AVG: § 71 Abs 1 1 (Wiedereinsetzung; unvorhergesehenes oder unabwendbares Ereignis; hier: Unkenntnis von der Erlassung des Rückkehrverbotes durch Zustellung im Wege der öffentlichen Bekanntmachung)
VwGH 24. 2. 2011, 2010/21/0427
1. Der Bf (somalischer Staatsangehöriger) stellte nach seiner Einreise im Dezember 2003 einen Asylantrag, der mit B des Bundesasylamtes vom 10. 8. 2004 abgewiesen wurde. Unter einem wurde die Zulässigkeit der Abschiebung des Bf nach Somalia festgestellt und seine Ausweisung verfügt. Über die dagegen erhobene Berufung wurde bisher nicht entschieden. Der Bf befand sich im Zeitraum vom 18. 5. 2006 bis 14. 9. 2006 in Untersuchungshaft. Davor war er zuletzt im Zeitraum 1. 2. 2006 bis 7. 4. 2006 an einer Adresse in Linz gemeldet. Am 14. 9. 2006 wurde der Bf mit rechtskräftigem Urteil des LG Linz wegen mehrerer Delikte zu einer bedingt nachgesehenen Freiheitsstrafe von fünf Monaten verurteilt. Davon wurde die BH Vöcklabruck (BH) als FremdenpolizeiBeh am 22. 9. 2006 verständigt. Hierauf räumte sie dem Bf zur beabsichtigten Erlassung eines Rückkehrverbotes Parteiengehör ein. Dieses Schreiben wurde im Hinblick auf den unbekannten Aufenthalt des Bf - eine Meldung erfolgte erst wieder am 23. 1. 2007 - gem § 25 ZustellG durch öff Bekanntmachung mittels Anschlag an der Amtstafel der BH zugestellt. Seitens des Bf erfolgte keine Reaktion. Angesichts dessen erließ die BH mit dem - auf die gleiche Weise zugestellten - B vom 25. 10. 2006 gegen den Bf ein mit zehn Jahren befristetes Rückkehrverbot. Davon erlangte der Rechtsvertreter des Bf am 27. 6. 2008 Kenntnis. Hierauf stellte er am 11. 7. 2008 einen Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gegen die Versäumung der Frist zur Erhebung einer Berufung gegen das Rückkehrverbot; mit dem Wiedereinsetzungsantrag wurde die Berufung verbunden. Zur Begründung dieses Antrages brachte der Bf zusammengefasst vor, er sei als Informant für die Linzer Polizei im Zusammenhang mit der Bekämpfung der Drogenkriminalität bedroht worden und habe bei "akuten Gefährdungen" kurzfristig bei Bekannten Unterschlupf gefunden, ohne sich sogleich anzumelden. Gerade nach der Haftentlassung habe er Angst vor weiteren "Aktionen" gehabt und sich deshalb erst im Jänner 2007 "offiziell" gemeldet. Außerdem sei er aufgrund der bei der Urteilsfällung erteilten Rechtsbelehrung durch den Richter, dass das Strafurteil keine unmittelbaren weiteren Folgen haben werde, der Meinung gewesen, damit sei die Angelegenheit abgeschlossen. Weitere behördliche Reaktionen "aus diesem Anlass" habe er somit nicht erwartet. An der Fristversäumnis infolge Unkenntnis von der Erlassung des Rückkehrverbotes treffe ihn daher - wenn überhaupt - nur ein minderer Grad des Versehens. Die BH wies den Wiedereinsetzungsantrag sodann mit B vom 1. 12. 2008 gem § 71 Abs 1 AVG ab. Mit dem angef B wurde der erstinstanzliche B bestätigt.