Artikel 55
Internationale Zusammenarbeit zum Zweck der Einziehung
(1) Hat ein Vertragsstaat von einem anderen Vertragsstaat, der Gerichtsbarkeit über eine in Übereinstimmung mit diesem Übereinkommen umschriebene Straftat hat, ein Ersuchen um Einziehung von in seinem Hoheitsgebiet befindlichen Erträgen aus Straftaten, Vermögensgegenständen, Geräten oder sonstigen Tatwerkzeugen nach Artikel 31 Absatz 1 erhalten, so wird er im größtmöglichen Umfang, den seine innerstaatliche Rechtsordnung zulässt,
- a) das Ersuchen an seine zuständigen Behörden weiterleiten, um eine Einziehungsentscheidung zu erwirken und, falls sie erlassen wird, ausführen zu lassen, oder
- b) eine von einem Gericht im Hoheitsgebiet des ersuchenden Vertragsstaats nach den Artikeln 31 Absatz 1 und 54 Absatz 1 Buchstabe a erlassene Einziehungsentscheidung an seine zuständigen Behörden weiterleiten, damit diese im erbetenen Umfang ausgeführt wird, soweit sie sich auf Erträge aus Straftaten, Vermögensgegenstände, Geräte oder sonstige Tatwerkzeuge nach Artikel 31 Absatz 1 bezieht, die sich im Hoheitsgebiet des ersuchten Vertragsstaats befinden.
(2) Auf Ersuchen eines anderen Vertragsstaats, der über eine in Übereinstimmung mit diesem Übereinkommen umschriebene Straftat Gerichtsbarkeit hat, trifft der ersuchte Vertragsstaat Maßnahmen, um die Erträge aus Straftaten, Vermögensgegenstände, Geräte oder sonstigen Tatwerkzeuge nach Artikel 31 Absatz 1 zu ermitteln, einzufrieren oder zu beschlagnahmen, damit sie entweder aufgrund einer Entscheidung des ersuchenden Vertragsstaats oder, im Fall eines nach Absatz 1 gestellten Ersuchens, aufgrund einer Entscheidung des ersuchten Vertragsstaats letztlich eingezogen werden können.
(3) Artikel 46 gilt sinngemäß. Neben den in Artikel 46 Absatz 15 aufgeführten Angaben enthalten die nach diesem Artikel gestellten Ersuchen Folgendes:
- a) im Fall eines Ersuchens nach Absatz 1 Buchstabe a eine Beschreibung der einzuziehenden Vermögensgegenstände einschließlich, soweit möglich, des Orts, an dem sie sich befinden, und, soweit von Belang, ihres Schätzwerts sowie eine Darstellung des Sachverhalts, auf den sich der ersuchende Vertragsstaat stützt, die es dem ersuchten Vertragsstaat ermöglichen, nach seinem innerstaatlichen Recht eine Einziehungsentscheidung zu erwirken;
- b) im Fall eines Ersuchens nach Absatz 1 Buchstabe b eine rechtlich verwertbare Abschrift einer vom ersuchenden Vertragsstaat erlassenen Einziehungsentscheidung, auf die sich das Ersuchen stützt, eine Sachverhaltsdarstellung und Angaben über den Umfang, in dem um Ausführung der Entscheidung ersucht wird, eine Erklärung, in der die Maßnahmen aufgeführt werden, die vom ersuchenden Vertragsstaat getroffen wurden, um gutgläubigen Dritten angemessene Kenntnis zu geben und ein ordnungsgemäßes Verfahren zu gewährleisten, sowie eine Erklärung über die Endgültigkeit der Einziehungsentscheidung;
- c) im Fall eines Ersuchens nach Absatz 2 eine Darstellung des Sachverhalts, auf den sich der ersuchende Vertragsstaat stützt, und eine Beschreibung der Maßnahmen, um die ersucht wird, sowie, wenn vorhanden, eine rechtlich verwertbare Abschrift einer Entscheidung, auf der das Ersuchen beruht.
(4) Die in den Absätzen 1 und 2 vorgesehenen Entscheidungen oder Maßnahmen werden vom ersuchten Vertragsstaat nach Maßgabe und vorbehaltlich seines innerstaatlichen Rechts und seiner Verfahrensregeln oder der zwei- oder mehrseitigen Übereinkünfte getroffen, durch die er im Verhältnis zum ersuchenden Vertragsstaat gebunden ist.
(5) Jeder Vertragsstaat übermittelt dem Generalsekretär der Vereinten Nationen Abschriften oder Beschreibungen seiner Gesetze und sonstigen Vorschriften zur Durchführung dieses Artikels sowie jeder späteren Änderung dieser Gesetze und sonstigen Vorschriften.
(6) Macht ein Vertragsstaat die in den Absätzen 1 und 2 genannten Maßnahmen vom Bestehen eines einschlägigen Vertrags abhängig, so sieht er dieses Übereinkommen als notwendige und ausreichende Vertragsgrundlage an.
(7) Die Zusammenarbeit nach diesem Artikel kann auch verweigert und vorläufige Maßnahmen können aufgehoben werden, wenn der ersuchte Vertragsstaat nicht in hinreichendem Umfang und rechtzeitig Beweise erhält oder wenn die Vermögensgegenstände von geringfügigem Wert sind.
(8) Bevor der ersuchte Vertragsstaat eine nach diesem Artikel getroffene vorläufige Maßnahme aufhebt, gibt er dem ersuchenden Vertragsstaat, soweit möglich, Gelegenheit, seine Gründe für eine Fortdauer der Maßnahme darzulegen.
(9) Dieser Artikel darf nicht so ausgelegt werden, dass er die Rechte gutgläubiger Dritter beeinträchtigt.
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