Die Grundrechtejudikatur des BVerfG wird gemeinhin als Paradebeispiel einer freiheitsorientierten Verfassungsrechtsprechung angesehen. Dies mag in weiten Teilen stimmen. Allerdings weist die Geschichte des BVerfG auch ausgesprochene Tiefpunkte auf. Wohl am tiefsten gesunken ist das Gericht in seiner Entscheidung vom 10.05.1957 über die Verfassungskonformität der seinerzeitigen §§ 175, 175a StGB.2 Diese harsche Bewertung verdient das Urteil, weil das Bemühen des BVerfG, den damals noch sozial mächtigen christlichen Großkirchen seine Referenz zu erweisen und sich selbst angesichts einiger erfolgter und anstehender liberaler Grundsatzentscheidungen aus der teils existenzbedrohenden Schusslinie der politischen Kritik zu nehmen, in der Folge mehrere Tausend Männer mit ihrer Freiheit bezahlen mussten.