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Europa steht am Scheideweg

EditorialWuG 2011, 501 Heft 4 v. 1.12.2011

I. Primat der Finanzmärkte über die Politik

Nach der erstaunlich raschen Überwindung der durch die Finanzkrise ausgelösten Rezession in den meisten Staaten der Europäischen Union gelang es Teilen der Wirtschaft und der Politik, die Finanzkrise zu einer Staatsschuldenkrise umzudefinieren. Die drei wesentlichen Ursachen der Krise - zunehmende Ungleichheit in der Verteilung von Einkommen und Vermögen, Ungleichgewichte in den Leistungsbilanzen und Unterregulierung der Finanzmärkte - wurden dabei auf das populistische Argument reduziert, die Mitgliedstaaten hätten über ihre Verhältnisse gelebt. Ebenso gut kann behauptet werden, die Staaten hätten unter ihren Verhältnissen Steuern eingehoben. Ersteres trifft nur in Ausnahmefällen zu, etwa für Griechenland. Tatsächlich ist der sprunghafte Anstieg der Staatsschulden in erster Linie darauf zurückzuführen, dass die Staaten erhebliche Mittel zur Vermeidung des Zusammenbruchs des Finanzsystems und zur Stabilisierung der schweren Wirtschaftskrise einsetzen mussten. Die Rezession führte zudem zu hohen Steuerausfällen. Ohne Stützung der Nachfrage durch die öffentlichen Haushalte wäre die Rezession sicherlich stärker und länger ausgefallen. In der EU sind die Staatsschulden nach den jüngsten Schätzungen der Kommission von 2007 bis 2011 um mehr als 23% des BIP angestiegen. In Österreich fiel der Anstieg der Staatsschulden im Zeitraum 2007 bis 2011 mit über 12% des BIP bedeutend niedriger aus.

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