Es ist gesichertes Wissen, dass die Einkommensverteilung seit längerer Zeit ungleicher wird, nachdem die Ungleichheit in den Jahrzehnten davor eher gesunken ist.1 Das gilt für fast alle entwickelten Wirtschaften und ist unabhängig vom Niveau der Ungleichheit, gemessen etwa mit dem Ginikoeffizienten. Es handelt sich also nicht um eine Anpassung an einen möglicherweise vorhandenen steady state oder an einen Gleichgewichtswert. Der Anstieg ist auch wenig abhängig davon, ob ein Staat eine Regierung leicht links von der Mitte hat oder leicht rechts davon. Die jeweils implementierte Politik scheint auf die Entwicklung der Einkommensverteilung wenig Einfluss zu haben, wenn man diese Entwicklung an der Veränderung einer spezifischer Kennziffer messen will. Es gibt jedenfalls eine in der Theorie anerkannte Ursache für langsam steigende Ungleichheit: Personen mit sehr hohem Einkommen in einer Periode haben mit positiver Wahrscheinlichkeit ein höheres Einkommen in der Folgeperiode. Personen mit sehr niedrigem Einkommen in einer Periode haben in der Folgeperiode mit positiver Wahrscheinlichkeit wiederum ein sehr niedriges Einkommen. Die Spanne zwischen den sehr hohen und den sehr niedrigen Einkommen steigt also. Gebremst wird dieser Prozess durch die Endlichkeit des Lebens und dadurch, dass junge Menschen nicht mit dem höchsten Einkommen einer Ökonomie ihre Karriere beginnen.

