Als Ausnahme von der Akzessorietät der Bürgschaft sieht § 1352 ABGB vor, dass der Bürge vom Gläubiger auch dann in Anspruch genommen werden kann, wenn die besicherte Forderung wegen Geschäftsunfähigkeit bzw beschränkter Geschäftsfähigkeit des Hauptschuldners nicht besteht, und zwar unabhängig davon, ob der Bürge dessen Zustand kannte oder nicht kannte. Im Gesetzesprüfungsverfahren G 207/2018 hat der VfGH den Parteiantrag auf Normenkontrolle eines Bürgen gegen diese Regelung abgewiesen. Es liege weder ein Verstoß gegen das Sachlichkeitsgebot noch gegen das Grundrecht auf Unversehrtheit des Eigentums vor. Das wirtschaftliche Risiko der Geschäftsunfähigkeit des Hauptschuldners allein dem Bürgen zuzuweisen, erscheine nicht unsachlich, weil der Bürge seine Haftung freiwillig eingegangen sei und die persönlichen Verhältnisse des Hauptschuldners idR besser als der Gläubiger beurteilen könne. Auf der anderen Seite werde möglicherweise geschäftsunfähigen Personen über haltbare Bürgschaften die Teilnahme am rechtsgeschäftlichen Verkehr erleichtert. Gläubigern werde dadurch Rechtssicherheit sowie ein Ausgleich für die beschränkte Rückforderbarkeit von Leistungen an geschäftsunfähige Personen geboten.