1. Einleitung
Das Jahr 1993 stellt einen Meilenstein der sozialpolitischen Entwicklung in Österreich dar. Während in den 1960er- und 1970er-Jahren eines der Kernanliegen der Sozialstaatsentwicklung, nämlich die öffentliche Absicherung der "alten" sozialen Risiken Unfall, Alter und Krankheit für einen möglichst umfassenden Kreis der Bevölkerung verwirklicht wurde,1 harrte die Absicherung des Risikos "Pflegebedürftigkeit" noch lange Zeit einer befriedigenden Lösung. Das vor 1993 bestehende Absicherungssystem des Risikos Pflegebedürftigkeit in Österreich beruhte auf einer "Finanzierungspartnerschaft" privat/öffentlich, im Wesentlichen bestehend aus: (i) individuellem Vermögen, (ii) Betreuung und finanzieller Unterstützung durch Familienmitglieder, (iii) Sozialhilfe, (iv) Hilflosenzuschuss des öffentlichen Pensionssystems und (v) Direktfinanzierung von Pflegeeinrichtungen (insbesondere von Investitionen durch Bundesländer und Gemeinden). Die starke Rückkoppelung der Absicherung des Pflegerisikos auf die Systeme (i) und (ii) und – subsidiär dazu – auf das auf einem Bedürftigkeitsnachweis (means test) beruhendem System (iii) führte zu einer unzureichenden Risikostreuung, implizierte negative Spar- und Vermögensbildungsanreize und konnte damit im Fall der Pflegebedürftigkeit dem individuellen Bedürfnis nach Stabilisierung bzw. Glättung des Konsumpfades oberhalb der Armutsgrenze nur eingeschränkt Rechnung tragen.

