2) Der Bieter hat bei der Erstellung des Angebotes sicherzustellen, dass nach der Übermittlung des Angebotes dem Auftraggeber die Prüfung der Vollständigkeit, Echtheit und Unverfälschtheit des Angebotes möglich ist.
(3) Wird das Angebot in einem einzigen Dokument erstellt, so hat der Bieter dieses Dokument mit einer sicheren elektronischen Signatur zu versehen.
(4) Besteht das Angebot aus mehreren Angebotsbestandteilen, so hat der Bieter sicherzustellen, dass die Überprüfbarkeit der Vollständigkeit, Echtheit und Unverfälschtheit des Angebotes mit der Qualität der sicheren elektronischen Signatur gewährleistet ist. Dies kann insbesondere durch eine sichere Verkettung aller Angebotsbestandteile gemäß § 2 Z 5 erfolgen.
(5) Der Bieter hat nach Aufforderung durch den Auftraggeber diesem unverzüglich die notwendigen Informationen und Methoden zur Überprüfung der Signatur kostenfrei zur Verfügung zu stellen.
Sicheres Verketten von Angebotsbestandteilen
§ 11. (1) Besteht das Angebot aus mehreren Angebotsbestandteilen, so erfüllt der Bieter das Erfordernis einer sicheren elektronischen Signatur des Angebotes (§ 82 Abs. 3 und § 83 Abs. 1 Z 8 BVergG) auch im Wege der sicheren Verkettung aller Angebotsbestandteile gemäß Abs. 2 bis 4.
(2) Der Bieter hat den Angebotshauptteil in einem der vom Auftraggeber festgelegten Dokumentenformate zu erstellen und mit dem Datum und einer sicheren elektronischen Signatur zu versehen.
(3) Als Verfahren zur Bildung des Hashwertes einer Datei ist beim sicheren Verketten jenes Verfahren einzusetzen, welches bei der sicheren Signatur des Angebotshauptteiles zur Anwendung kommt. Jene Angebotsbestandteile, die in Papierform vorgelegt werden, sind im Angebotsinhaltsverzeichnis so anzuführen, dass der Auftraggeber eindeutig erkennen kann, worauf sich der Angebotsbestandteil bezieht bzw. welchen Inhalt er hat.
(4) Im Falle einer sicheren Verkettung des Angebotshauptteiles mit den sonstigen Angebotsbestandteilen kann der Bieter die sonstigen Angebotsbestandteile auch in Dokumentenformaten erstellen, die als solche nicht mit einer sicheren elektronischen Signatur versehen werden können.
4. Abschnitt
In-Kraft-Treten
§ 12. Diese Verordnung tritt mit dem ersten Tag des auf die Kundmachung folgenden Monats in Kraft.
Schüssel Gorbach Ferrero-Waldner Gehrer Grasser Rauch-Kallat
Strasser Böhmdorfer Platter Pröll Haupt Bartenstein
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