Mit Erkenntnis vom 8. 3. 2022, Ro 2019/15/0184 sprach der VwGH aus, dass die mit dem Ausschluss ausländischer Zahlungsstellen von der Möglichkeit, einen freiwilligen KESt-Abzug bei Einkünften aus nicht verbrieften Derivaten vorzunehmen, verbundene Nicht-Anwendbarkeit des Sondersteuersatzes einen ungerechtfertigten Verstoß gegen die unionsrechtliche Dienstleistungsfreiheit darstellt. Der Ausschluss benachteiligt damit Anleger, die Dienstleistungen von Banken aus anderen Mitgliedstaaten in Anspruch nehmen, da er die Anwendung des progressiven Steuertarifs statt des Sondersteuersatzes zur Folge hat. In seiner Prüfung ging der VwGH jedoch nicht auf die Frage ein, ob in dem Ausschluss ausländischer in die Abwicklung des nicht verbrieften Derivatgeschäfts involvierter Finanzdienstleister vom freiwilligen KESt-Abzug auch ein Verstoß gegen die Kapitalverkehrsfreiheit begründet liegt. Die Autoren beschäftigen sich vor diesem Hintergrund mit der im Judikat nicht weiter behandelten Frage, ob auch ein Verstoß gegen die Kapitalverkehrsfreiheit vorliegt, und untersuchen, ob die Neugestaltung des freiwilligen KESt-Abzuges durch die jüngsten legistischen Eingriffe (ÖkoStRefG und AbgÄG 2022) in der Lage ist, die unionsrechtlich gebotene Gleichstellung von inländischen und ausländischen Finanzdienstleistern sicherzustellen.