Teil III
Artikel XXIV
Territoriale Anwendung — Grenzverkehr — Zollunion und Freihandelszonen
- 1. Die Bestimmungen dieses Abkommens beziehen sich auf alle Zollgebiete des Mutterlandes der Vertragsstaaten und auf alle anderen Zollgebiete, hinsichtlich welcher dieses Abkommen gemäß Artikel XXVI oder gemäß Artikel XXXIII oder in Durchführung des Protokolls über die provisorische Anwendung angenommen wurde. Jedes dieser Zollgebiete wird zum ausschließlichen Zweck der territorialen Anwendung dieses Abkommens wie ein Vertragsstaat behandelt, vorausgesetzt, daß die Bestimmungen dieses Absatzes nicht so ausgelegt werden, daß dadurch zwischen zwei oder mehreren Zollgebieten, für welche dieses Abkommen durch einen einzelnen Vertragsstaat oder gemäß Artikel XXVI oder gemäß Artikel XXXIII oder in Durchführung des Protokolls über die provisorische Anwendung angenommen wurde, irgendwelche Rechte oder Verpflichtungen geschaffen werden.
- 2. Im Sinne dieses Abkommens wird unter Zollgebiet jenes Territorium verstanden, für welches besondere Zolltarife oder andere Handelsvorschriften für einen beträchtlichen Teil des Handels eines solchen Territoriums mit anderen Gebieten beibehalten weiden.
- 3. Die Bestimmungen dieses Kapitels sind nicht dahingehend auszulegen, daß sie folgende Begünstigungen verhindern:
- a) die von einem Vertragsstaat einem Nachbarlande zur Erleichterung des Grenzverkehrs gewährt werden;
- b) die im Handel mit dem Freistaat Triest von benachbarten Ländern gewährt werden, vorausgesetzt, daß solche Begünstigungen nicht mit den aus dem zweiten Weltkrieg hervorgegangenen Friedensverträgen im Widerspruch stehen.
- 4. Die Vertragsparteien anerkennen, daß es wünschenswert ist,
durch freiwillige Vereinbarungen zur Förderung der wirtschaftlichen Integration der teilnehmenden Länder eine größere Freiheit des Handels herbeizuführen. Sie anerkennen ferner, daß es der Zweck von Zollunionen und Freihandelszonen sein soll, den Handel zwischen den teilnehmenden Gebieten zu erleichtern, nicht aber dem Handel anderer Vertragsparteien mit diesen Gebieten Schranken zu setzen.
- 5. Demgemäß verhindern die Bestimmungen dieses Abkommens nicht
die Schaffung einer Zollunion oder Freihandelszone zwischen den Gebieten der Vertragsstaaten oder die Annahme eines interimistischen Abkommens, das zur Schaffung einer Zollunion oder einer Freihandelszone notwendig wäre; vorausgesetzt,
- a) daß bei einer Zollunion oder bei einem interimistischen Abkommen, welches zur Bildung einer Zollunion führt, die bei der Schaffung einer derartigen Union oder eines interimistischen Abkommens vorgeschriebenen Zölle und anderen Handelsvorschriften bezüglich des Handels mit Vertragsstaaten, die nicht einer solchen Union oder einem derartigen Abkommen angehören, in ihrer Gesamtheit nicht höher und einschränkender sind als die allgemeine Wirkung der Zölle und Handelsvorschriften, die in den die Zollunion bildenden Gebieten vor Schaffung einer solchen Union oder, je. nach Sachlage der Annahme eines derartigen interimistischen Abkommens, angewendet wurden;
- b) daß bei einer Freihandelszone oder bei einem interimistischen Abkommen, welches zur Bildung einer Freihandelszone führt, die Zölle und anderen Handelsvorschriften, die in jedem der die Freihandelszone bildenden Gebiete bestehen und bei Schaffung einer derartigen Freihandelszone angewendet werden oder bei Annahme eines solchen interimistischen Abkommens mit Bezug auf den Handel von Vertragsstaaten, die in eine solche Zone nicht einbezogen sind oder einem solchen Abkommen nicht angehören, nicht höher und einschränkender sind als die entsprechenden Zölle und anderen Handelsvorschriften, die in diesen die Freihandelszone bildenden Gebieten vor der Schaffung der Freihandelszone oder je nach Sachlage vor der Annahme eines derartigen interimistischen Abkommens bestanden, und
c.) daß jedes in lit. a) und b) angeführte interimistische
Abkommen einen Plan und ein Programm für die Bildung einer solchen Zollunion oder einer derartigen Freihandelszone innerhalb eines angemessenen Zeitraumes beinhaltet.
- 6. Wenn in Durchführung der Erfordernisse des Absatzes 5, lit. a), ein Vertragsstaat eine mit den Bestimmungen des Artikels II im Widerspruch stehende Erhöhung eines Zolltarifs vorschlügt, gelangt das in Artikel XXVIII festgelegte Verfahren zur Anwendung. Bei der Bemessung einer Angleichung wird die schon durch die Herabsetzung auf die entsprechenden Zollsätze der anderen die Zollunion bildenden Gebiete gewährte Begünstigung entsprechend berücksichtigt.
- 7. a) Jeder Vertragsstaat, der den Beitritt zu einer Zollunion, einer Freihandelszone oder einem interimistischen Abkommen, welches zur Bildung einer solchen Union oder eines solchen Gebietes führt, beschließt, wird die Vertragsstaaten hievon sogleich in Kenntnis setzen und ihnen bezüglich der geplanten Union oder des Gebietes jene Information zur Verfügung stellen, die es ihnen ermöglicht, den Vertragsstaaten allenfalls entsprechende Berichte zu übermitteln und Empfehlungen zu machen.
- b) Wenn die V e r t r a g s s t a a t e n, nach Studium des gemäß Absatz 5 vorgesehenen Planes und Programms für ein interimistisches Abkommen, in Beratungen mit den Teilnehmern dieses Abkommens und unter entsprechender Berücksichtigung der ihnen gemäß lit. a) zur Verfügung gestellten Informationen zu dem Schluß gelangen, dass ein solches Abkommen nicht geeignet erscheint, innerhalb der von den Teilnehmern des Abkommens vorgesehenen Zeit zur Bildung einer Zollunion oder einer Freihandelszone zu führen oder daß der Zeitraum nicht ausreichend erscheint, werden die V e r t r a g s s t a a t e n den Teilnehmern dieses Abkommens Empfehlungen unterbreiten. Die Teilnehmer werden ein derartiges Abkommen weder aufrechterhalten noch in Kraft setzen, wenn sie nicht bereit sind, dieses gemäß den Empfehlungen abzuändern.
- c) Jede wesentliche Änderung des im Absatz 5, lit. c), angeführten Planes oder Programms wird den
V e r t r a g s s t a a t e n bekanntgegeben, welche die betreffenden Vertragsstaaten ersuchen können, mit ihnen in Beratungen einzutreten, sofern die Änderung geeignet erscheint, die Schaffung einer Zollunion oder einer Freihandelszone zu gefährden oder übermäßig zu verzögern.
- 8. Im Sinne dieses Abkommens:
- a) bedeutet Zollunion die Ersetzung zweier oder mehrerer Zollgebiete durch ein einheitliches Zollgebiet, so dass
I. Zölle und andere handelsbeschränkende Vorschriften (ausgenommen, soweit notwendig, jene, die gemäß Artikel XI, XII, XIII, XIV, XV und XX gestattet sind) mit Bezug auf den Großteil des Handels zwischen den die Union bildenden Gebieten oder wenigstens mit Bezug auf den Großteil des Handels mit den aus diesen Gebieten stammenden Waren beseitigt werden, und II. die Mitglieder der Zollunion im Handel mit Gebieten, die
nicht zur Union gehören, vorbehaltlich der Bestimmungen des Absatzes 9, im wesentlichen dieselben Zölle und anderen Handelsvorschriften anwenden;
- b) Freihandelszone bedeutet eine Gruppe von zwei oder mehreren Zollgebieten, in denen die Zölle und andere handelsbeschränkende Vorschriften (ausgenommen, soweit notwendig, jene, die gemäß Artikel XI, XII, XIII, XIV, XV und XX gestattet sind) im wesentlichen zwischen den die Freihandelszone bildenden Gebieten im Handel mit den aus diesen Gebieten stammenden Waren, beseitigt werden.
- 9. Die im Absatz 3 des Artikels I angeführten Präferenzen
werden durch die Schaffung einer Zollunion oder einer Freihandelszone nicht berührt; sie können jedoch im Wege von Verhandlungen mit den hievon betroffenen Vertragsstaaten beseitigt oder der Lage angepasst werden. Dieses Verhandlungsverfahren mit den betroffenen Vertragsstaaten soll insbesondere auf jene Präferenzen Anwendung finden, deren Beseitigung gemäß den Bestimmungen des Absatzes 8, lit. a), I, und Absatz 8, lit. b), erforderlich ist.
- 10. Die Vertragsstaaten können Vorschläge, die nicht
vollständig mit den Bestimmungen der Absätze 5 bis einschließlich 9 im Einklang stehen, mit Zweidrittelmehrheit annehmen, vorausgesetzt, dass derartige Vorschläge zur Schaffung einer Zollunion oder einer Freihandelszone im Sinne dieses Artikels führen.
- 11. Unter Berücksichtigung der außergewöhnlichen Umstände, die
sich aus der Errichtung von Indien und Pakistan als unabhängige Staaten ergeben und in Anerkennung der Tatsache, daß diese zwei Staaten während langer Zeit eine wirtschaftliche Einheit gebildet haben, kommen die Vertragsstaaten überein, daß die Bestimmungen dieses Abkommens diese beiden Länder nicht daran hindern, besondere Abkommen hinsichtlich ihres gegenseitigen Handels abzuschließen, bis ihre wechselseitigen Handelsbeziehungen endgültig geregelt werden.
- 12. Jeder Vertragsstaat wird in seinem Machtbereich alle
geeigneten Maßnahmen ergreifen, um in seinem Hoheitsgebiet die Beobachtung der Bestimmungen des vorliegenden Abkommens durch die regionalen oder örtlichen Regierungs- und Verwaltungsbehörden zu gewährleisten.
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