In der Rs 41.615/07, Neulinger und Shuruk v Schweiz = Zak 2010/570, 334 vertrat die Große Kammer des EGMR die Auffassung, dass die Rückführung eines Kindes nach dem Haager Kindesentführungsübereinkommen (HKÜ) eine eingehende Prüfung voraussetzt, ob diese Maßnahme - auch unter Berücksichtigung einer mittlerweile erfolgten Integration im neuen Aufenthaltsstaat - im Interesse des Kindes liegt. Der Autor sieht die Gefahr, dass eine solche Prüfung auf eine materielle Sorgerechtsentscheidung hinausläuft, die dem System des HKÜ, das die Wiederherstellung des bisherigen Zustandes anstrebt, gerade fremd ist. Er hält eine Reform des HKÜ für angebracht, wobei weniger die Ausschlussgründe für die Rückführung als die Einschränkung der vom HKÜ geschützten Sorgerechtspositionen im Mittelpunkt stehen sollten.