VStG: § 51e Abs 3 (mündliche Verhandlung; nicht rechtsfreundlich vertretene Partei; kein Antrag auf Durchführung; kein konkludenter Verzicht; substantiiertes Vorbringen; Ankündigung der Vorlage von Beweismitteln)
VwGH 18. 10. 2011, 2010/02/0099
In der Berufung hat der Bf substantiierte Einwendungen gegen das erstinstanzliche Straferkenntnis erhoben sowie angekündigt, dass er zum Beweis seines Vorbringens "bei der ungarischen Beh schlüssige Unterlagen" angefordert habe und diese samt Übersetzung bei der belBeh vorlegen werde. Selbst in jenen Fällen, in denen einer der Gründe des § 51 e Abs 3 VStG gegeben ist, hat in verfassungskonformer Anwendung dieser Norm unter dem Blickwinkel des Art 6 MRK jedenfalls eine mündliche Verhandlung stattzufinden, wenn die Parteien nicht darauf verzichten. Ein solcher Verzicht kann ausdrücklich oder konkludent erfolgen. War der Beschuldigte aber nicht rechtsfreundlich vertreten, so kann das Unterbleiben eines Antrags auf Durchführung einer Berufungsverhandlung jedenfalls dann nicht als konkludenter Verzicht auf eine solche gedeutet werden, wenn der Beschuldigte nicht in Kenntnis des Rechtes auf eine Berufungsverhandlung war. Die belBeh war daher verpflichtet, eine öffentliche mündliche Verhandlung durchzuführen. Aufhebung wegen Verletzung von Verfahrensvorschriften.