Gem § 1356 ABGB kann ein Ausfallsbürge sofort in Anspruch genommen werden, wenn über das Vermögen des Hauptschuldners das Insolvenzverfahren eröffnet wurde. Der Autor vertritt die Auffassung, dass die materielle Insolvenz des Hauptschuldners (Zahlungsunfähigkeit oder Überschuldung) ohne formelle Insolvenzeröffnung dem Gläubiger noch keinen Zugriff auf den Ausfallsbürgen ermöglicht. Der Ausfallsbürge hafte in diesem Fall erst nach einem erfolglosen Exekutionsversuch gegen den Hauptschuldner bzw dann, wenn die Exekutionsführung von vornherein aussichtslos erscheint. Die Beweislast für die Aussichtslosigkeit treffe den Gläubiger. Auch die Abweisung eines Insolvenzantrags mangels kostendeckenden Vermögens rechtfertige noch keine Haftung des Ausfallsbürgen, weil dabei keine eingehende Prüfung auf verwertbares Vermögen erfolgt (anders 2 Ob 78/11a = ZIK 2012/285). Die Möglichkeit, die Voraussetzungen für die Inanspruchnahme des Ausfallsbürgen im Bürgschaftsvertrag lockerer zu regeln und auch den Fall der materiellen Insolvenz einzubeziehen, werde in der Praxis selten genutzt.