Art XI Abs 1 EinfV KO (Gläubigerschutzverband; Voraussetzungen; Dienstleistungsfreiheit; Diskriminierungsverbot; Beschränkungsverbot; Anwaltsvorbehalt; Legalitätsprinzip; Gleichheitsgebot; Erwerbsfreiheit)
VwGH 11.09.1998, 96/19/1596
Die Bfin wendet sich gegen die Auffassung der bel Beh, sie erfülle die Eigenschaften eines „Verbandes“ nicht. Für die Frage, ob ein Gläubigerschutzverband vorliege, erscheine es völlig belanglos, ob die Bfin über zwei oder mehrere Gesellschafter verfüge. Wesentl sei hingegen, dass sich ihr etwa 1300 Gläubiger als „Mitglieder“ angeschlossen hätten, die durch ihre Mitgliedschaft ihre Gläubigerinteressen effizient gewahrt wissen wollten. Auch bei den derzeit bestehenden Gläubigerschutzverbänden werde der einzelne Gläubiger nicht Mitglied, weil er die Interessen aller betroffenen Gläubiger vertreten wissen wolle, sondern weil er erhoffe und erwarte, seine spezifischen Gläubigerschutzinteressen durch die Mitgliedschaft beim Gläubigerschutzverband entsprechend sicherzustellen. Auch die Bfin werde im Rahmen eines sogenannten umfassenden Gläubigerschutzes tätig. So würden unentgeltl Tätigkeiten wie die Veröffentlichung von Unternehmensbewertungen im Rahmen von Druckwerken gesetzt, um solcherart auch der allgemeinen Gläubigerschaft eine Evaluierung der wirtschaftl Lage des jeweils bewerteten Unternehmens zu ermöglichen. Auch die Gewinnorientierung der Bfin sei - wie sich unter anderem aus Reiner , Die Stellung der Gläubigerschutzverbände in den österreichischen Insolvenzverfahren, FS 100 Jahre Kreditschutzverband von 1870, 49 ff ergebe, kein Hindernis für ihre Qualifikation als Gläubigerschutzverband. Nur ein gewinnorientiertes Unternehmen sei auch in der Lage, besonders qualifizierte Mitarbeiter anzustellen, um einen effizienten Gläubigerschutz gewährleisten zu können. Überdies sei auch einer der beiden bestehenden bevorrechteten Gläubigerschutzverbände an gewinnorientierten Gesellschaften beteiligt. Die den Gläubigerschutzverbänden eingeräumte Sonderstellung diene nicht deren privaten Gewinninteressen, sondern sei im Interesse des Gläubigerschutzes gerechtfertigt. Es sei allerdings unerfindl, warum das erklärte Ziel des Schutzes von Gläubigern nicht auch durch Bevorrechtung gewinnorientierter Unternehmungen erreicht werden könnte. Überdies erscheine die Heranziehung der Best über die Zustellung von Edikten, die Akteneinsicht sowie die Bevorrechtung der Kosten bevorrechteter Gläubigerschutzverbände zur Rechtfertigung der einschränkenden Auslegung von Art XI EinV KO nicht gerechtfertigt, weil diese letztgenannten Best erst nach Inkrafttreten des Art XI EinfV KO in Kraft getreten seien.