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Subjektive Wahrnehmung und Legitimierungsstrategien von VermögenserbInnen

ArtikelHannah QuinzWuG 2020, 63 Heft 1 v. 17.4.2020

"Vermögen vermag etwas"

Georg Simmel (1990)

Nach Jahrzehnten der Wohlstandsgesellschaft, zu der sich Österreich dank der günstigen Wirtschaftsentwicklung der Nachkriegsära entwickeln konnte, tritt die Krisenhaftigkeit der kapitalistischen Wirtschaftsordnung heute stärker in den Vordergrund. Finanzmarktkapitalistische Entwicklungen, Deregulierung, Privatisierung, Umbau und Abbau des Sozialstaates und die Finanz- und Wirtschaftskrise 2008 im Kontext wachsender globaler Interdependenz rütteln an der sozialen Stabilität der Länder und den Institutionen, auf denen diese beruht.11Aulenbacher et al. (2017) 9f. Die Folgen dieser Tendenzen sind in allen gesellschaftlichen Klassen spürbar und treiben das Auseinanderdriften zwischen "Oben" und "Unten", zwischen "Reich" und "Arm" weiter voran. Begleitet werden die zu Instabilität und Unsicherheiten führenden Entwicklungen von einer enorm ungleichen gesellschaftlichen Verteilung von Vermögen. Während Privatvermögen in den Händen einiger weniger konzentriert ist und sich vor allem dort vermehrt, wo es bereits vorhanden ist, nimmt soziale Mobilität auf der Basis von individueller Leistung im Lohnarbeitsverhältnis tendenziell ab.22OECD (2018). In der von Oliver Nachtwey (2016) nun so bezeichneten "Abstiegsgesellschaft" scheint selbst der Statuserhalt bis in weite Bereiche der Mittelschicht hinein gefährdet und öffnet individuellen Abstiegsängsten Tür und Tor. Die zunehmende Polarisierung zwischen jenen, die dank ihres Vermögenserbes aussichtsreiche Zukunftschancen haben und jenen, denen auch die größte Anstrengung keine vergleichbare Perspektive bietet, rückt Fragen über Gerechtigkeit im Kontext sozialer Ungleichheit wieder ins Zentrum der Aufmerksamkeit.33Z. B. Aulenbacher et al. (2017); Kittel (2018). Dieser Beitrag beschäftigt sich aus soziologischer Sicht mit der Frage, wie VermögenserbInnen in Österreich ihre privilegierte soziale Position mithilfe ihrer Gerechtigkeitsideologie vor dem Hintergrund der Deutung ihrer Lebensgeschichte legitimieren.

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