vorheriges Dokument
nächstes Dokument

Anlage1 EU-Beitrittsvertrag - Akte - Protokoll Nr. 8

Aktuelle FassungIn Kraft seit 01.1.1995

ANHANG

BESTIMMUNGEN FÜR WAHLEN ZUM EUROPÄISCHEN PARLAMENT IN EINIGEN NEUEN MITGLIEDSTAATEN WÄHREND DER INTERIMSZEIT KAPITEL I ALLGEMEINES Artikel 1

Anlage1

Im Sinne dieses Anhangs bezeichnet der Ausdruck

Artikel 2

Wer am maßgeblichen Tag

  1. a) Unionsbürger im Sinne von Artikel 8 Absatz 1 Unterabsatz 2 des EG-Vertrags ist und
  2. b) - ohne die Staatsangehörigkeit des Wohnsitzbeitrittsstaats zu besitzen - die Bedingungen erfüllt, an die das Recht dieses Staats das aktive und passive Wahlrecht seiner Staatsangehörigen knüpft,

    hat das aktive und passive Wahlrecht bei den Wahlen zum Europäischen Parlament im Wohnsitzbeitrittsstaat, sofern er nicht gemäß den Artikeln 5 oder 6 des aktiven und passiven Wahlrechts verlustig gegangen ist.

    Wenn die Staatsangehörigen des Wohnsitzbeitrittsstaats nur unter der Voraussetzung wählbar sind, daß sie ihre Staatsangehörigkeit seit einer Mindestzeit erworben haben, so gilt diese Voraussetzung als von den Unionsbürgern erfüllt, wenn sie die Staatsangehörigkeit eines Mitgliedstaats seit derselben Zeit erworben haben.

Artikel 3

(1) Im Beitrittsstaat darf nicht wählen, wer an den Wahlen im Jahr 1994 in einem der Mitgliedstaaten teilgenommen hat.

(2) Im Beitrittsstaat darf nicht als Kandidat aufgestellt werden, wer bei den Wahlen im Jahr 1994 in einem der Mitgliedstaaten als Kandidat aufgestellt worden ist.

Artikel 4

Wenn die Staatsangehörigen des Wohnsitzbeitrittsstaats das aktive oder passive Wahlrecht nur unter der Voraussetzung besitzen, daß sie ihren Wohnsitz seit einer Mindestzeit im Wahlgebiet haben, so gilt diese Bedingung als von den aktiv und passiv Wahlberechtigten der Gemeinschaft erfüllt, wenn sie in anderen Mitgliedstaaten für die gleiche Dauer einen Wohnsitz hatten. Diese Bestimmung findet unbeschadet spezifischer Bedingungen im Zusammenhang mit der Dauer des Wohnsitzes in einem bestimmten Wahlkreis oder einer bestimmten Gebietskörperschaft Anwendung.

Artikel 5

(1) Jeder Unionsbürger, der seinen Wohnsitz in einem Beitrittsstaat hat, ohne dessen Staatsangehörigkeit zu besitzen, und der nach dem Recht des Wohnsitzbeitrittsstaats oder nach dem Recht seines Herkunftsmitgliedstaats infolge einer zivil- oder strafrechtlichen Einzelfallentscheidung des passiven Wahlrechts verlustig gegangen ist, ist von der Ausübung dieses Rechts bei den Wahlen zum Europäischen Parlament im Wohnsitzbeitrittsstaat ausgeschlossen.

(2) Die Bewerbung eines Unionsbürgers zu den Wahlen zum Europäischen Parlament im Wohnsitzbeitrittsstaat wird für unzulässig erklärt, wenn der Bewerber die nach Artikel 9 Absatz 2 erforderliche Bescheinigung nicht vorlegen kann.

Artikel 6

(1) Der Wohnsitzbeitrittsstaat kann sich davon überzeugen, daß der Unionsbürger, der den Wunsch zum Ausdruck gebracht hat, sein aktives Wahlrecht dort auszuüben, dieses Rechts nicht infolge einer zivil- oder strafrechtlichen Einzelfallentscheidung im Herkunftsmitgliedstaat verlustig gegangen ist.

(2) Zur Durchführung von Absatz 1 kann der Wohnsitzbeitrittsstaat die in Artikel 8 Absatz 2 vorgesehene Erklärung dem Herkunftsmitgliedstaat übermitteln. Zu diesem Zweck werden die zweckdienlichen und im Regelfall verfügbaren Mitteilungen aus dem Herkunftsmitgliedstaat in angemessener Form und Frist übermittelt; diese Mitteilungen dürfen nur die Angaben enthalten, die für die Durchführung dieses Artikels unbedingt notwendig sind, und dürfen nur zu diesem Zweck verwendet werden. Wenn die Mitteilungen den Inhalt der Erklärung in Abrede stellen, trifft der Wohnsitzbeitrittsstaat die geeigneten Maßnahmen, um die Teilnahme des Betreffenden an der Wahl zu verhindern.

(3) Außerdem kann der Herkunftsmitgliedstaat dem Wohnsitzbeitrittsstaat in angemessener Form und Frist alle für die Durchführung dieses Artikels erforderlichen Informationen übermitteln.

Artikel 7

(1) Ein aktiv Wahlberechtigter der Gemeinschaft übt das aktive Wahlrecht auf seinen Wunsch hin im Wohnsitzbeitrittsstaat aus.

(2) Besteht im Wohnsitzbeitrittsstaat Wahlpflicht, so gilt diese Pflicht auch für die aktiv Wahlberechtigten der Gemeinschaft, die den Wunsch geäußert haben, das aktive Wahlrecht auszuüben.

KAPITEL II

AUSÜBUNG DES AKTIVEN UND PASSIVEN WAHLRECHTS

Artikel 8

(1) Der Beitrittsstaat trifft die erforderlichen Maßnahmen, damit die aktiv Wahlberechtigten der Gemeinschaft, die dies wünschen, rechtzeitig vor den Wahlen in das Wählerverzeichnis eingetragen werden können.

(2) Um in das Wählerverzeichnis eingetragen zu werden, hat der aktiv Wahlberechtigte der Gemeinschaft die gleichen Nachweise wie ein nationaler aktiv Wahlberechtigter beizubringen. Außerdem hat er eine förmliche Erklärung vorzulegen, aus der folgendes hervorgeht:

  1. a) seine Staatsangehörigkeit und seine Anschrift im Wahlgebiet des Wohnsitzbeitrittsstaats;
  2. b) im Wählerverzeichnis welcher Gebietskörperschaft oder welchen Wahlkreises eines anderen Mitgliedstaats er gegebenenfalls zuletzt eingetragen gewesen ist und
  3. c) daß er sein aktives Wahlrecht bei den Wahlen 1994 in keinem der Mitgliedstaaten ausgeübt hat.

(3) Ferner kann der Wohnsitzbeitrittsstaat verlangen, daß der aktiv Wahlberechtigte der Gemeinschaft

  1. a) in seiner Erklärung gemäß Absatz 2 angibt, daß er im Herkunftsmitgliedstaat seines aktiven Wahlrechts nicht verlustig gegangen ist;
  2. b) einen gültigen Identitätsausweis vorlegt;
  3. c) den Zeitpunkt angibt, seit dem er seinen Wohnsitz in diesem Staat oder in einem anderen Mitgliedstaat hat.

(4) Aktiv Wahlberechtigte der Gemeinschaft, die in das Wählerverzeichnis eingetragen worden sind, bleiben unter den gleichen Bedingungen wie nationale aktiv Wahlberechtigte so lange eingetragen, bis sie die Streichung aus diesem Wählerverzeichnis beantragen oder von Amts wegen gestrichen werden, weil sie die Bedingungen für die Ausübung des aktiven Wahlrechts nicht mehr erfüllen.

Artikel 9

(1) Bei der Einreichung seiner Kandidaturerklärung hat der passiv Wahlberechtigte der Gemeinschaft die gleichen Nachweise wie ein nationaler passiv Wahlberechtigter beizubringen. Außerdem hat er eine förmliche Erklärung vorzulegen, aus der folgendes hervorgeht:

  1. a) seine Staatsangehörigkeit und seine Anschrift im Wahlgebiet des Wohnsitzbeitrittsstaats;
  2. b) daß er nicht gleichzeitig in einem anderen Mitgliedstaat bei den Wahlen zum Europäischen Parlament im Jahr 1994 kandidiert hat;
  3. c) im Wählerverzeichnis welcher Gebietskörperschaft oder welchen Wahlkreises eines anderen Mitgliedstaats er gegebenenfalls zuletzt eingetragen gewesen ist.

(2) Bei Einreichung seiner Kandidaturerklärung muß der passiv Wahlberechtigte der Gemeinschaft außerdem eine Bescheinigung der zuständigen Verwaltungsbehörden seines Herkunftsmitgliedstaats vorlegen, mit der bestätigt wird, daß er in diesem Mitgliedstaat seines passiven Wahlrechts nicht verlustig gegangen ist bzw. daß diesen Behörden ein solcher Verlust nicht bekannt ist.

(3) Ferner kann der Wohnsitzbeitrittsstaat verlangen, daß der passiv Wahlberechtigte der Gemeinschaft einen gültigen Identitätsausweis vorlegt. Er kann außerdem verlangen, daß der passiv Wahlberechtigte den Zeitpunkt angibt, seit dem er Staatsangehöriger eines Mitgliedstaats ist.

Artikel 10

(1) Der Wohnsitzbeitrittsstaat unterrichtet den Betreffenden darüber, wie sein Antrag auf Eintragung in das Wählerverzeichnis oder die Frage der Zulässigkeit seiner Kandidatur beschieden wurde.

(2) Bei Ablehnung des Antrags auf Eintragung in das Wählerverzeichnis oder bei Ablehnung der Kandidatur kann der Betreffende den Rechtsbehelf einlegen, den die Rechtsvorschriften des Wohnsitzbeitrittsstaats in gleichen Fällen für die nationalen aktiv und passiv Wahlberechtigten vorsehen.

Artikel 11

Der Wohnsitzbeitrittsstaat unterrichtet die aktiv und passiv Wahlberechtigten der Gemeinschaft rechtzeitig und in geeigneter Form über die Bedingungen und die Einzelheiten für die Ausübung des aktiven und des passiven Wahlrechts in diesem Staat.

Artikel 12

Die gegenwärtigen Mitgliedstaaten und der Beitrittsstaat tauschen untereinander die Informationen aus, die für die Durchführung des Artikels 3 notwendig sind.

KAPITEL III

AUSNAHME- UND ÜBERGANGSREGELUNGEN

Artikel 13

(1) Überschreitet in einem Beitrittsstaat am 1. Januar 1993 der Anteil der Unionsbürger im Wahlalter, die ihren Wohnsitz in diesem Beitrittsstaat haben, ohne dessen Staatsangehörigkeit zu besitzen, 20 vH aller Wahlberechtigten, so kann der Beitrittsstaat in Abweichung von den Artikeln 2, 8 und 9

  1. a) das aktive Wahlrecht denjenigen aktiv Wahlberechtigten der Gemeinschaft vorbehalten, die in diesem Beitrittsstaat seit einer Mindestzeit, die auf höchstens fünf Jahre festgesetzt werden darf, ihren Wohnsitz haben;
  2. b) das passive Wahlrecht denjenigen passiv Wahlberechtigten der Gemeinschaft vorbehalten, die in diesem Beitrittsstaat seit einer Mindestzeit, die auf höchstens zehn Jahre festgesetzt werden darf, ihren Wohnsitz haben.

    Diese Bestimmungen berühren nicht die angemessenen Maßnahmen, die dieser Beitrittsstaat hinsichtlich der Zusammensetzung der Kandidatenlisten erlassen kann und die insbesondere darauf abzielen, die Integration von Unionsbürgern, die Staatsangehörige eines anderen Mitgliedstaats sind, zu erleichtern.

    Jedoch können aktiv und passiv Wahlberechtigte der Gemeinschaft, die aufgrund der Tatsache, daß sie ihren Wohnsitz außerhalb ihres Herkunftsmitgliedstaats haben, oder aufgrund der Dauer dieses Wohnsitzes dort das aktive oder passive Wahlrecht nicht haben, die in Unterabsatz 1 genannten Bedingungen der Wohnsitzdauer nicht entgegengehalten werden.

(2) Der Beitrittsstaat, der Ausnahmeregelungen nach Absatz 1 anwendet, übermittelt der Kommission die erforderlichen Begründungen.

Lizenziert vom RIS (ris.bka.gv.at - CC BY 4.0 DEED)

Stichworte