Die EU-Insolvenzverordnung beschäftigt nicht nur hierzulande die Insolvenzrechtler. Dass sich der Blick über die Grenze lohnt, beweist das anzuzeigende Werk, das das vereinheitlichte internationale Insolvenzrecht aus englischer Perspektive beleuchtet. Nach einer sehr lesenswerten historischen Einleitung von Fletcher , die die Entstehungsgeschichte der EuInsVO seit den 60er Jahren nachzeichnet (Rz 1.01 ff), werden „vor der Klammer“ allgemeine Fragen wie die des gemeinschaftsrechtlichen Charakters der Verordnung (Rz 2.01 ff) und ihres Anwendungsbereiches (Rz 3.01 ff) erörtert. Das „Herzstück“ des Buches bildet ein knapper und sehr instruktiver, die einzelnen Artikel der EuInsVO erläuternder Kommentar (Rz 8.01 ff). Dieser wurde von Moss und Smith verfasst, andere Autoren haben einzelne, besonders gekennzeichnete Anmerkungen beigefügt. Im Anhang werden der Text der Verordnung und der für die Auslegung in vielen Punkten unverzichtbare „Erläuternde Bericht“ von Virgos/Schmit (deutsch zB bei Stoll , Vorschläge und Gutachten zur Umsetzung des EU-Übereinkommens über Insolvenzverfahren im deutschen Recht [1997] 32 ff) abgedruckt. Aus der Fülle der Anregungen, die die Lektüre liefert, seien - auch wegen der praktischen Bedeutung der Fragestellung - die Ausführungen zur „Niederlassung“ iSd Art 2 lit h EuInsVO herausgegriffen. Danach ist bekanntlich unter einer „Niederlassung“, deren Bestehen gem Art 3 Abs 2 EuInsVO Voraussetzung für die Eröffnung eines Sekundär- oder Partikularverfahrens ist, ein „Tätigkeitsort (zu verstehen), an dem der Schuldner einer wirtschaftlichen Aktivität von nicht vorübergehender Art nachgeht, die den Einsatz von Personal und Vermögenswerten voraussetzt“. Dazu ist es - soweit zu sehen - einheitliche Auffassung in Österreich, dass der Regelungsinhalt des Art 2 lit h EuInsVO nicht mit dem des Art 5 Z 5 EuGVVO übereinstimmt (Duursma -Kepplinger in Duursma -Kepplinger /Duursma /Chalupsky, Europäische Insolvenzverordnung [2002] Art 3 Rz 63; Bock in Bock /Muhri , Das neue Insolvenzrecht [2002] 61 f; Jelinek /Zangl , KO6 [2003] 382; Burgstaller / Keppelmüller in Burgstaller , Internationales Zivilverfahrensrecht II (2003) Art 2 InsVO Rz 8). In Rz 8.31 wird ein doch deutlich anderer Standpunkt eingenommen: „The definition of ‚establishment‘ for the purposes of the Insolvency Regulation will be similar to that developed for Article 5(5) save that separate subsidiary companies will not be considered to be establishments of the parent.“ Unabhängig davon, ob man dem folgen will (die Entstehungsgeschichte spricht eher dagegen; vgl Virgos/Schmit , Erläuternder Bericht Rz 70), zeigt eine solche Diskrepanz der Ansichten, dass die autonome Auslegung, die letztlich der EuGH vornehmen wird, auch bei scheinbar „gesicherten“ Interpretationen Überraschungen bringen könnte. Dass die Auslegung der EuInsVO ohne Berücksichtigung des wesentlichen europäischen Schrifttums immer „Stückwerk“ bleiben wird, liegt jedenfalls auf der Hand. Hierfür kann das angezeigte Buch uneingeschränkt empfohlen werden.