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Aktionärsrechte-Richtlinie erlassen

AktuellesGesellschaftsrechtbearbeitet von Univ.-Ass. Dr. Roman Alexander RauterZFR 2007/128ZFR 2007, 235 Heft 4 v. 14.12.2007

Im Juni wurde die EG-Richtlinie „über die Ausübung bestimmter Rechte von Aktionären in börsennotierten Gesellschaften“ (RL 2007/36/EG , ABl L 184/20 v 14. 7. 2007) erlassen, die insb die „grenzüberschreitende“ Teilnahme an Hauptversammlungen (HV) - ua durch Verwendung moderner technischer Hilfsmittel - ermöglichen bzw erleichtern soll. Anlass für die RL ist auch der Umstand, dass in den meisten Mitgliedstaaten (Ms) die HV-Präsenzen sehr gering sind. Dementsprechend enthält die RL zahlreiche die HV betreffende Mindeststandards, die in Österreich eine recht umfangreiche Umsetzung bis spätestens Herbst 2009 notwendig machen werden (siehe Art 15), wofür als Regelungsort neben dem AktG ggf auch das BörseG in Frage kommt. Im Vergleich zum Entwurf ist die letztlich erlassene RL in einigen Punkten weniger weitreichend. Die RL betrifft Mitwirkungsrechte, die mit Stimmrechtsaktien von Aktiengesellschaften verbunden sind, die ihren Sitz in einem Ms haben und deren Aktien zum Handel auf einem - in einem Ms gelegenen oder dort betriebenen - geregelten Markt zugelassen sind (dazu sowie zu Ausnahmen zB für OGAW siehe Art 1). Für die einzelne AG ist idZ das Recht des Sitzstaates anwendbar. Zu den Kernpunkten der RL gehört zB das Erfordernis der rechtzeitigen und ausreichenden Bereitstellung von Informationen im Vorfeld der HV, das durch eine - im Vergleich zum österr Recht etwas längere - Einberufungsfrist (idR 21 Tage vor der HV), durch effektive Bekanntmachungsmittel, durch einen (insb durch Hinweise zur Rechtsausübung) erweiterten Inhalt der Einberufung sowie durch die Bereitstellung von Informationen im Internet erfüllt werden soll (siehe Art 5). Weiters sieht die RL - grundsätzlich bereits bekannte - Antragsrechte der Aktionäre betreffend die Ergänzung der Tagesordnung sowie die Stellung von Beschlussanträgen vor (siehe Art 6), die in ihrer praktischen Umsetzung (etwa bei Festsetzung eines Stichtags) eine Feinabstimmung mit anderen in der RL vorgesehenen Anforderungen notwendig machen werden. Hinsichtlich der Teilnahme an der HV werden durch die Umsetzung der RL ua einige Hürden fallen, die sich negativ auf die Handelbarkeit der Aktien auswirken: Statt einer Aktienhinterlegung und einer Veräußerungssperre ist bloß das Abstellen auf einen bestimmten - national grundsätzlich einheitlichen - Stichtag („Nachweisstichtag“ bzw „record date“) zulässig (siehe Art 7). Weiters sollen die Präsenzversammlung ergänzende Teilnahmemöglichkeiten (auf brieflichem und elektronischem Wege) als Optionen für die jeweilige Gesellschaft zur Verfügung gestellt werden (siehe Art 8 und 12), was in den Ms derzeit noch selten der Fall ist. IdZ werfen die knappen Regelungen der RL einige Fragen auf, die entweder durch den nationalen Gesetzgeber oder durch Satzungsregelungen zu klären sein werden. Die in den nationalen Rechtsordnungen bereits regelmäßig existierenden Aktionärsrechte betreffend Auskunft und Stimmrechtsvertretung werden durch die RL ebenfalls einer Regelung unterzogen. Während das Fragerecht auf Tagesordnungspunkte beschränkt ist und unter einem weitreichenden Regelungsvorbehalt für die Ms steht (siehe Art 9), ist die Stimmrechtsvertretung einer der zentralen Regelungsbereiche der RL (siehe im Detail Art 10 f): Jeder Aktionär darf eine andere natürliche oder juristische Person schriftlich (auch elektronisch) zum Vertreter bestellen, damit diese in seinem Namen an der HV teilnimmt, ggf Fragen stellt, Wortmeldungen abgibt und das Stimmrecht ausübt. Mit Ausnahme der Geschäftsfähigkeit dürfen die Ms bzw die Gesellschaften keine Anforderungen an die Person des Vertreters stellen; die Wirksamkeit einer Bestellung kann von den Ms jedoch zeitlich beschränkt und die Zahl möglicher Vertreter für die Vertretung eines Aktionärs begrenzt werden. Zum Schutz gegen Interessenkonflikte (die insb bei kontrollierenden Aktionären, Organmitgliedern, Arbeitnehmern und Abschlussprüfern als Vertreter auftreten können) dürfen die Ms Regelungen erlassen, die eine Offenlegungspflicht für den Vertreter, das Erfordernis konkreter Abstimmungsanweisungen und/oder ein Verbot der Übertragung der Vertretung anordnen. Neben der Stimmrechtsvertretung finden sich auch Regelungen betreffend Personen, die nach dem anwendbaren Recht eines Ms als Aktionäre anerkannt sind, aber idZ im Rahmen einer beruflichen Tätigkeit für andere Personen, dh auf deren Rechnung, tätig werden (Treuhänder; insb Finanzintermediäre): Art 13 der RL begrenzt die Möglichkeit regulatorischer Eingriffe durch die Ms, etwa durch Publizitätsanforderungen und Formvorschriften. Abschließend enthält die RL noch detaillierte Anforderungen an die Ermittlung der Beschlussergebnisse, die überdies binnen einer vom Ms festzulegenden Frist, die nicht länger als 15 Tage nach der HV sein darf, auf der Internetseite der Gesellschaft veröffentlicht werden müssen (siehe Art 14).

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