Wir hören und lesen zwar oft, dass die Wettbewerbspolitik der EG bzw (seit 1993) der EU im deutschen Ordoliberalismus der Freiburger Schule verwurzelt sei und sich dadurch vom amerikanischen, neoliberalen Zugang des More Economic Approach (MEA) im Sinne der Chicagoer Schule absetze, doch lässt sich das auch empirisch nachweisen? Die Korpuslinguistik kann hier Abhilfe schaffen, wenn sich möglichst umfassende, repräsentative und aussagefähige Korpusse bilden lassen, welche entsprechend ausgebildete Forscher dann mit den datengetriebenen, quantitativen Methoden der Digital Humanities (DH) bearbeiten und auswerten können. Anselm Küsters, dessen Masterarbeit bereits in dieser Zeitschrift besprochen wurde (Küsters, Gestaltung des EU-Wettbewerbsrechts im digitalen Zeitalter. Berlin 2021: Peter Lang) (Rezension Kornbeck, ÖZK 2023, 108), ist ein solcher Forscher, denn er verbindet juristische, ökonomische und linguistische Ausbildung mit soliden Kenntnissen im Programmieren und in der Datenauswertung. Somit liegt ein wahrer „Brocken“ vor, von dessen neun Kapiteln fast sieben einzeln schon genug Primärdaten enthalten, um im Rahmen einer wenigen ambitionierten Dissertation für den mittleren, empirischen Teil (mit Einleitung und Literaturbericht davor, Auswertung und Fazit danach) ausgereicht hätte. Empirisch schwerwiegend, methodisch ehrgeizig und deshalb im Ergebnis hochkomplex verlangt dieser umfassende Text eines interdisziplinär ausgebildeten, geradezu detailbesessenen Wissenschaftlers eine gezielt reduktionistische und analytische Besprechung – von wegen, mehr Ergebnisprotokoll als Verlaufsprotokoll – um irgendwie diesen fast 800 Seiten einschließlich reichhaltiger Tabellen, Schaubilder und Anhänge gerecht werden zu können.