Artikel 1
(Übersetzung.)
Österreichische Gesandtschaft
Paris.
Paris, am 17. Juni 1933.
Herr Minister!
Ich beehre mich, Ihnen zur Kenntnis zu bringen, daß die Bundesregierung den Bestimmungen des Abkommens zur Regelung der Warenzahlungen zwischen Österreich und Frankreich mit dem nachfolgenden Wortlaut zustimmt:
„In dem Bestreben, ihren Willen zu wirtschaftlicher Zusammenarbeit zu bestätigen und ihrerseits in wirksamer Weise dazu beizutragen, daß so bald als möglich der normale Warenverkehr wiederhergestellt wird, haben die österreichische Regierung und die französische Regierung die folgenden Maßnahmen vereinbart, die an die Stelle der Bestimmungen des Kompensationsabkommens vom 16. April 1932 treten.
Artikel I. Vom Tage der Unterzeichnung dieses Abkommens an wird die Überweisung der Forderungen, welche aus der Ausfuhr französischer Waren nach Österreich stammen, direkt bei Fälligkeit durch die österreichischen Schuldner vorgenommen werden, die sich zu diesem Zwecke an den Wiener Giro- und Cassen-Verein wenden werden, um die notwendigen Devisen zu erhalten.
Demzufolge werden die Schillingeinzahlungen bei der Österreichischen Nationalbank für Rechnung französischer Firmen zu dem oben angegebenen Zeitpunkte eingestellt werden.
Artikel II. Der Gegenwert in Francs von allen österreichischen Waren, die in das französische Gebiet eingeführt worden sind oder eingeführt werden, wird zur Gänze durch die Importeure in Frankreich auf ein auf den Namen der Österreichischen Nationalbank bei dem Office de Compensation eröffnetes Konto einzuzahlen sein.
Das Office de compensation wird die Österreichische Nationalbank von allen auf diese Weise für Rechnung österreichischer Firmen vorgenommenen Einzahlungen spätestens am zweiten Werktage nach den Einzahlungen benachrichtigen. Das Einzahlungsaviso wird alle für die Bezahlung der Forderungen an die betreffenden österreichischen Verkäufer erforderlichen Angaben zu enthalten haben.
Artikel III. Die Österreichische Nationalbank wird dem österreichischen Exporteur, für dessen Rechnung die im vorhergehenden Artikel erwähnten Einzahlungen vorgenommen wurden, den Gegenwert seiner Francsforderung gemäß den nachstehenden Bestimmungen in Schilling auszahlen:
85% werden unter Zugrundelegung des realen Francskurses ausbezahlt, der im Amtlichen Kursblatt der Wiener Börse an dem Tage verlautbart ist, an dem die im Absatz 2 des vorhergehenden Artikels vorgesehene Anzeige des Office de Compensation bei der Nationalbank eintrifft;
15% werden dem österreichischen Exporteur unter Zugrundelegung des Kurses von 27,843 Schilling für 100 Francs ausbezahlt.
Die Beträge, welche sich aus der Differenz zwischen dem letzteren Kurs und dem realen Kurs ergeben, werden einem Spezialfonds überwiesen, der die im Artikel V, Absatz 2, c vorgesehene Bestimmung erhält.
Artikel IV. Die Francsbeträge, die im Sinne der Bestimmungen des Artikels II, Absatz 1 dieses Abkommens bei dem Office de Compensation einbezahlt worden sind, werden zur Liquidierung der französischen Forderungen, für welche der Gegenwert in Schilling durch die österreichischen Schuldner auf die Clearingkonti A und B bei der Österreichischen Nationalbank einbezahlt worden ist, verwendet werden.
Artikel V. Die französischen Gläubiger der Konti A und B, die einem Eskont von 5% ihrer Forderungen zustimmen, werden vorzugsweise in chronologischer Reihenfolge in einem Zeitraum von höchstens vier Monaten vom Zeitpunkte der Inkraftsetzung dieses Abkommens eine Anschlagszahlung von 75% ihrer Forderung erhalten.
Der Saldo von 20% wird, wie folgt, beglichen werden:
- a) Jene österreichischen Schuldner, die vor dem 31. Dezember 1932 Zahlungen auf die Clearingkonti A und B zur offiziellen Parität ohne Kaution vorgenommen haben, sind verpflichtet, dem französischen Gläubiger eine zusätzliche Zahlung von 12% des Betrages ihrer Francsschuld zu leisten. Diese zusätzliche Zahlung wird in Schilling unter Zugrundelegung des realen Kurses bei der Österreichischen Nationalbank innerhalb eines Zeitraumes von höchstens vier Wochen nach Erhalt einer Aufforderung derselben geleistet werden; sie wird befreienden Charakter haben;
- b) Die Kautionen, die seit dem 1. Jänner 1933 durch die österreichischen Schuldner erlegt worden sind, werden, soweit sie nicht den realen Kurs des Tages des Inkrafttretens dieses Abkommens übersteigen, zur Begleichung zurückbehalten;
- c) Zur Bedeckung 1. der Differenz von 8% zwischen den im Absatz a dieses Artikels vorgesehenen Zahlungen und dem zu regelnden Saldo, 2. der Differenz, die zwischen dem Betrag der eingezahlten Kautionen und dem realen Kurs bestehen, wird der im obigen Artikel III vorgesehene Spezialfonds verwendet werden.
Artikel VI. Die Forderungen, deren Inhaber den obenerwähnten Eskont von 5% nicht angenommen haben, werden zum Schluß in analoger Weise und in der zwischen ihnen bestehenden chronologischen Reihenfolge geregelt werden, nachdem die im obigen Artikel V vorgesehenen Zahlungen beendet sein werden.
Artikel VII. Die Regelung jener Forderungen, die auf Schilling ohne weitere Bezeichnung lauten, wird nur zum realen Kurs erfolgen.
Artikel VIII. Jedes Sonderübereinkommen zwischen einem französischen Gläubiger und einem österreichischen Schuldner, durch das eine Regelung außerhalb der Bestimmungen dieses Abkommens vereinbart worden ist, wird unter der Voraussetzung als wirksam anerkannt, daß hievon dem Office de Compensation Kenntnis gegeben worden ist, das seinerseits die Österreichische Nationalbank benachrichtigen wird.
Artikel IX. Die Vereinbarungen, die vor der Inkraftsetzung dieses Abkommens zwischen Privaten abgeschlossen und von dem Office de Compensation und der Österreichischen Nationalbank genehmigt worden sind, werden weiterhin nach den in den erteilten Genehmigungen vorgesehenen Bedingungen durchgeführt werden.
Artikel X. Diese Abkommen wird am 26. Juni 1933 in Kraft treten."
Indem ich Sie bitte, mir eine gleichlautende Erklärung zukommen zu lassen, benütze ich diese Gelegenheit, um Ihnen, Herr Minister, den Ausdruck meiner ausgezeichnetsten Hochachtung zu erneuern.
(Übersetzung.)
Ministerium des Äußern
Direktion der politischen und kommerziellen Angelegenheiten.
Paris, am 22. Juni 1933.
Herr Minister!
Mit Ihrem Briefe vom 17. Juni war es Ihnen gefällig, mir mitzuteilen, daß die Bundesregierung ihre Zustimmung zu dem Abkommen über die Warenzahlungen gegeben hat, das kürzlich zwischen einer französischen und einer österreichischen Delegation festgelegt worden ist und dessen Bestimmungen lauten:
(Anm.: Es folgt der Text der Note.)
Ich beehre mich, den Empfang dieser Mitteilung zu bestätigen und Ihnen bekanntzugeben, daß die Regierung der Republik den vorstehenden Bestimmungen zustimmt. Alle Maßnahmen sind getroffen, um sie zu dem vereinbarten Datum in Kraft zu setzen.
Genehmigen Sie, Herr Minister, den Ausdruck meiner ausgezeichneten Hochachtung.
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