vorheriges Dokument
nächstes Dokument

Anlage BWG

Aktuelle FassungIn Kraft seit 29.5.2021

Anlage

zu § 39b

GRUNDSÄTZE DER VERGÜTUNGSPOLITIK UND ‑PRAKTIKEN

  1. 1. Die Vergütungspolitik ist mit einem soliden und wirksamen Risikomanagement vereinbar, diesem förderlich und ermutigt nicht zur Übernahme von Risiken, die über das von dem Kreditinstitut tolerierte Maß hinausgehen.
  2. 1a. Die Vergütungspolitik und -praktiken sind geschlechtsneutral.
  3. 2. Die Vergütungspolitik steht mit der Geschäftsstrategie, den Zielen, Werten und langfristigen Interessen des Kreditinstitutes in Einklang und beinhaltet Vorkehrungen zur Vermeidung von Interessenkonflikten.
  4. 3. Der Aufsichtsrat oder ein sonst nach Gesetz oder Satzung zuständiges Aufsichtsorgan des Kreditinstitutes genehmigt die allgemeinen Grundsätze der Vergütungspolitik, überprüft sie regelmäßig und ist für die Überwachung ihrer Umsetzung verantwortlich. Bei Kreditinstituten, bei denen gemäß § 39c ein Vergütungsausschuss eingerichtet ist, können diese Aufgaben vom Vergütungsausschuss wahrgenommen werden.
  5. 4. Im Rahmen einer zentralen und unabhängigen internen Überprüfung wird mindestens einmal jährlich festgestellt, ob die Vergütungspraxis gemäß der vom Aufsichtsrat oder von einem sonst nach Gesetz oder Satzung zuständigen Aufsichtsorgan festgelegten Vergütungspolitik umgesetzt wurde.
  6. 5. Mitarbeiter, die Kontrollfunktionen innehaben, müssen unabhängig von den von ihnen kontrollierten Geschäftsbereiche sein, über ausreichende Befugnisse verfügen und entsprechend der Erreichung der mit ihren Aufgaben verbundenen Ziele entlohnt werden, und zwar unabhängig von der Performance der von ihnen kontrollierten Geschäftsbereichen.
  7. 6. Die Vergütung des höheren Managements im Risikomanagement und in Compliance-Funktionen ist vom Vergütungsausschuss unmittelbar zu überprüfen.
  8. 6a. Die Vergütungspolitik unterscheidet unter Berücksichtigung nationaler Gepflogenheiten zwischen Kriterien zur Festlegung der fixen und der variablen Vergütungskomponente. Diese Unterscheidung soll dabei insbesondere nach folgenden Kriterien erfolgen:
  1. a) Kriterien für die Festsetzung der fixen Vergütungskomponente:
  1. aa) einschlägige berufliche Erfahrung und
  2. bb) konkret ausgeführte Tätigkeit in der jeweiligen Organisationsstruktur, unter Berücksichtigung der hiermit verbundenen Verantwortung;
  1. b) Kriterien für die Festsetzung der variablen Vergütungskomponente:
  1. aa) nachhaltige und risikoangepasste Leistungen sowie
  2. bb) Leistungen, welche über die vorgegebenen Leistungsziele hinausgehen.
  1. 7. Bei erfolgsabhängiger Vergütung liegt dieser insgesamt eine Bewertung sowohl der Leistung des betreffenden Mitarbeiters und seiner Abteilung als auch des Gesamtergebnisses des Kreditinstitutes zugrunde, und bei der Bewertung der individuellen Leistung werden finanzielle wie auch nichtfinanzielle Kriterien berücksichtigt:
  1. a) Zur Gewährleistung, dass die Beurteilung auf die längerfristige Leistung abstellt und die tatsächliche Auszahlung erfolgsabhängiger Vergütungskomponenten über einen Zeitraum verteilt ist, der dem zugrunde liegenden Geschäftszyklus des Unternehmens Rechnung trägt, hat die Leistungsbeurteilung in einem mehrjährigen Rahmen zu erfolgen.
  2. b) Die gesamte variable Vergütung schränkt die Fähigkeit des Kreditinstitutes zur Verbesserung seiner Eigenmittelausstattung nicht ein.
  3. c) Eine garantierte variable Vergütung steht nicht in Einklang mit solidem Risikomanagement oder dem Prinzip leistungsorientierter Vergütung und darf nicht Bestandteil künftiger Vergütungssysteme sein; ausnahmsweise kann eine garantierte variable Vergütung im Zusammenhang mit der Einstellung neuer Mitarbeiter gewährt werden, wenn sie auf das erste Jahr der Beschäftigung beschränkt ist und das Kreditinstitut über eine solide und ausreichende Eigenmittelausstattung verfügt.
  4. d) Kreditinstitute, die staatliche Unterstützungsmaßnahmen auf Grundlage der Bestimmungen des Finanzmarktstabilitätsgesetzes (FinStaG), BGBl. I Nr. 136/2008, oder gemäß § 1 Abs. 4 des Interbankmarktstärkungsgesetzes (IBSG), BGBl. I Nr. 136/2008, in Anspruch nehmen, haben überdies folgende Grundsätze einzuhalten:
  1. aa) Sollte die Aufrechterhaltung einer soliden Eigenmittelbasis sowie eine rechtzeitige Beendigung dieser staatlichen Unterstützungsmaßnahmen nicht gegeben sein, so ist die variable Vergütung auf einen prozentuellen Anteil des Nettogewinns begrenzt.
  2. bb) Kreditinstitute haben ihre Vergütungspolitik auf eine Weise zu strukturieren, sodass diese auf ein solides Risikomanagement und ein langfristiges Wachstum ausgerichtet ist. Sofern dies erforderlich ist, beinhalten diese Maßnahmen unter anderem auch die Einführung von Obergrenzen für die Vergütung von Geschäftsleitern.
  3. cc) Den Geschäftsleitern wird nur dann eine variable Vergütung gewährt, sofern dies gerechtfertigt und angemessen ist.
  1. 8. Bei der Gesamtvergütung stehen fixe und variable Bestandteile in einem angemessenen Verhältnis, wobei der fixe Vergütungsanteil so hoch ist, dass eine flexible Politik in Bezug auf die variablen Vergütungskomponenten uneingeschränkt möglich ist und auch zur Gänze auf die Gewährung einer variablen Vergütung verzichtet werden kann.
  2. 8a. Kreditinstitute haben ein angemessenes Verhältnis zwischen fixer und variabler Komponente der Gesamtvergütung festzusetzen. Dabei darf der Betrag der variablen Vergütungskomponente den Betrag der fixen Vergütungskomponente nicht überschreiten.
  3. 8b. Abweichend von Z 8a kann die variable Vergütungskomponente durch einen Beschluss der Aktionäre oder sonstigen Gesellschafter auf bis zu 200 vH der fixen Vergütungskomponente erhöht werden, wenn folgende Voraussetzungen erfüllt sind:
  1. a) Der Beschlussfassung hat eine umfangreiche Empfehlung des Kreditinstitutes voranzugehen, welche die Gründe für die erhöhte variable Vergütung und dessen Umfang einschließlich der Anzahl der betroffenen Mitarbeiter, deren Funktionen sowie die zu erwartenden Auswirkungen in Bezug auf den Erhalt einer soliden Eigenmittelausstattung des Kreditinstitutes darlegt.
  2. b) Das Kreditinstitut hat die FMA umgehend über die abgegebene Empfehlung zu informieren. Diese Information hat insbesondere die vorgeschlagene Erhöhung der variablen Vergütungskomponente und deren Begründung zu enthalten. Weiters ist darzulegen, dass durch diese Erhöhung keine Beeinträchtigung der Einhaltung der Verpflichtungen des betroffenen Kreditinstitutes aufgrund der Verordnung (EU) Nr. 575/2013 oder dieses Bundesgesetzes, einschließlich der zwingenden Eigenmittelanforderungen, entsteht.
  3. c) Die Aktionäre oder sonstigen Gesellschafter sind vom Kreditinstitut unter Einhaltung einer angemessenen Frist im Voraus über die geplante Beschlussfassung in Kenntnis zu setzen.
  4. d) Eine wirksame Beschlussfassung erfordert die Anwesenheit von mindestens der Hälfte des stimmberechtigen Kapitals und eine Stimmenmehrheit von 66 vH. Abweichend davon kann ein wirksamer Beschluss bei Nichterreichen des erforderlichen Anwesenheitsquorums durch eine Stimmenmehrheit von 75 vH gefasst werden. Mitarbeiter eines Kreditinstitutes, die direkt von einer Erhöhung der variablen Vergütungskomponente betroffen sind, sind sowohl von der direkten als auch der indirekten Stimmrechtsausübung ausgeschlossen.
  5. e) Das Kreditinstitut hat die FMA umgehend über den gefassten Beschluss zu informieren. Diese Information hat insbesondere das erhöhte Maximalverhältnis zwischen fixer und variabler Vergütungskomponente zu enthalten. Die FMA analysiert die nationale Vergütungspraxis anhand dieser Informationen und übermittelt das Ergebnis dieser Analyse jährlich an die EBA.
  1. 9. Zahlungen im Zusammenhang mit der vorzeitigen Beendigung eines Vertrages spiegeln den langfristigen Erfolg wider und sind so gestaltet, dass sie Misserfolg nicht belohnen.
  2. 9a. Übernimmt ein Kreditinstitut als Teil der Gesamtvergütung Zahlungen, die anlässlich einer vorzeitigen Vertragsbeendigung eines Mitarbeiters aufgrund vertraglicher Verpflichtung durch den betroffenen Mitarbeiter an ein anderes Unternehmen zu leisten wären, so müssen diese Zahlungen in Einklang mit den langfristigen Interessen des Kreditinstituts, einschließlich Zurückhaltungs-, Zurückstellungs- sowie Leistungs- und Rückforderungsvereinbarungen, stehen.
  3. 10. Die Erfolgsmessung, anhand derer variable Vergütungskomponenten oder Pools von variablen Vergütungskomponenten berechnet werden, schließt eine Berichtigung für alle Arten von laufenden und künftigen Risiken ein und trägt den Kosten der geforderten Eigenmittel- und Liquiditätsausstattung Rechnung. Die Verteilung der variablen Vergütungskomponenten innerhalb eines Kreditinstitutes berücksichtigt zudem alle Arten laufender und potentieller Risiken.
  4. 11. Ein erheblicher Anteil, der mindestens 50 vH der variablen Vergütungskomponenten beträgt, besteht aus einem angemessenen Verhältnis aus:
  1. a) Aktien oder, abhängig von der Rechtsform des betroffenen Kreditinstitutes, gleichwertigen Beteiligungen oder mit Anteilen verknüpften Instrumenten oder, abhängig von der Rechtsform des betroffenen Kreditinstitutes, gleichwertigen unbaren Zahlungsinstrumenten, sofern die genannten Instrumente ausgegeben wurden und diese verbrieft und handelbar sind.
  2. b) Kapitalinstrumente, die den Kriterien des Art. 52 oder des Art. 63 der Verordnung (EU) Nr. 575/2013 entsprechen oder andere Instrumente, die vollständig in Kapitalinstrumente gemäß Art. 28 der Verordnung (EU) Nr. 575/2013 umgewandelt oder wertmäßig abgeschrieben werden können und die Bonität des Kreditinstitutes hinreichend widerspiegeln sowie als variable Vergütungsinstrumente geeignet sind.
  1. 12. Ein erheblicher Anteil der variablen Vergütung, der mindestens 40 vH beträgt, wird während eines mindestens fünfjährigen Zeitraums zurückgestellt und ordnungsgemäß auf die Art der Geschäftstätigkeit, ihre Risiken sowie auf die Tätigkeiten der betreffenden Mitarbeiter ausgerichtet. Die im Rahmen von Regelungen zur Rückstellung der Vergütungszahlungen zu entrichtende Vergütung wird nicht rascher erworben, als auf proportionaler Basis bestimmt. Macht die variable Komponente einen besonders hohen Betrag aus, so wird die Auszahlung von mindestens 60 vH des Betrags zurückgestellt. Die Dauer des Rückstellungszeitraums steht in Einklang mit dem Geschäftszyklus, der Art der Geschäftstätigkeit, ihrer Risiken sowie den Tätigkeiten des betreffenden Mitarbeiters:
  1. a) Der Anspruchserwerb oder die Auszahlung der variablen Vergütung einschließlich des zurückgestellten Anteils darf nur dann erfolgen, wenn sie angesichts der Finanzlage des Institutes insgesamt tragbar und nach der Leistung des Kreditinstitutes, der betreffenden Geschäftsabteilung und Person gerechtfertigt ist. Unbeschadet allgemeiner Grundsätze des Zivil- und Arbeitsrechts, wird die gesamte variable Vergütung erheblich beschränkt, wenn es zu einer verschlechterten oder negativen Finanz- oder Ertragslage des Kreditinstitutes kommt. Hierbei sind sowohl aktuelle Entgelte als auch verminderte Auszahlungen kürzlich verdienter Beträge einschließlich jener aufgrund von Malus- und Rückforderungsübereinkommen zu berücksichtigen;
  1. b) Die Politik bezüglich freiwilliger Rentenzahlungen steht mit der Geschäftsstrategie, den Zielen, Werten und langfristigen Interessen des Kreditinstitutes in Einklang. Verlässt ein Mitarbeiter vor Antritt des Ruhestands das Kreditinstitut, so sind freiwillige Rentenzahlungen vom Kreditinstitut für einen Zeitraum von fünf Jahren in Form von Instrumenten im Sinne der Z 11 lit. a und b zurückzuhalten. Bei Antritt des Ruhestands eines Mitarbeiters sind diesem freiwillige Rentenzahlungen in Form von Instrumenten im Sinne der Z 11 lit. a und b zu bezahlen und unterliegen einem fünfjährigen Rückstellungszeitraum.
  2. c) Die Mitarbeiter sind verpflichtet, auf keine persönlichen Hedging-Strategien oder vergütungs- und haftungsbezogene Versicherungen zurückzugreifen, um die in ihren Vergütungsregelungen verankerte Ausrichtung am Risikoverhalten zu unterlaufen.
  3. d) Variable Vergütungen werden nicht durch Instrumente oder Verfahren gezahlt, die eine Umgehung der Anforderungen dieses Bundesgesetzes oder der Verordnung (EU) Nr. 575/2013 ermöglichen.
  1. 13. Die in den Z 11, Z 12 Einleitungsteil sowie Z 12 lit. b zweiter und dritter Satz angeführten Grundsätze sind nicht anzuwenden auf:
  1. a) Kreditinstitute, die keine großen CRRInstitute gemäß Art. 4 Abs. 1 Nr. 146 der Verordnung (EU) Nr. 575/2013 sind und deren Bilanzsumme auf Einzelbasis im Durchschnitt der letzten vier Jahre unmittelbar vor dem laufenden Geschäftsjahr
  1. aa) höchstens 5 Milliarden Euro betragen hat, oder
  2. bb) mehr als 5 Milliarden Euro, jedoch höchstens 15 Milliarden Euro betragen hat und das Kreditinstitut die Voraussetzungen gemäß Art. 4 Abs. 1 Nr. 145 Buchstaben c, d und e der Verordnung (EU) Nr. 575/2013 erfüllt;
  1. b) Mitarbeiter, deren jährliche variable Vergütung 50 000 Euro nicht übersteigt und nicht mehr als ein Drittel der Gesamtjahresvergütung des jeweiligen Mitarbeiters ausmacht.

1. EG/EU: Art. 1, BGBl. I Nr. 118/2010; Art. 1, BGBl. I Nr. 145/2011; Art. 1, BGBl. I Nr. 184/2013; Art. 1, BGBl. I Nr. 117/2015

2. früher Anlage 4

Schlagworte

Vergütungspraktik, Eigenmittelausstattung, Zivilrecht, Finanzlage, Malusübereinkommen

Zuletzt aktualisiert am

02.06.2021

Gesetzesnummer

10004827

Dokumentnummer

NOR40234613

Stichworte