1. Einführung
Als langjähriger redaktioneller Leiter der Zeitschrift Wirtschaft und Gesellschaft hat Günther Chaloupek immer wieder Beiträge zur ökonomischen Theoriegeschichte abgedruckt. Er selbst ist ein ausgewiesener Kenner auf diesem Gebiet. In zahlreichen Aufsätzen hat er sich mit einem bunten Strauß an Themen befasst. Schwerpunkte seiner diesbezüglichen Arbeit sind die sogenannte Österreichische Schule der Nationalökonomie, der Austromarxismus und der Keynesianismus. Wiederholt hat er sich über die Beiträge Joseph Alois Schumpeters und John Maynard Keynes' zur Wirtschaftstheorie geäußert. Seinem Beispiel will ich in diesem kurzen Beitrag folgen. Schumpeter gilt im Allgemeinen als eher konservativer Vertreter seines Faches, für den nach eigenen Worten die Theorie des allgemeinen Gleichgewichts von Léon Walras die "Magna Charta" der Volkswirtschaftslehre war. Der Theorie des allgemeinen Gleichgewichts zufolge tendiert das ökonomische System bei flexiblen Preisen und Löhnen zu einem Gleichgewicht bei Vollbeschäftigung seiner produktiven Ressourcen. Keynes hingegen gilt als Neuerer, der mit dem "Prinzip der effektiven Nachfrage" theoretisch Neuland beschritten hat und dessen Theorie zumindest eine Zeitlang dabei war, das Fach zu revolutionieren. Das Prinzip besagt, dass es keinen Grund zur Annahme gibt, die Investitionen gravitierten auf die Dauer und im Durchschnitt um das Niveau der Ersparnis bei Vollbeschäftigung. Folglich sei davon auszugehen, dass von kurzlebigen Phasen abgesehen das ökonomische System immer mehr oder weniger große Spannen von Unterauslastung aufweist. Vielfach werden Schumpeter und Keynes als einander diametral gegenüberstehende Theoretiker dargestellt.

