Der vorliegende Band entstand aus einem Symposion des Instituts für Österreichisches und Europäisches Öffentliche Recht (IOER) der Wirtschaftsuniversität Wien (WU), dessen Mitglieder auch die Herausgeber und den größten Teil der Autoren und Autorinnen der Beiträge des Buches stellen. Die diesen vorgegebenen Schwerpunkte, die dem Untertitel des Buches entsprechen, sollten die historische Entwicklung der jeweiligen "Grundfragen von Staat und Verfassung" und Ausblicke auf deren zukünftige Entwicklung geben (Vorwort, V). Die Themen der Beiträge entsprechen weitgehend den verfassungs- und europarechtlichen Wirkungsbereichen des Instituts, weisen aber in ihrer Bearbeitung deutliche entwicklungsgeschichtliche Bezüge auf. Eine Sonderstellung nimmt in dieser Hinsicht der wissenschaftstheoretisch hochqualifizierte Beitrag von Christoph Bezemek ein, der die Themenstellung "Theorie des öffentlichen Rechts" dazu benutzt, eine umfassende und tiefgründige Theorie des modernen Staates zu entwickeln, von der er annimmt, dass sie auch auf die Republik Österreich anwendbar sei. Zweifel in dieser Hinsicht erweckt die schwergewichtig mit englischsprachiger Literatur und absatzweisen Zitaten daraus argumentierende Untersuchung, was weniger mit dem Tagungsthema als mit der vom Autor empfohlenen "Öffnung der öffentlich-rechtlichen Methode" begründbar scheint. Das zweite, weit über den Gegenstand der Tagung hinausreichende Referat, jenes über die europäische Integration (Thomas Jäger), analysiert eingehend die Kontinuität und die Brüche in der Entwicklung der europäischen Integration, in der die Rsp des EuGH und einzelner nationaler Verfassungsgerichte, keinesfalls aber Österreich oder sein VfGH eine bestimmende Rolle spielen. Alle weiteren Beiträge widmen sich verschiedenen Schwerpunkten der Entwicklung des Verfassungsrechts, auch wenn dies im Titel der jeweiligen Beiträge nicht immer zum Ausdruck kommt. Zwei Referate behandeln die Verfassung als Ganzes. Das von Clemens Jabloner sieht die österreichische Verfassungsentwicklung - auch in der Zukunft - unter den Schwerpunkten "Verfassungspragmatismus" und "liberale Demokratie" insgesamt positiv, aber als ununterbrochene Aufgabe des Einzelnen, für die Werte der Freiheit und des sozialen Ausgleichs einzutreten. Das andere Referat von Ewald Wiederin behandelt unter dem Titel "Verfassungsbild" die historische Entwicklung der äußeren Form und des Stils der Verfassung und einzelne, daraus entstehende Sonderprobleme wie die verfassungsrechtliche Grundordnung, die "Bereinigung" der Verfassung, die Bundesstaatsreform und die Verwaltungsgerichtsbarkeit. Die übrigen Referate bearbeiten die Entwicklung konkreter Grundprinzipien der Verfassung: Die Demokratie behandelt Reinhard Klaushofer, der eingehend die einzelnen "Elemente des demokratischen Grundprinzips" untersucht. Den Bundesstaat bearbeitet Georg Lienbacher mit einer besonderen Analyse der Landeshauptleutekonferenz als "Bruch im verfassungsrechtlichen und politischen System des Bundesstaates". Den Rechtsstaat behandelt Harald Eberhard mit dem Schwerpunkt: Der VfGH als "Innenarchitekt" der Verfassung. Die Gewaltenteilung untersucht Anna Gamper unter besonderer Berücksichtigung der neuen Rolle des VfGH. Wichtige Teilelemente der Verfassungsentwicklung behandeln die Referate Grundrechte (Michael Holoubek), Schule und Bildung (Thomas Kröll), Wirtschaftsrecht (Stefan Storr), Verwaltung und Verwaltungsrecht (Arno Kahl). Von den Verfassungsorganen wird nur die schon in der Monarchie begründete Verwaltungsgerichtsbarkeit thematisiert (Katharina Pabel), nicht aber die Verfassungsgerichtsbarkeit als die besonders originelle und zukunftsweisende Neuschöpfung der österreichischen Verfassung. Allerdings wird die besondere Bedeutung des VfGH jeweils in den einzelnen Referaten eingehend konkretisiert. Im Ganzen bietet der Sammelband auf Grund der hohen Qualität der Einzelbeiträge eine Fülle neuer Aspekte und Informationen zur wechselvollen historischen Entwicklung der republikanischen Verfassungsentwicklung.