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Anlage 2 Anerkennung des Qualitätsrahmens für die Erwachsenenbildung Ö-Cert (Bund – Länder)

Aktuelle FassungIn Kraft seit 01.12.2011

Zum Inkrafttreten vgl. § 0.

Anlage 2

Grundvoraussetzungen für die Aufnahme in den Qualitätsrahmen für die Erwachsenenbildung
Ö-Cert

A.) Allgemeine Grundvoraussetzungen – Leitende Paradigmen der Erwachsenenbildungseinrichtung

  1. 1. Grundlegende Bildungsphilosophie
  • Bildung hat einen eigenen Wert in allen Lebensphasen: Sie wirkt sich positiv auf politische Teilhabe, gesellschaftliches Zusammenleben, berufliche Leistungsfähigkeit und die persönliche Identität aus. Bildung ist mehr als instrumentelles Lernen, als Qualifizierung und Schulung.
  1. 2. Lebenslanges Lernen
  • Lebenslanges Lernen umfasst alles formale, nicht-formale und informelle Lernen an verschiedenen Lernorten von der Kindheit bis einschließlich der Phase des Ruhestands. Lebenslanges Lernen wird definiert als jede zielgerichtete Lerntätigkeit, die einer kontinuierlichen Verbesserung von Kenntnissen, Fähigkeiten und Kompetenzen dient. Dabei wird ‚Lernen’ verstanden als Verarbeiten von Informationen und Erfahrungen zu Kenntnissen, Einsichten und Kompetenzen.
  1. 3. Erwachsenenbildung/Weiterbildung
  • Die Erwachsenenbildung (synonym: Weiterbildung) umfasst alle Formen des formalen, nicht-formalen und zielgerichteten informellen Lernens durch Erwachsene nach Beendigung einer unterschiedlich ausgedehnten ersten Bildungsphase unabhängig von dem in diesem Prozess erreichten Niveau.
  • Erwachsenenbildung/Weiterbildung umfasst alle beruflichen, allgemeinbildenden, politischen und kulturellen Lehr- und Lernprozesse für Erwachsene, die im öffentlichen, privaten und wirtschaftlichen Kontext von anderen und/oder selbst gesteuert werden.
  • Erwachsenenbildnerisches Handeln basiert auf bildungspolitischen Strategien und gesellschaftlicher Verantwortung, Organisationsstrukturen sowie rechtlichen und finanziellen Grundlagen.
  1. 4. Anbieterdefinition
  • Als Anbieter von Erwachsenenbildung/Weiterbildung gelten alle Organisationsformen (Vereine, Unternehmen, Institutionen, koordinierende Organisationen von Netzwerken und Kooperationen) die Erwachsenenbildung/Weiterbildung im Sinne der oben genannten Definition anbieten.
 

B.) Organisationsbezogene Grundvoraussetzungen

  1. 1. Die Organisation* benötigt zumindest ein Angebot in Österreich, das regelmäßig, geplant und systematisch ist und öffentlich kommuniziert werden muss; es herrscht Angebotstransparenz.
  2. 2. Erwachsenenbildung/Weiterbildung ist Kernaufgabe der Organisation.
  3. 3. Die Organisation muss zum Zeitpunkt der Bewerbung seit mindestens 3 Wirtschafts-/Kalenderjahren Erwachsenenbildungs-/Weiterbildungsmaßnahmen durchgeführt haben.
  4. 4. Die Leiterin oder der Leiter der Organisation oder zumindest eine Mitarbeiterin oder ein Mitarbeiter müssen über eine pädagogisch fundierte Aus- bzw. Weiterbildung und eine 2-jährige einschlägige Berufspraxis verfügen.
  5. 5. Die Geschäftsbedingungen der Organisation müssen öffentlich transparent bzw. allgemein zugänglich sein.

*Unter Organisation werden in Folge auch Organisationseinheiten verstanden, die über ein hohes Maß an Autonomie, finanzielle und qualitätsrelevante Verantwortlichkeiten und Handlungsbefugnisse verfügen. Die Organisationseinheiten müssen daher wesentliche Elemente einer eigenständigen Organisation aufweisen.

C.) Angebotsbezogene Grundvoraussetzungen

  1. 1. Das Bildungsangebot der Organisation ist grundsätzlich öffentlich oder gegebenenfalls zielgruppenspezifisch (u.a. Frauen, Ältere, Migrantinnen oder Migranten, Bibliothekarsausbildungen, Gewerkschaften) zugänglich.
  2. 2. Angebote des formalen schulischen und hochschulischen Bildungswesens werden anerkannt, wenn sie sich an Erwachsene richten und deren weitere Qualifikation im Rahmen einer Fortbildung/Weiterbildung zum Ziel haben. Grundständige Studienprogramme der öffentlichen und privaten Universitäten, Fachhochschulen und pädagogischen Hochschulen fallen nicht darunter.
  3. 3. Organisationen fühlen sich mit ihren Angeboten den ausgewiesenen demokratischen Werten der Verantwortungsträger von Ö-Cert (Länder, Bund) verpflichtet.
  4. 4. Das öffentliche Büchereiwesen ist ein wichtiger Leistungsträger der Erwachsenenbildung/Weiterbildung. Im Sinne von Ö-Cert gelten allerdings nur Organisationen, die Angebote im Sinne einer aktiven Vermittlung (u.a. Kurse, Lesungen) durchführen.
  5. 5. Organisationen, die primär Produktschulungen und/oder Veranstaltungen die primär auf die Kundinnen oder Kunden und Mitgliederwerbung abzielen anbieten, sind von Ö-Cert ausgeschlossen. Schulungen im Bereich von Anwenderprogrammen wie z. B. Office-Programme fallen nicht in die Kategorie Produktschulungen.
  6. 6. Organisationen, die individuelle Bildungsberatung und Coaching als angewandte Methode im Rahmen eines Bildungsprozesses durchführen, werden im Sinne von Ö-Cert anerkannt. Organisationen, deren Angebote sich ausschließlich an Einzelpersonen im Sinne eines Coachings wenden, bleiben unberücksichtigt.
  7. 7. Organisationen, die primär Angebote zur reinen Sportausübung und im Freizeitbereich anbieten, werden im Sinne von Ö-Cert nicht berücksichtigt.
  8. 8. Organisationen, die kulturelle Angebote machen, werden im Sinne von Ö-Cert berücksichtigt, wenn die Veranstaltungen der Vermittlung von Kultur dienen. Darunter fallen nicht Aufführungen, Darbietungen und Ausstellungen.
  9. 9. Im religiösen weltanschaulichen Bereich muss bei den Organisationen im Sinne von Ö-Cert der vermittelnde Aspekt den ausübenden Aspekt übertreffen. Das heißt, Veranstaltungen der Glaubensverkündigung werden nicht berücksichtigt.
 

D.) Grundvoraussetzungen hinsichtlich ethischer und demokratischer Prinzipen

  1. 1. Die Organisation erkennt die gültige Allgemeine Erklärung der Menschenrechte an. Das heißt, der Zugang zu den Bildungsangeboten muss für alle Personen unabhängig von ihrem Geschlecht und Alter, ihrer Bildung, ihrer sozialen oder beruflichen Stellung, ihrer politischen oder weltanschaulichen Orientierung und ihrer Nationalität möglich sein. In den Bildungsmaßnahmen wird die Freiheit der Meinungsäußerung gewährleistet und gefördert.
  2. 2. Die Organisation ist der Demokratie verpflichtet. Diesem Selbstverständnis entsprechend werden keine antidemokratischen, rassistischen, antisemitischen, sexistischen und andere Menschengruppen diskriminierenden Inhalte und Verhaltensweisen zugelassen. Diesen Inhalten, Tendenzen und Verhaltensweisen wird in den Bildungsveranstaltungen entgegengewirkt. Zudem bietet die Organisation keinen Ort für die Verbreitung von antidemokratischen Weltbildern, sie bietet keine Möglichkeit Propaganda, Agitation oder Produktwerbung zu machen oder „Klientel“ für politische, religiöse und andere ideologische Gruppierungen zu rekrutieren.
 

E.) Grundvoraussetzungen hinsichtlich Qualität

  1. 1. Die Organisation muss ein von Ö-Cert anerkanntes externes Qualitätstestat nach Anlage 1 aufweisen.
  2. 2. Bis 31. Dezember 2012 kann eine vorläufige Aufnahme in das Verzeichnis der Qualitätsanbieter erfolgen, wenn die Organisation den Nachweis begonnener Qualitätssicherungsmaßnahmen mit dem Ziel der Aufnahme in ein Qualitätsmanagement-System bzw. Qualitätssicherungsverfahren nach Anlage 1 nachweist.
 

Schlagworte

Lehrprozess, Ausbildung

Zuletzt aktualisiert am

22.06.2020

Gesetzesnummer

20007941

Dokumentnummer

NOR40141815

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